Ludlum Robert - Covert 03
und er versuchte, sich eine Vorstellung zu machen, was hier vor dem Eintreffen des Hubschraubers geschehen war. Warum war der saudische Pilot ermordet worden? Nach dem, was er von Abu Auda gehört hatte, waren Chambord, Thérèse, Bonnard und Mauritania in dem Chalet gewesen. Wo waren sie jetzt?
Und dann hörte er wieder Chambords Worte: Ich bin nicht mit denen zusammen, Colonel Smith. Die sind mit mir zusammen. Die beiden Sätze beschäftigten ihn ständig, ließen ihn ein Dutzend Theorien aufstellen und wieder verwerfen. Doch allmählich fügte sich aus den vielen Bruchstücken, die er seit Montag erfahren hatte, in seinem Bewusstsein das Mosaik zusammen und begann auf verrückte Art, Sinn zu machen. Weshalb waren Chambord und Bonnard nicht hier gewesen, um auf Abu Auda und seine Leute zu warten? Schließlich arbeitete der Halbmondschild angeblich doch für Chambord.
Chambord war nicht Angehöriger des Halbmondschilds. Er hatte betont, dass sie zu ihm gehörten.
Während er zwischen den Bäumen dahinhastete, schälte sich für ihn die einzig logische Erklärung für dieses Rätsel heraus: Ebenso wie die Schwarze Flamme eine Fassade gewesen war, um den Halbmondschild zu decken, konnte es gut sein, dass der Halbmondschild eine ähnliche Fassade für Chambord und den französischen Hauptmann Bonnard gewesen war.
Er konnte sich natürlich täuschen, aber das glaubte er nicht. Je länger er darüber nachdachte, desto logischer erschien ihm seine Folgerung. Er musste mit Fred Klein Verbindung aufnehmen, musste ihn so bald wie möglich warnen. Klein und die Hälfte aller Geheimdienste der Welt suchten nach Verbrechern, aber nach den falschen. Klein musste das erfahren, und Jon musste herausbekommen, wohin Chambord und Bonnard gegangen waren und was sie im Schilde führten.
*
Das erste Anzeichen dafür, dass Jon noch keineswegs in Sicherheit war, war heftiges Maschinengewehrfeuer aus dem S-70A-Hubschrauber. Es peitschte über die Baumwipfel, als Jon eine kleine Lichtung überquerte. Fichtennadeln regneten auf ihn herunter, und der Hubschrauber kippte steil zur Seite ab, stieg in die Höhe, wendete und kam erneut auf ihn zu. Doch Jon hatte die Lichtung bereits wieder verlassen, und der Hubschrauber brauste über ihn hinweg den Abhang hinunter. Jon vermutete, dass das eine Finte war. Sie hatten ihn beim ersten Mal entdeckt und würden jetzt in einer weiteren Lichtung unten am Abhang landen. Anschließend würden die Terroristen zu Fuß ausschwärmen und ihm den Weg absperren. Wenn es genügend Männer waren, um das Gelände abzudecken, konnten sie das durchaus schaffen.
Er hatte die letzten zwei Stunden damit verbracht, sich langsam im weiten Bogen den Hügel hinaufzuarbeiten. Als er von den Männern des Halbmondschildes keine Anzeichen mehr bemerkte, hatte er sich sicher genug gefühlt, um sich hügelabwärts zu wenden, wo die Chancen besser waren, auf eine Straße zu stoßen. Er vermutete, dass er sich irgendwo im Südosten Frankreichs befand. Wenn das stimmte, dann konnte das irgendwo zwischen Mülhausen und Grenoble sein. Und mit jeder Stunde, die verstrich, ohne dass er Verbindung zu Klein aufnahm, wuchs die Gefahr. Und weil es ihm so zu einem Telefon drängte, war er das Risiko eingegangen, zu früh den Kurs zu wechseln. Er hatte sich nicht weit genug von dem Chalet entfernt, und deshalb hatte der Hubschrauber ihn entdeckt.
Er durfte ihnen nicht länger in die Hände spielen. Er machte kehrt, ging aber nicht wieder auf geradem Weg bergauf, sondern arbeitete sich schräg über den Abhang hinauf, auf das Chalet zu, in der Hoffnung, Abu Auda überraschen zu können. Außerdem lag das Chalet vermutlich in der Nähe einer Straße. Der Lärm eines Rudels Krähen, die plötzlich von den Fichten in der Nähe aufstiegen, war das erste Anzeichen dafür, dass er wieder einen Fehler gemacht hatte. Und das zweite war irgendein Tier, das etwa hundert Meter zu seiner Linken aufgeschreckt davonhuschte.
Er hatte Abu Auda unterschätzt. Der Fulani hatte einige seiner Männer am Boden eingesetzt, die hinter dem Helikopter hergingen, für den Fall, dass Jon so reagieren würde, wie er es getan hatte. Jon suchte hinter einem Felsvorsprung zu seiner Rechten Deckung, von dem aus er den ganzen Wald vor sich beobachten konnte. Wie viele Männer mochte Abu Auda als Bodentruppen eingesetzt haben? Er verfügte insgesamt über zwölf Männer, es sei denn, er hatte inzwischen von anderswo Verstärkung bekommen. Hoch über ihm ächzten die
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