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Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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schlechten Tagen zuständig war, nun war er mit den guten dran, von den anderen hatte er genug gehabt. Er schloss die Tür seines Büros auf und öffnete sie. Er ging zwei Schritte hinein, als hätte er nicht gesehen, was seine Augen ihm zeigten. Er prallte zurück, krümmte sich, als hätte er einen Schlag in den Magen bekommen. Er konnte seine Augen nicht losreißen. Sie saß bleich auf seinem Schreibtischstuhl und starrte ihn an, mit zurückgelehntem Kopf. Im Hals, auf Kehlkopfhöhe, klaffte eine Wunde, das Blut war ihr auf Sweatshirt und Hose gelaufen, unter dem Stuhl hatte sich das Blut in einer großen Lache gesammelt. Ihr Oberkörper war mit einem Seil an die Lehne gefesselt.

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    9
    Er hatte es nicht mehr zur Toilette geschafft und sich im Gang übergeben. Dann hatte er sich neben die Tür seines Büros auf den Boden gesetzt. Mit zitternden Händen hatte er Taut angerufen. Binnen weniger Minuten hörte er die Sirenen.
    Taut stieg aus dem Aufzug, betrat Stachelmanns Büro und erstarrte für ein paar Sekunden. Hinter ihm drängten sich ein Arzt und die Mitarbeiter der Kriminaltechnik. Stachelmann sah es wie durch einen Schleier.
    Oberkommissar Kurz beugte sich zu Stachelmann hinunter. »Wer ist es?«, flüsterte er, als dürfte es niemand hören außer Stachelmann.
    »Brigitte«, krächzte der. »Brigitte Stern.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wie das passiert ist? Und warum?«
    Stachelmann schüttelte den Kopf. Kurz legte ihm die Hand auf die Schulter, dann drängte er sich ins Büro. Von dort hörte man nichts. Taut war ins Zimmer gegangen, der Gerichtsarzt folgte ihm. Dann die Kriminaltechniker. Alle trugen Plastikhandschuhe.
    Stachelmann fiel ein, er könnte aufstehen. Aber als er es versuchte, gehorchten ihm die Beine nicht. Eine junge Frau in Weiß erschien, kniete vor ihm, setzte einen Koffer ab, nahm seine Hand und legte Zeige- und Mittelfinger aufs Handgelenk. Dann öffnete sie den Koffer, holte ein Päckchen heraus, riss es auf und rieb mit dem Papier in Stachelmanns Armbeuge. Es roch scharf. Dann entnahm sie dem Koffer eine Spritze, brach eine Ampulle auf, füllte die Spritze, drückte ein paar Tropfen aus der Nadel und stach die Nadel in die Vene. »Gleich geht es Ihnen besser«, sagte sie. »Das stabilisiert.«
    Stachelmann hörte es kaum, sie hätte alles mit ihm machen können. »Gibt es hier ein Zimmer, wo Sie sich hinlegen können?«
    Stachelmann schüttelte den Kopf.
    Die Ärztin telefonierte mit ihrem Handy.
    Ein Mann, unrasiert, erschien mit einem Fotoapparat und wollte ins Zimmer, er drängelte. Aber er wurde von Uniformierten festgehalten. Ein Polizist sagte zu dem Mann: »Seien Sie froh, dass wir Sie daran hindern.«
    Woran?, fragte sich Stachelmann. Woran hindern sie wen?
    »Immer diese Aasgeier«, sagte ein anderer Polizist, nachdem zwei Kollegen den Unrasierten zum Aufzug geführt hatten.
    Zwei Männer mit einer Trage auf Rädern erschienen. Der eine tuschelte mit der Ärztin, dann hoben sie Stachelmann auf die Trage und schoben sie zum Aufzug.

    Er erwachte in einem Bett. Seine Mutter schaute ihn an. Er schloss die Augen, öffnete sie wieder, aber er lag immer noch im Bett, und seine Mutter lächelte.
    »Wo bin ich?«
    »Im Eppendorfer Krankenhaus«, sagte die Mutter.
    »Und wie kommst du hierher?«
    »Anne hat es mir gesagt.«
    Warum hatte sie das getan?
    »Ich hatte zufällig bei ihr angerufen, wollte dich sprechen, und da hat sie es mir gesagt.«
    »Aber ich bin doch gar nicht krank.« Der Kopf schmerzte, als hätte er einen Kater.
    »Nein, du hast einen Schock. Und bis der Kreislauf stabil ist, wollen sie dich hierbehalten.«
    Ihm fiel wieder ein, was er gesehen hatte. Brigitte, mit aufgeschnittenem Hals, die Arme nach hinten gefesselt, den Kopf nach hinten gelehnt, unnatürlich, als ob der Mörder den brutalen Eindruck noch verstärken wollte.
    Ihm wurde wieder übel. Die Mutter griff nach einer Schüssel und hielt sie ihm hin. Er erbrach sich. Danach hatte er einen beißenden Geschmack im Mund. Er schloss die Augen.
    Es klopfte. Anne kam herein. »Ach, bist du endlich wach?« Der Ton war falsch, wie konnte sie so fröhlich sein? Sie wollte ihn aufmuntern, aber sie erreichte ihn nicht. Er war unten, tiefer ging es nicht. Etwas Schrecklicheres hatte er nie erlebt. Es war eine Demonstration für ihn, er sollte es sehen, und der Mörder hatte es so arrangiert, um Stachelmann zu schocken. Das erschreckte ihn genauso wie dieses furchtbare Bild. Er weinte und schloss die Augen. Die

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