Ludlum Robert - Covert 03
faltete die Zeitung auseinander, nachdem der Kellner ihm Kaffee und Gebäck gebracht hatte. Er las, während er immer wieder einen Schluck Kaffee nahm und von seinem Croissant abbiss; offenbar interessierte er sich überhaupt nicht für Smith. Tatsächlich blickte er die ganze Zeit kein einziges Mal von seiner Zeitung auf.
Als Nächste erschien die junge Frau mit dem verquollenen Gesicht und dem dunklen Haar und schritt plötzlich keine zwei Meter entfernt an Smith vorbei. Sie sah ihn direkt an und ging weiter, ohne auch nur das geringste Interesse an ihm zu zeigen, als gäbe es ihn überhaupt nicht. Nach ein paar Schritten blieb sie stehen, als überlegte sie, ob sie nicht einen Schluck trinken sollte, schlenderte dann aber weiter und verschwand kurz darauf im Eingangsportal des Hotel Arcade.
Die dritte Person, der Mann, der so großes Interesse für die Waren des Straßenverkäufers an den Tag gelegt hatte, tauchte überhaupt nicht auf.
Als Smith sein Bier ausgetrunken hatte, ließ er das, was er an dem großen alten Mann und der unauffälligen Frau beobachtet hatte, noch einmal vor seinem inneren Auge vorbeiziehen – Gesichtszüge, Bewegungsrhythmen, wie sie den Kopf gehalten und ihre Hände und Füße bewegt hatten. Er verließ seinen Platz nicht, bis er ganz sicher war, alles in seinem Gedächtnis gespeichert zu haben.
Dann bezahlte er und ging mit schnellen Schritten den Boulevard zurück zur Metrostation Pasteur an der Kreuzung mit der Rue de Vaugirard. Kurz darauf erschien der alte Mann mit dem Stock hinter ihm. Für sein Alter und seine angebliche Gebrechlichkeit bewegte er sich auffällig schnell. Smith hatte ihn sofort entdeckt, beobachtete den Mann aus dem Augenwinkel und fuhr fort, seine Umgebung nach sonstigen Auffälligkeiten abzusuchen.
Jetzt war der Augenblick, einen alten Trick seines Gewerbes einzusetzen: Er hastete die Treppe zur Metrostation hinunter und fuhr fort, alles ringsum zu beobachten. Der Mann mit dem Stock folgte ihm nicht. Smith wartete, bis ein Zug in die Station einfuhr, und mischte sich dann in den Strom von Fahrgästen, die die Treppe hinauf zur Straße nahmen. Einen Häuserblock entfernt konnte man den alten Knaben gehen sehen. Smith eilte weiter, ließ den Mann aber nicht aus den Augen, bis dieser schließlich eine Buchhandlung betrat, an deren Glastür ein Schild BIN MITTAGESSEN hing. Der Mann zog einen Schlüssel heraus und sperrte die Tür auf. Drinnen angelangt drehte er die Tafel um, sodass jetzt GEÖFFNET zu lesen war, stellte seinen Spazierstock in einen Ständer neben der Tür und schlüpfte aus seinem Jackett.
Weitermachen hatte wohl keinen Sinn, entschied Smith. Schließlich hatte der Mann einen Schlüssel. Andererseits wollte er ganz sicher sein. Er blieb also vor dem Schaufenster der Buchhandlung stehen und sah zu, wie der Mann in eine beige Strickjacke schlüpfte und sie bedächtig von oben bis unten zuknöpfte. Als er fertig war, setzte er sich auf einen Hocker hinter die Theke, blickte auf, sah Smith, lächelte und winkte ihm zu, hereinzukommen. Offensichtlich war er der Besitzer des Ladens oder vielleicht auch ein Angestellter. Smith verspürte einen Stich der Enttäuschung.
Trotzdem war er sicher, dass jemand ihn beobachtet hatte, und er war überzeugt, dass das entweder die dunkelhaarige Frau oder der Mann war, der solches Interesse für die Kostbarkeiten des Straßenhändlers an den Tag gelegt hatte. Aber wer auch immer von den beiden es war, er hatte Smith’ Argwohn bemerkt und die Verfolgung aufgegeben.
Er winkte dem Buchhändler freundlich zu und kehrte mit schnellen Schritten zu der Metrostation zurück. Zu seiner Verblüffung spürte er, kaum dort angelangt, wie seine Nackenhaare sich wieder sträubten. Es war immer noch jemand in der Nähe und beobachtete ihn. Beunruhigt blieb er vor der Station stehen und sah sich um, konnte aber nichts entdecken. Er musste seinen Beschatter abschütteln. Um keinen Preis durfte er jemand zu seinem Treffen mit dem General führen. Also machte er auf dem Absatz kehrt und hastete wieder die Treppe hinunter.
In einer Türnische, teilweise von einem Busch verdeckt, musterte die Frau mit dem fülligen Gesicht und dem schwarzen Rock Smith, wie dieser sich sorgsam umsah. Ihr Versteck lag im Dunkeln, sodass ihre düstere Kleidung mit dem Hintergrund verschmolz. Sie achtete darauf, im Schatten zu bleiben, weil es sonst leicht hätte sein können, dass ihr gebräuntes, aber helles Gesicht genügend Licht reflektierte, um
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