Ludlum Robert - Covert 03
mangelhafter Ausbildung überhaupt nicht vorstellen konnten, ganz davon abgesehen, dass sie ihnen wahrscheinlich in diesem Stadium auch gleichgültig gewesen wären. Wenn man imstande war, Moleküle mit der gleichen Präzision zu kontrollieren, wie das heute bei Elektronen der Fall war, würde das die Welt revolutionieren und schließlich Zugang zu den subatomaren Bereichen ermöglichen, wo die Materie sich völlig anders verhielt, als das Menschen mit ihren Augen sehen, ihren Ohren hören oder auf ihrer Haut spüren konnten.
Elektronen und Atome verhielten sich nicht so berechenbar wie Billardbälle in Newtons klassischer Physik, sondern zeigten vielmehr Eigenschaften, die eher der körperlosen Welt der Wellen und Schwingungen zuzuordnen waren. Auf atomarer Ebene konnten Wellen sich wie Partikel verhalten, während Partikel Wellen erzeugten, die ihnen zugeordnet waren. Ein Elektron konnte gleichzeitig viele unterschiedliche Bahnen beschreiben, als wäre es in Wirklichkeit ein flächenhaftes Phänomen gleich einer Welle. Ähnlich würde ein Atomcomputer seine Berechnungen auf vielen unterschiedlichen Pfaden gleichzeitig vornehmen können. Möglicherweise sogar in mehreren Dimensionen. Die fundamentalen Grundsätze der Welt würden für alle Zeit ihre Gültigkeit verlieren.
Beschränkt auf das Grundsätzliche war der heutige Computer einfach eine Kombination von Drähten, die in einer Richtung angeordnet waren, einer Schicht von Schaltelementen und einer zweiten Anordnung von Drähten in entgegengesetzter Richtung. Die Drähte und Schaltelemente konnte man so konfigurieren, dass sie logische Tore darstellten …, aber das Entscheidende war die Art von Drähten und Schaltern. Chambord war es gelungen, DNS-Moleküle dazu zu bringen, als UND/ODER-Logiktore zu funktionieren, der Programmierbasis aller elektronischen Computer. Bei früheren DNSVersuchsapparaturen, die andere Wissenschaftler geschaffen hatten, war eines der unüberwindlichen Probleme gewesen, dass die als Gatter benutzten Rotax-Moleküle nur einmal eingestellt werden konnten und demzufolge nur als »read-onlymemory« geeignet waren, nicht als »random-access-memory«, was ständige Schaltvorgänge erforderte.
Und genau das war das scheinbar unlösbare Problem, das Chambord gelöst hatte: Er hatte ein völlig anderes Molekül mit Eigenschaften erzeugt, die einen funktionsfähigen DNSComputer ermöglichten. Das Molekül war synthetisch, und er hatte es »Francane« genannt, zu Ehren Frankreichs.
Als Chambord sich von seinem Apparat abwandte, um in seinem Notizbuch eine mathematische Berechnung anzustellen, tauchte Thérèse im Eingangsbogen auf. »Warum hilfst du diesen Leuten?« Ihre Augen blickten zornig, aber ihrer Stimme war nichts von ihrer Wut anzumerken, als sie jetzt ihren Vater musterte. Wie er so über seine Berechnungen gebeugt dasaß, sah er sehr müde aus.
Er seufzte, blickte auf und drehte sich zu ihr herum. »Was bleibt mir denn sonst übrig?«
Ihre vollen Lippen waren blass, von dem so dynamisch wirkenden roten Lippenstift war seit Tagen nichts mehr zu sehen. Das schwarze Haar hing ungebürstet und ungekämmt schlaff und formlos herunter. Sie trug immer noch den eng geschnittenen weißen Hosenanzug, aber jetzt war er zerfetzt und schmutzig. Die weiße Seidenbluse zeigte Blutflecken und dunkle Schmierer, und ihre elfenbeinfarbenen Pumps hatte sie gegen Pantoffeln eingetauscht, wie die Beduinen sie zu tragen pflegten. Das war die einzige Konzession, zu der sie bereit gewesen war; ansonsten hatte sie jegliche Kleidung abgelehnt, die ihre Entführer ihr angeboten hatten.
»Du könntest Nein sagen«, meinte sie müde. »Keiner von diesen Kerlen kann deinen Molekularcomputer bedienen. Sie wären hilflos.«
»Und ich wäre tot. Und was noch wichtiger ist, du auch.«
»Die werden uns ohnehin töten.«
»Nein! Das haben sie versprochen.«
Thérèse hörte die Verzweiflung in seinem Tonfall, spürte, wie er nach Strohhalmen griff. »Versprochen?« Sie lachte. »Das Versprechen von Terroristen, Kidnappern, Mördern?«
Chambord seufzte, gab keine Antwort. Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu, überprüfte die Verbindungen an seinem Computer.
»Sie werden etwas Schreckliches tun«, sagte sie. »Menschen werden sterben. Du weißt das.«
»Ich weiß das überhaupt nicht.«
Sie starrte ihn von der Seite an. »Du hast mit denen einen Handel abgeschlossen. Für mich. Das stimmt doch, oder? Deine Seele gegen mein Leben.«
»Ich habe nichts dergleichen
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