Ludlum Robert - Covert 03
wahrscheinlich so gestrichen hatte, damit es sich den niedrigeren Wohngebäuden anpasste.
Smith schaute sich wachsam um und ging auf das Hotel zu. Er blieb eine halbe Stunde in der Hotelhalle stehen und beobachtete vorsichtig das Geschehen draußen durch die Glaswände, aber offensichtlich war ihm niemand gefolgt. Und es war auch niemand zu sehen, der Thérèse Chambords Gebäude betrat oder verließ.
Er schlenderte durch das Hotel, bis er einen Lieferanteneingang fand, der in eine Seitenstraße mündete, verließ den Bau und ging mit eiligen Schritten ans Ende der Seitenstraße. Auch dort schaute er sich um, entdeckte aber niemanden, der den Hoteleingang oder Thérèse Chambords Zuhause beobachtete. Mit Ausnahme der beiderseits der Straße geparkten Autos gab es auch keinerlei Möglichkeiten, sich zu verstecken, und sämtliche Fahrzeuge waren leer. Er nickte kurz und ging, immer noch nach allen Seiten sichernd, zu Mlle. Chambords Adresse zurück.
In dem etwas zurückgesetzten Eingang steckte in dem Adressschlitz für den zweiten Stock eine weiße Visitenkarte, die in Prägeschrift ihren Namen trug. Er drückte den Klingelknopf unter der Karte und nannte seinen Namen und den Zweck seines Kommens.
Nachdem die Eingangstür sich mit einem leisen Summen geöffnet hatte, fuhr er mit dem Fahrstuhl nach oben, und als die Lifttür sich öffnete, stand sie, mit einem weißen schmalen Abendanzug und einer hochgeschlossenen weißen Bluse sowie elfenbeinfarbenen hochhackigen Pumps bekleidet, unter der offenen Tür ihres Appartements. Sie wirkte wie ein AndyWarhol-Gemälde, weiß auf weiß, wozu das Blutrot ihres Lippenstifts und die langen, herunterhängenden Ohrringe einen kräftigen Kontrast bildeten. Und dann war da noch ihr kontrastierendes Haar, schwarz wie Seide, in einer ebenholzfarbenen Wolke, die theatralisch und höchst attraktiv gleichsam über ihren Schultern schwebte. Nicht zu leugnen, dass sie Schauspielerin war. Aber die ganze Dramatik konnte natürlich auch ihren höchst normalen Verhaltensweisen, entsprechend ihrem Talent und ihrer Erfahrung, entspringen.
Eine große schwarze Handtasche hing über ihrer linken Schulter, als ob sie gerade hätte ausgehen wollen. Smith trat auf sie zu.
Sie sprach makelloses Englisch, ohne den leisesten Akzent. »Ich weiß nicht, was ich Ihnen über meinen Vater sagen kann, oder über den einen Mann im Krankenhaus, von dem man sagt, er sei mit ihm zusammen gewesen, als … als die Bombe explodierte, Mr …. Smith, nicht wahr?«
»Dr. Jon Smith, ja. Können Sie zehn Minuten für mich erübrigen? Dr. Zellerbach ist ein guter alter Freund. Wir sind zusammen aufgewachsen.«
Sie sah auf die Uhr und biss sich mit schmalen, gleichmäßig geformten weißen Zähnen auf die Lippen, während sie offenbar eine kurze Berechnung anstellte. Dann nickte sie schließlich. »Also schön, zehn Minuten. Kommen Sie rein. Ich trete heute Abend auf, aber ich werde eben auf ein paar Minuten Yoga verzichten.«
Die Wohnung war ganz anders, als er das nach der altmodischen Fassade des Gebäudes erwartet hatte. Zwei Wände bestanden ganz aus Glas und ließen das Appartement sehr modern wirken. In der dritten Wand öffneten sich hohe, breite Glastüren auf einen umlaufenden Balkon mit einem schmiedeeisernen Gitter, das in einem schlichten geometrischen Muster gehalten war.
Die Räume waren groß, aber nicht riesig, mit elegantem Mobiliar aus der Zeit Louis XIV. bis Zweites Empire ausgestattet, ziel- und planlos durcheinander gemischt und auf unnachahmliche Pariser Art in dem Raum verteilt, der dennoch in keiner Weise überfüllt wirkte und eine geradezu unwahrscheinliche Harmonie ausstrahlte. Smith entdeckte durch halb offen stehende Türen zwei Schlafzimmer und eine kleine, aber zweckmäßig eingerichtete Küche. Nobel, warm, komfortabel und originell.
»Bitte.« Sie musterte ihn mit einem schnellen Blick von oben bis unten und bedeutete ihm dann, auf einem massiv gebauten Sofa Platz zu nehmen.
Er lächelte. Mit jenem kurzen Blick hatte sie ihn taxiert und ihm einen entsprechenden Platz zugewiesen. Sie selbst lehnte sich in einem etwas zierlicheren Louis XIV.-Sessel zurück. Aus der Distanz, als sie unter der Tür gestanden hatte, war sie ihm groß vorgekommen, fast imposant, aber jetzt, aus der Nähe und im Sitzen, wurde ihm bewusst, dass sie nicht einmal einen Meter fünfundsiebzig erreichte. Wahrscheinlich würde sie auf der Bühne ganz nach Wunsch groß oder klein erscheinen, primitiv oder
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