Ludlum Robert - Covert 03
eingefallen wäre, hätten Sie selbst mit dem Boten sprechen können. Offenbar wusste der Absender dieses Briefes gar nicht, dass Sie hier sind.«
Smith dankte ihr und nahm den Umschlag. Als sie hinausging, riss er ihn auf. Die Mitteilung war schlicht und sachlich:
Lieutenant Colonel Dr. Smith
General Comte Roland La Porte wird sich heute Morgen in seinem Haus in Paris aufhalten. Er lässt Sie bitten, ihn so bald wie möglich aufzusuchen. Bitte rufen Sie mich unter der folgenden Telefonnummer an und sagen Sie mir, wann Sie kommen können. Ich werde Ihnen dann sagen, wie Sie zum Haus des Generals gelangen.
Capitaine Darius Bonnard.
Adjutant des Generals
Smith erinnerte sich daran, dass General Henze ihm eine Einladung des französischen Generals angekündigt hatte. Diese höfliche Aufforderung musste das sein. Nach dem was Henze gesagt hatte, klang es so, als ob General La Porte sowohl hinsichtlich des Bombenattentats als auch in Bezug auf Émile Chambord mit der örtlichen Polizei und dem Deuxième Bureau in Verbindung stand. Wenn er Glück hatte, würde er nach dem Besuch bei dem General mehr über Dr. Chambord und den geheimnisvollen DNS-Computer wissen.
*
Paris verdankt seinen Glanz zum großen Teil seinen prunkvollen Privatbauten, von denen viele in der Nähe des Boulevard Haussmann hinter alten Bäumen versteckt standen. Eines dieser schönen Häuser gehörte, wie sich herausstellte, General Roland La Porte. Der fünfstöckige Bau mit dem beeindruckenden Säulenportal und den vielen Balustraden und Steinmetzarbeiten sah so aus, als wäre er Anfang des 19. Jahrhunderts erbaut worden, zu einer Zeit, als Baron GeorgesEugene Haussmann sich bemüht hatte, der Stadt imperialen Glanz zu verleihen. In jenen Tagen hätte man das Haus wohl als ein Stadtpalais bezeichnet.
Jon Smith benutzte den altmodischen Türklopfer. Die Tür war schwer und mit Schnitzereien verziert, die Bronzebeschläge blitzten.
Der Mann, der an die Tür kam, trug eine Fallschirmjägeruniform mit den Rangabzeichen eines Hauptmanns und Generalstabsabzeichen. »Sie müssen Lieutenant Colonel Jonathan Smith sein«, stellte er in fast akzentfreiem Englisch fest. »Das ging aber schnell. Bitte, treten Sie ein.« Der Mann war nicht besonders groß, blond und kompakt gebaut, er trat zur Seite und lud Smith mit einer Handbewegung ein hereinzukommen. »Ich bin Darius Bonnard.« Er wirkte sehr geschäftsmäßig und durch und durch wie ein Soldat.
»Vielen Dank, Captain Bonnard. Ich habe angenommen, dass ich Sie hier treffen würde.« Er hatte angerufen und sich von Bonnard den Weg schildern lassen.
»Der General nimmt gerade seinen Kaffee. Er lässt Sie bitten, zu ihm zu kommen.«
Der Hauptmann führte ihn durch eine geräumige Eingangshalle, aus der eine elegante Freitreppe nach oben führte. Sie passierten einen kurzen Flur, der im gleichen Fleurdelis-Muster wie die Halle tapeziert war. Der Raum, den Smith anschließend betrat, war groß, mit einer hohen Decke, die mit lebensgroßen Nymphen und Cherubim auf hellblauem Hintergrund bemalt war. Vergoldete Säulen und elegante Vertäfelung schmückten die Wände des im Louis-XIV.-Stil möblierten Zimmers. Der Raum wirkte eher wie ein Salon als wie ein Raum, in dem man den Kaffee einnimmt.
Ein hünenhaft gebauter Mann saß am Fenster, die Sonnenstrahlen tanzten um seinen Kopf. Er bedeutete Smith mit einem knappen Kopfnicken, auf einem schlichten Stuhl mit Brokatpolsterung Platz zu nehmen und sagte dann in gutem Englisch, aber mit deutlichem französischen Akzent: »Bitte, nehmen Sie Platz, Colonel Smith. Wie wollen Sie Ihren Kaffee?«
»Mit Sahne und ohne Zucker, Sir, vielen Dank.«
General le Comte Roland La Porte trug einen teuren Straßenanzug, der so manchem Footballstar in den USA zu groß gewesen wäre, an ihm aber perfekt saß. In seiner ganzen Körperfülle wirkte er majestätisch, mit dunklem, dichtem Haar, das er lang und gerade trug wie der junge Napoleon bei der Belagerung von Toulon. Die durchdringenden blauen Augen in seinem breiten Bretonengesicht blickten starr und unbeweglich wie die eines Hais. Insgesamt eine beeindruckende Gestalt.
»Sehr gern«, erwiderte er höflich. Seine gewaltigen Pranken ließen das silberne Kaffeeservice winzig erscheinen, als er Smith den Kaffee in eine Tasse aus Bone-China goss und sie ihm reichte.
»Danke, General.« Smith nahm die Tasse entgegen und sagte ungeniert: »Es ist mir eine hohe Ehre, einen der Helden von Desert Storm persönlich kennen zu lernen.
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