Lübeck
der SchaffenskraftNotkes, der auch den
mächtigen Lettner und das Triumphkreuz im Dom kreierte. Ein Gipsabguss seines
schwertschwingenden Drachentöters von 1489 – das Original befindet sich in
Stockholm – ist hier zu sehen.
Eine zweite Besonderheit ist ein echterTintoretto, der neben der
Kasse an der Wand des südlichen Seitenschiffes befestigt ist. Die vom
venezianischen Meister signierte „Auferstehung des Lazarus“ (1576) zeigt,
warum Lübeck über Jahrhunderte als „Venedig des Nordens“ galt: Nur sehr
reiche Kaufleute konnten sich einen solchen Schatz überhaupt leisten und mit
einem überbordend bemalten Rahmen ausstatten. Spektakulär ist auch die
Malerei auf der Außenseite der Treppe, die zum eher uninteressanten
Triumphkreuz von 1450 führt. Sie schildert die Stigmatisierung des Franz von
Assisi und erinnert ein wenig an einen Science-Fiction-Film: Mittels Strahlen
erhält der Heilige in dieser spätmittelalterlichen Darstellung von einem
schwebenden Christus am Kreuz die Wundmale.
Klosterkirche St. Katharinen: eine dreischiffige Kältekammer
Im Chor ist eine Grabplatte des Johann Lüneburg von Bedeutung. Die Erzlege
von 1461, in der der Bürgermeister – mit Pelzrobe gezeichnet (er wusste, wie
kühl es hier ist) – bestattet wurde, deutet auf seinen Einfluss hin. Zuvor
hatte man in diesem Gotteshaus eine der exklusivsten Bruderschaften der Stadt
gegründet: die Zirkelgesellschaft von 1379, der im 15. Jh. die meisten
Stadtpolitiker Lübecks angehörten, selbstverständlich auch Johann
Lüneburg.
Noch einige Worte zur Baugeschichte:Um 1300 entstand St. Katharinen als Klosterkirche (→ Katharineum).
Der fehlende Turm ist den strikten Regeln des Ordens geschuldet. Das
nördliche, fast schon gedrückte Seitenschiff hat einen profaneren Grund.
Wegen der „Klokengeterstrate“ (Glockengießerstraße), die schon 50 Jahre
vor St. Katharinen existierte, musste sich die Architektur anpassen. Schön
sind die vielen Ornamente und Fresken, die an Rundbögen und Decke freigelegt
wurden. Das notwendige Kleingeld für die Verzierung besaßen die Franziskaner
aufgrund der hohen Spenden während der Pestepidemien im 14. Jh. Heute dient
das Gotteshaus hauptsächlich als Museum und Ausstellungsraum, ab und zu aber
auch noch für Gottesdienste.Königstr. 27 (Ecke
Glockengießerstraße), Tel. 1224180, www.die-luebecker-museen.de .
Mitte April bis Okt. Di–So 10–17 Uhr, Eintritt 1 €, Kinder bis 12 J.
frei. Führung ab 2 Pers. für 50 € plus Eintritt pro Pers. Anmeldung auch
kurzfristig möglich unter Tel. 1224273 (Frau Lehna). Wechselnde
Sonderausstellungen, meist zu religiösen, manchmal historisch-politischen
Themen, mit wechselndem Eintrittspreis!
Spaziergang 3:
Günter-Grass-Haus, Willy-Brandt-Haus und Heiligen-Geist-Hospital
Abstecher durchPfaffenstraße und
Beckergrubezum
Theater
100 Mio. Euro für Lübeck: Emil Possehl und seine
Stiftung
Nicht immer ist Patriotismus schlecht. Im Falle des Industriekapitäns Emil
Possehl (1850–1919) war er von großem Nutzen, zumindest für Lübeck. Seit
1950 flossen an die 100 Mio. Euro in soziale und kulturelle Projekte, davon ein
Viertel in die Erhaltung der alten Bausubstanz: Nicht wenige der schmucken
Häuser tragen eine Plakette mit dem Namen des großzügigen Unternehmers.
Gleichzeitig war der Sohn des Eisen-, Blech- und Kohlenhändlers Ludwig
Possehl, der die Leitung der Firma als 23-Jähriger übernehmen sollte, nicht
das, was man einen herzlichen Menschen nennen würde. Von Zeitgenossen wird der
schwerreiche Monopolanbieter für schwedische Erze und spätere Senator als
schroff und abweisend geschildert. Literarisch verbraten haben ihn nicht
zuletzt deshalb Ida Boy-Ed („Ein königlicher Kaufmann“, 1910) und Heinrich
Mann („Eugénie oder Die Bürgerzeit“, 1928; „Eine Liebesgeschichte“,
1946).
Dass es der international agierende Possehl trotz eines geschätzten
Vermögens von umgerechnet 50 Mio. Euro nicht immer leicht hatte, zeigt die
Verhaftung wegen Landesverrats während des Ersten Weltkriegs: Geschäftliche
Verbindungen zu Russland sollen den Feind begünstigt haben. Erst nach einem
Jahr gelangte er nach einem Freispruch in allen Anklagepunkten aus der
Untersuchungshaft. Danach widmete sich Possehl vermehrt dem Stiftungswesen.
„Mein größter Wunsch ist es, dass die Früchte meines Lebenswerkes meiner
geliebten Vaterstadt […] zugute kommen mögen.“
90 Jahre nach dem Tod des kinderlosen Magnaten hat sich diese Hoffnung
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