Ludlum Robert - Covert 03
eine solche Organisation nicht kennt, dann existiert sie auch nicht.«
»Na schön.« Mauritania nickte. »Trotzdem sollten wir ihn weiter beobachten, Ihre Leute und unsere auch.« Er erhob sich in einer fließenden Bewegung.
Erleichtert stemmte Hauptmann Bonnard sich von dem niedrigen Hocker hoch. Seine Beine fühlten sich wie gelähmt an. Er hatte nie ganz begriffen, warum diese Wüstenbewohner nicht alle Krüppel waren. »Vielleicht«, meinte er und massierte sich dabei die Kniekehlen, »ist Smith wirklich nur das, als was er sich zu erkennen gegeben hat. Die Amerikaner sind nun einmal auf Waffen versessen.«
»Aber man würde ihm doch wohl kaum erlauben, auf einem Linienflug nach Europa eine Waffe mitzunehmen, ohne dass es dafür einen guten Grund gibt, und zwar einen sehr wichtigen Grund«, gab Mauritania zu bedenken. »Aber wer weiß, vielleicht haben Sie Recht. Es gibt schließlich auch hier Mittel und Wege, sich Waffen zu verschaffen, und zwar auch für Ausländer, ja? Da sein Freund Opfer einer Gewalttat ist, kann es ja sein, dass Smith hierher gekommen ist, um Rache zu nehmen. Jedenfalls scheinen sich Amerikaner immer dann weniger verletzbar zu fühlen, wenn sie eine Waffe mit sich führen. Ziemlich albern eigentlich.«
Und das vermittelte Hauptmann Bonnard das deutliche Gefühl, dass der rätselhafte und gelegentlich auch nicht ganz ehrliche Terroristenchef nicht der Ansicht war, dass Bonnard Recht hatte.
*
Jon Smith schlenderte alarmiert in Richtung auf den Boulevard Pasteur, bemüht den Eindruck zu erwecken, als würde er nach einem Taxi Ausschau halten. Er sah sich immer wieder nach links und rechts um und suchte den Verkehrsstrom nach einer Fahrmöglichkeit ab, hielt aber in Wirklichkeit nach jemandem Ausschau, der ihn beobachtete.
Die Luft war mit Auspuffdämpfen geschwängert. Er blickte zum Eingang des Instituts hinüber, wo die Wachleute damit beschäftigt waren, Ausweise zu überprüfen. Schließlich entschied er sich für drei potenzielle Beobachter: eine jüngere Frau, vielleicht Mitte dreißig, dunkelhaarig, normale Figur, fülliges Gesicht. Sie war mit einem schwarzen Rock und dunklem Pullover bekleidet und wirkte völlig unauffällig. Momentan war sie stehen geblieben und bewunderte die düstere Backsteinkirche Saint-Jean Baptiste de la Salle.
Die zweite Möglichkeit war ein gleichermaßen farbloser Mann in mittleren Jahren in einem dunkelblauen Sportsakko und Cordhosen, die nicht so recht zu dem warmen Maiwetter passten. Er stand vor dem Karren eines Straßenverkäufers und musterte die dort ausgestellten Kostbarkeiten, als suche er nach einem bedeutenden Meisterwerk. Die dritte Person war ein hoch gewachsener alter Mann, der sich auf einen schwarzen Spazierstock stützte und im Schatten eines Baums am Randstein die Rauchschwaden betrachtete, die über dem Pasteur in den Himmel stiegen.
Smith hatte noch annähernd zwei Stunden Zeit bis zu seinem von Präsident Castilla arrangierten Treffen mit General Henze, dem NATO-Oberbefehlshaber. So lange würde er wahrscheinlich nicht brauchen, um etwaige Beobachter abzuschütteln, und das bedeutete, dass er sich vorher noch ein paar Informationen verschaffen konnte.
Die ganze Zeit über hatte er weiterhin so getan, als würde er ein Taxi suchen. Jetzt zuckte er theatralisch die Schultern und ging weiter in Richtung auf den Boulevard Pasteur. An der Kreuzung bog er nach rechts und schlenderte auf den belebten Eingang des Hotel Arcade mit seiner Fassade aus Glas und Stahl zu. Er sah ins Schaufenster, blickte auf die Uhr und blieb schließlich vor einem Café stehen, wo er einen Tisch an der Straße wählte. Er bestellte sich ein demi, nahm, als das Bier gebracht wurde, genüsslich einen Schluck und betrachtete die vorüberschlendernden Passanten mit dem entspannten Lächeln eines erst vor kurzem eingetroffenen Touristen.
Als Erster der drei tauchte der alte Mann auf, der sich im Schatten eines Baumes auf seinen Spazierstock gestützt und den Rauch über dem Institut Pasteur beobachtet hatte, was für sich bereits verdächtig sein konnte. Es war bekannt, dass Verbrecher sich häufig zu ihrem Tatort hingezogen fühlten, auch wenn dieser Mann zu alt und zu gebrechlich wirkte, um in ein Bombenattentat verwickelt zu sein. Er hinkte dahin, stützte sich geschickt auf seinen Stock und fand auf der anderen Straßenseite, Smith direkt gegenüber, einen Platz in einem Café. Als er sich gesetzt hatte, zog er ein Exemplar der Le Monde aus der Tasche und
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