Ludlum Robert - Covert 03
genossen den Frühlingsabend und die Gesellschaft des anderen. Jon wartete, bis er sich unbeobachtet fühlte, und handelte dann.
Die Eingangstür des Gebäudes stand offen, und es gab keine Concierge. Er zog die Walther, schlüpfte ins Haus und stieg die Treppe in den zweiten Stock hinauf. Die Tür der hinteren Wohnung war verschlossen. Er lauschte und hörte nach ein paar Augenblicken aus einem abseits liegenden Zimmer Radioklänge. Irgendwo in der Wohnung hatte jemand einen Wasserhahn aufgedreht, und er konnte Wasser in ein Becken fließen hören. Er versuchte die Tür zu öffnen, aber sie war abgesperrt. Einen Schritt zurücktretend, musterte er sie prüfend – ein einfaches Federschloss. Wenn allerdings noch ein Riegel vorhanden und vorgeschoben war, würde es Probleme geben. Andererseits waren die meisten Leute ziemlich sorglos und schoben den Riegel erst vor, wenn sie zu Bett gingen.
Er holte sein kleines Etui mit Dietrichen heraus und machte sich an die Arbeit. Als das Wasser zu fließen aufhörte, war er noch beschäftigt. Plötzlich war donnernder Lärm zu hören, und dann zerfetzten Schüsse aus dem Inneren der Wohnung die Tür nur wenige Zentimeter über Jons Kopf. Holzsplitter flogen durch die Luft. Jon spürte einen stechenden Schmerz an der Seite, warf sich zu Boden und prallte mit der linken Schulter auf. Verdammt, er war getroffen worden. Eine Welle von Benommenheit durchflutete ihn. Er richtete sich mühsam auf, lehnte sich, auf dem Boden sitzend, gegen die gegenüberliegende Wand und richtete seine Pistole auf die Tür. Seine linke Seite schmerzte höllisch, aber er nahm den Schmerz nicht zur Kenntnis und starrte die Tür an.
Als niemand herauskam, knöpfte er schließlich das Jackett auf und zog sein Hemd hoch. Eine Kugel hatte Hemd und Jacke zerfetzt, ihn an der Hüfte gestreift und eine hässliche, blaurote Furche hinterlassen. Die Wunde blutete, aber nicht sehr stark, und er stellte befriedigt fest, dass es keine ernsthafte Verletzung war. Darum konnte er sich noch später kümmern. Er ließ das Hemd aus der Hose hängen, der schwarze Stoff seines Trenchcoats verdeckte das Blut und die Löcher, die die Kugel gerissen hatte.
Vorsichtig stand er auf, die Walther schussbereit, trat zur Seite und warf sein Etui mit den Dietrichen gegen die Tür. Wieder peitschte eine Schussfolge und fetzte erneut Splitter aus dem Holz und dem Metall, zerstörte diesmal das Schloss.
Schreie, Rufe und Flüche von oben und unten hallten durch das Treppenhaus. Mit der rechten Schulter schmetterte Jon die demolierte Tür nach innen, warf sich zu Boden, rollte ab, kam mit der Pistole in beiden Händen wieder hoch … Und starrte verblüfft auf die kleine, attraktive Frau, die mit überkreuzten Beinen auf einer schäbigen Couch saß, eine Kalaschnikow in der Hand, die immer noch auf die Tür gerichtet war. Sie starrte die zerfetzte Tür an, als hätte sie gar nicht gesehen, wie er hereingeplatzt war.
»Weg mit der Waffe!«, befahl Jon. »Runter – Jetzt gleich!«
Plötzlich stieß die Frau eine Verwünschung aus, sprang auf und schlug mit der Kalaschnikow nach ihm. Er trat ihr das Sturmgewehr aus der Hand, packte sie am Arm, drehte sie um
ihre Achse und stieß sie vor sich her, während er die Wohnung Zimmer für Zimmer durchsuchte.
Niemand zu sehen. Er drückte der Frau den Lauf seiner Walther gegen die Stirn und herrschte sie an: »Wo ist Dr. Suleiman?«
»Wo Sie ihn nicht finden werden, chien!«
»Was bedeutet er Ihnen denn, ist er Ihr Freund?«
Ihre Augen weiteten sich. »Eifersüchtig?«
Jon zog sein Walkie-Talkie aus der Trenchcoattasche und
sprach mit leiser Stimme hinein: »Er ist nicht hier, aber er war hier. Sei vorsichtig.«
Er steckte das Walkie-Talkie wieder in die Tasche, riss ein Bettlaken in Streifen, um damit die Frau an einen Küchenstuhl zu fesseln, und rannte dann hinaus, hastete die Treppe hinunter und auf die Straße.
Die kopfsteingepflasterte Gasse hinter dem Apartmentgebäude stank nach Urin und abgestandenem Wein. Randi starrte, die Beretta schussbereit in der Hand, zu den abgedunkelten Fenstern im zweiten Stock hinauf. Neben ihr tänzelte Hakim Gatta nervös von einem Fuß auf den anderen, wie ein verängstigtes Kaninchen, das Zuflucht suchen will. Sie warteten unter einer Linde im tiefschwarzen Schatten. Über ihnen war ein Fetzen des Nachthimmels zu sehen, und zwischen den Wolken lugten wie Nadelspitzen ein paar Sterne hervor.
Randi stieß Gatta mit der Beretta an. »Sind Sie
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