Lübeck
Bänden des 17. und
18. Jh. sowie ein Gewölbekeller zu besichtigen. Für kostenlose Führungen
außerhalb der Öffnungszeiten bitte eine Woche vorher im Pfarrbüro anmelden
(Tel. 705523, www.reformiert.de →
Gemeinden → Lübeck)!
Die Kirche derReformierten
Der Nachahmer-Dichter und seine Nachahmer
Die Nr. 12 war Emanuel Geibels letztes Wohnhaus (1880–1884). Der Dichter, der sich schon damals
überkommenen Schreibstilen hingab und aus heutiger Sicht ziemlich bieder
schrieb, war im Lübeck des 19. Jh. ein Superstar. Geibels Porträt war auf
Sammeltassen in unzähligen Schaufenstern ausgestellt, es gab eine Zigarre mit
seinem Namen, 1868 wurde er Ehrenbürger. Seine begeisterte Fangemeinde setzte
ihm ein Denkmal auf dem Koberg, weswegen er kurzerhand in „ Geibelplatz “ umgetauft wurde. Heute sitzt der Dichter
in Denkerpose versunken am Ende der Straßeneben dem
Heiligen-Geist-Hospital.
Im Haus mit dem goldenen Globus (Nr. 5) wirkte ab 1891 die Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger
Tätigkeit , kurz: die Gemeinnützige. Im Flur, von dem es ins
Restaurant Heinrichs geht, findet sich eine Holztafel mit den Errungenschaften
dieser aufklärerischen Vereinigung. Sie reichen von einer frühen
Gewerbeschule (1795) über einen Verein für Ferien-Kolonien (1883) bis zu
einem repräsentativen Fassaden-Wettbewerb (1901) für die Lübecker.
Spaziergang 3:
Günter-Grass-Haus, Willy-Brandt-Haus und Heiligen-Geist-Hospital
Willy-Brandt-Haus
„Halten Sie Ihren Sohn von der Politik fern!“, warnte ein Lehrer des
Johanneums die Mutter des jugendlichen Herbert Frahm. „Der Junge hat gute
Anlagen. Die Politik wird ihn ruinieren!“ In der Königstraße kommt man in
den Genuss eines im besten Sinne modernen Museums. Ende 2007 wurde die
„schönste Gedenkstätte für einen Kanzler“ (FAZ) nach fünfjähriger
Arbeit und der Investition von 3,8 Mio. € eröffnet; sie geht auf eine
Initiative von Günter Grass zurück. Die Mühen haben sich gelohnt: Dank
multimedialer Anwendungen und originaler Text-, Ton- und Filmdokumente werden
in vier Räumen die Lebensstationen vonWilly Brandt (z. B. die
Kindheit in Lübeck) erzählt. Auch Reden im Bundestag, sarkastische
Wahlplakate aus den 70ern („Deutsche Arbeiter! Die SPD will eure Villen im
Tessin wegnehmen!“), eindrucksvolle Schwarz-Weiß-Bilder des „elder
statesman“ und zwei nebeneinander platzierte Bildschirme, die die
gegensätzliche Berichterstattung in Ost und West dokumentieren, bieten
überraschend klare und direkte Einblicke in die deutsche Nachkriegszeit. Das
Mauerstück im kleinen Innenhof setzt symbolisch einen Schlussstein.
Schade nur, dass man so wenig über die Schattenseiten (Alkohol, Affären,
Depressionen) des sensiblen, hochintelligenten Nobelpreisträgers und die
Hintergründe der Guillaume-Affäre erfährt. Zwei Themen, die den ein wenig
zum Superhelden stilisierten Willy Brandt ja auch ausmachen. Vielleicht ist die
Angst vor vermeintlicher Nestbeschmutzung der Tatsache geschuldet, dass es sich
bei dieser Ausstellung um eine Außenstelle der Berliner
Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung handelt, die trotz aller Faktizität eben
auch eine Absicht verfolgt. Trotzdem: eines der spannendsten Museen von
Schleswig-Holstein!
Modern und unterhaltsam: das Willy-Brandt-Haus
Und auch das Gebäude hat eine Geschichte: Im 14. Jh. war es Sitz der
exklusiven Zirkelgesellschaft, eines Zusammenschlusses der reichsten Lübecker
Kaufleute, fünf Jahrhunderte später tagte das Oberappellationsgericht der
Freien Städte in diesen Räumen.
Einen Museumsshop mit zahlreichen Büchern und einigen Hörbüchern zu
Brandt und seiner Politik gibt es natürlich auch. Ob man kleine
Mauerbruchstücke und „Willy wählen“-Tassen haben muss, sei dahingestellt
– künstlerisch wertvoll sind die Poster, u. a. von Andy Warhol.
Mehr Demokratie für mehr Frieden – der Weltbürger Willy
Brandt
Zehn Jahre Regierender Bürgermeister Berlins, vier Jahre Außenminister,
sechs Jahre Bundeskanzler, fünf Jahre Mitglied des Europäischen Parlaments,
24 Jahre Vorsitzender der SPD. Brandts umstrittene Ostpolitik, die stets auf
Entspannung und Ausgleich setzte, brachte ihm nach dem Warschauer Kniefall 1971
den Friedensnobelpreis. Als Präsident der Sozialistischen Internationale, ein
Amt, das er von 1976 bis 1992 bekleidete, kämpfte er gegen Umweltzerstörung
und Hungerkatastrophen der (Dritten) Welt, aber auch ganz konkret für z. B.
die Freilassung Nelson Mandelas
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