Ludlum Robert - Covert 03
Orten anrufen, die das Ziel eines Helikopters von Gibraltar hätten sein können, um etwas über General Moores letzte Stunden zu erfahren. Aber sie waren alle nur über Handy erreichbar.
Bedrückt setzte er sich, seufzte und ließ den Kopf auf seine Hände sinken. In diesem Augenblick der Verzweiflung hörte er leichte Schritte hinter sich. Weiche, flüchtige Schritte, und dabei hatte er nicht einmal gehört, wie die Tür aufging.
»Randi?« Während er noch zur Drehung ansetzte, griff er nach der Browning Hi-Power 9mm in seinem Gürtel. Das war nicht Randis Schritt … doch die Erkenntnis kam zu spät. Ehe er die Waffe in der Hand hatte, drückte sich das kalte Metall einer Pistolenmündung gegen seinen Hinterkopf. Er erstarrte. Wer auch immer das war, er war geschickt. Erschreckend geschickt und auch nicht alleine.
21
Brüssel
Smith klappte den letzten Aktenordner zu, bestellte sich das zweite Glas Chimay Ale und lehnte sich zurück. Er hatte Randi im Café Egmont einen Zettel hinterlassen und sie aufgefordert, sich mit ihm im Café Le Cerf Agile zu treffen, wo er vor einer Viertelstunde an einem Tisch auf dem Bürgersteig Platz genommen hatte. Das Cerf Agile war sein Lieblingscafe im St.Catherine-Viertel der Stadt, unweit der Börse, wo früher einmal das Ufer des Senne-Flusses gewesen war, als dieser Teil Brüssels noch als Hafen für hunderte von Fischerbooten gedient hatte. Auch heute wurde das Viertel noch von seinem Fischmarkt beherrscht, und in den Bistros standen Fisch und Meeresfrüchte ganz oben auf der Speisekarte, obwohl man den Fluss inzwischen begradigt, eingedämmt und schließlich ganz überbrückt hatte und aus ihm der Boulevard Anspach geworden war.
Smith, der gerade einen langen Schluck aus seinem Bierglas nahm und sich umsah, war allerdings im Augenblick weder nach historischen noch nach kulinarischen Betrachtungen zumute. An den paar Tischen auf dem Bürgersteig hatte außer ihm niemand Platz genommen, da gelegentlich immer noch dunkle Wolken über den Himmel zogen. Aber es hatte vor einer Stunde zu regnen aufgehört, und als Smith den Kellner darum gebeten hatte, hatte dieser ihm den Tisch und die zwei dazugehörigen Stühle abgewischt. Die anderen Gäste wollten das Risiko nicht eingehen, dass der Himmel sich noch einmal zu einem weiteren Wolkenbruch entschloss, und Jon war das ganz recht.
Er saß gerne alleine hier draußen, abseits von neugierigen Augen und Ohren. Nach dem Verlassen des SHAPE-Gebäudes hatte er die Uniform gegen Zivilkleidung vertauscht und sah jetzt in seiner beigefarbenen Baumwollhose, dem am Hals offenen Karohemd, dem dunkelblauen Sportsakko und den Turnschuhen wie ein ganz gewöhnlicher Tourist aus. Die Jacke war wichtig, um seine Pistole zu verbergen, ebenso wie der schwarze Trenchcoat, den er über die Stuhllehne gehängt hatte, weil der ihm dabei half, später in den nächtlichen Straßen unterzutauchen.
Während jetzt die Sonne am Nachmittagshimmel mit den dunklen Wolken um die Vorherrschaft kämpfte, dachte Jon über das nach, was er bei der NATO erfahren hatte. Die Akte über Hauptmann Darius Bonnard war recht aufschlussreich. Entweder wusste La Porte das nicht, oder er versuchte Bonnard dadurch zu schützen, dass er Smith verschwieg, dass die Französin, die La Porte so bewundert hatte, nicht Bonnards erste Frau war: Er hatte nämlich während seiner Dienstzeit in der Legion eine Algerierin geheiratet. Ob er dort zum Islam übergetreten war, wusste man nicht, aber jedenfalls hatte er, seit er Offizier geworden war, sämtliche Urlaube in Algerien verbracht, wo seine Frau und ihre Familie lebten. Informationen darüber, weshalb Bonnard sich von ihr hatte scheiden lassen, waren in der Akte nicht enthalten. Da die Akte auch keine Scheidungsdokumente enthielt, war Jons Argwohn geweckt. Terroristen pflegten häufig, ähnlich wie Schläfer oder Maulwürfe, in ihren Zielländern eine neue Identität aufzubauen und gleichzeitig anderswo ein völlig separates Leben zu führen.
Darius Bonnard, Adjutant des stellvertretenden NATOKommandanten, war also Deutscher, diente in der französischen Armee und war früher einmal mit einer Algerierin verheiratet gewesen. Im Augenblick hielt er sich irgendwo im Süden Frankreichs auf – gar nicht so weit von Toledo entfernt.
Immer noch in Gedanken, griff Jon nach seinem Bierglas und blickte gerade rechtzeitig auf, um zu sehen, wie Randi eine halbe Straße von dem Café entfernt ihr Taxi bezahlte. Er lehnte sich lächelnd
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