Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
Vom Netzwerk:
Durcheinander. Wie konnte ich nur der Idee verfallen, die Schüsse hätten etwas mit Schach zu tun?
    So ein Quatsch.
    Er hatte dann doch etwas geschlafen. Jedenfalls weckte Anne ihn, indem sie sich an ihn schmiegte. Als er begriffen hatte, wo er war, rieb er sich die Augen. In letzter Zeit dauerte es lange, bis er klar sehen konnte. Er lag auf dem Rücken, sie streichelte seinen Bauch. »Du hast ganz schön gekämpft in der Nacht«, sagte sie. »Hoffentlich hat es sich gelohnt.«
    »Ich höre auf mit der Sucherei. Hatte ich nicht gesagt, dass ich keine Lust mehr habe auf die Detektivspielerei?«
    Sie lachte. »Das hast du nicht nur einmal gesagt.«
    Ihre Hand wanderte einen Fingerbreit unter das Hosengummi.
    »Diesmal meine ich es ernst. Ich mach mich selbst verrückt.«
    »Aber es ist auch deine Weise, gegen die Angst anzukämpfen.«
    »So schlimm ist es nicht mehr. Wahrscheinlich war das ein Irrer, der gar keinen Plan hatte, ein Amokläufer.«
    Ihre Hand kroch tiefer unter das Gummi. Er spürte, wie seine Erregung wuchs. Er schloss die Augen und ließ sich verführen.

    Sie blieben noch lange im Bett liegen. Sie erzählte, Felix habe nach Papa gefragt, und damit könne nur Stachelmann gemeint sein. »Er nimmt es dir nicht krumm, dass du nicht so richtig klarkommst mit ihm. Allerdings hat er ja auch keine Papa-Alternative und glaubt wohl, es müsse so sein, wie es ist.«
    Er antwortete nicht. Immer wenn sie davon anfing, hatte er ein schlechtes Gewissen. Dabei hatte sie das Kind mit einem anderen gezeugt, als er sie vernachlässigt hatte. Und er war ihr auch nicht treu gewesen, hatte sich zurückgestoßen gefühlt. Ach, es war alles viel zu kompliziert, wenn er sich auf einen Menschen einließ. Was heißt einlassen? Konnte er das überhaupt? Drehte er sich nicht fortwährend um den eigenen Bauchnabel? War er nicht in Wahrheit ein Egozentriker, auch wenn man es nicht auf den ersten Blick erkannte?
    Er verbummelte den Tag. Einmal drängte es ihn, Georgie anzurufen, aber er tat es nicht. Georgie würde sich melden, wenn es etwas Neues gab. Er überlegte hin und her, ob Brigitte noch leben könnte und welche Gründe es geben mochte, dass sie sich nicht meldete. Ob sie gefangen gehalten wurde?
    Am Nachmittag las er in einer alten Ausgabe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte über Ernst Jüngers Bericht von Geiselerschießungen in Paris im letzten Krieg. Am Abend lud er Anne zum Essen beim Italiener im Grindelhof ein, gestand sich aber ein, sein Hauptgrund war, dass er nicht allein hinausgehen wollte. Sie unterhielten sich über den Artikel, den Stachelmann gerade und Anne vor einiger Zeit gelesen hatte, und waren sich einig über die Menschenverachtung, die es damals völkerrechtlich ermöglicht hatte, zehn Franzosen zu erschießen, nur weil die Résistance einen Wehrmachtsoldaten getötet hatte. Er fand den Abend harmonisch, und sie gingen nach dem Essen eng umschlungen zurück zur Wohnung.
    In der Nacht schlief er besser, nachdem er sich damit abgefunden hatte, dass er die Aufklärung des Mordrätsels Taut und seinen Kollegen überlassen würde. Er hatte alles versucht und war an seine Grenzen gestoßen. Endgültig. Die Angst hatte ihn dazu getrieben, aber die Angst konnte er auch anders bekämpfen, und Anne würde ihm helfen.
    Er fühlte sich gut am Morgen und freute sich fast auf das Seminar am Nachmittag. Endlich wieder ein normales Leben, kaum zu glauben, wo doch der Schütze noch frei herumlief. Er verdrängte die Zweifel, die aufkamen, als ihm die inzwischen eingeschlafene Kampagne gegen ihn einfiel. Er hatte gestern nicht einmal mehr geguckt, ob eine neue Nachricht ins Forum gestellt worden war. Angst gibt es, um sie zu überwinden. Wenn dich einer umbringen will, kannst du es sowieso nicht verhindern. Also denk nicht daran. Heute Nachmittag ist dein Seminar, gleich machst du dich auf den Weg, um im Büro die Hausarbeit zu lesen, über die diskutiert werden soll. Die gewohnte Langeweile, wie schön.
    Als er auf der Straße stand, erwischte er sich, wie er eine Melodie pfiff. Es würde sich alles aufklären, und Brigitte erscheint irgendwann sonnengebräunt und hübscher als je zuvor. Du, ich musste einfach hier weg. Es wurde mir zu viel. So was würde sie sagen.
    Die Schmiererei gegen ihn war übermalt worden. Bald würde er vergessen haben, dass es sie gab. Es war ein guter Tag. Und morgen würde es auch ein guter werden. Er hatte einen Anspruch darauf. Wer auch immer für die Verteilung von guten und

Weitere Kostenlose Bücher