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Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
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die Arbeitswelt zu finden.«
    »Ich könnte einen Job gebrauchen.« Lula zuckte zusammen. Sie hatte einen Job. Was war, wenn Savitra es Don erzählte, der es an Mister Stanley weitergab?
    »Ich verstehe, glauben Sie mir.« Savitra verzog ihr Gesicht in fröhlicher, verschwörerischer Zustimmung. Dann runzelte sie die Stirn und gab sich konzentriert. Lula hatte stets gelacht, wenn ihre Großmutter sie vor dem Stirnrunzeln warnte. Wieder einmal hatte ihre Großmutter recht gehabt. Savitra würde sich in Acht nehmen müssen.
    Savitra sagte: »Wenn ich eine Frau sehe, die aus einem Land kommt, aus dem … nun ja, nicht jedermann kommt, und wenn diese Person beide Sprachen fließend beherrscht, und wenn eine davon eine Sprache ist, die kaum jemand spricht, dann denke ich als Erstes an einen Job als Gerichtsdolmetscherin.«
    »Genial!« Carl blickte seine Frau bewundernd an.
    Lula sagte: »Wie viel Arbeit könnte es denn für eine albanische Übersetzerin geben?«
    »Sie wären überrascht«, sagte Savitra.
    »Mein Gott, ja«, sagte Carl. »Der Kokainhandel und der Heroinschmuggel und jetzt, wie ich gerade gelesen habe, auch noch organisierte Einbrecherbanden …« Er unterbrach sich mitten im Satz. Hatte er Lulas Heimatland beleidigt? »Hören Sie sich das an. Es tut mir leid. Das ist ja, als nehme man an, jeder Italiener hätte Verbindung zur Mafia …«
    »Keine Bange«, sagte Lula. »Jedenfalls, wenn unsere albanische Kriminalitätsrate bedeutet, dass es mehr Arbeit für Gerichtsdolmetscher gibt …« Sie lächelte, damit sie wussten, dass sie Spaß machte, und sie von ihrer mangelnden Überempfindlichkeit für ihr Heimatland entzückt sein würden.
    Savitras Frauengruppe traf sich abends. Als Lula erklärte, sie könne nicht fahren und nachts würden vermutlich keine Busse gehen, wurde ihr die Teilnahme erlassen. Ihr erschien es wenig glückverheißend, in einem Raum mit Frauen zu sitzen, deren Probleme schlimmer waren als ihre, wenngleich sie wusste, dass viele Amerikaner glaubten, durch so etwas würde sich das Glück vergrößern.
    Savitra versprach, Lula per E-Mail über die Stellung als Gerichtsdolmetscherin zu informieren. Lula schrieb ihre E-Mailadresse auf, als sei sie jemand, bei dem ständig Mails über Jobmöglichkeiten eingingen.
    Im Auto auf dem Heimweg sagte Zeke: »Angesichts der vielen Bands, die es gibt, wie hoch ist da die statistische Wahrscheinlichkeit, Leute zu finden, die auf genau dieselbe Musik stehen wie ich?«
    Hundert Prozent, dachte Lula. Hatte Bethany aus Harmonia nicht auch Zekes Lieblingsgruppe gemocht, oder es zumindest behauptet?
    Zeke sagte: »Was für ein Zufall ist das denn?«
    Lula sagte: »Wo wir schon von Zufällen reden … Ratet mal, wen ich getroffen habe? Erinnert ihr euch an diese Savitra, die Don an Thanksgiving mitgebracht hat? Sie hat einen Professor aus dem College geheiratet. Einen Philosophieprofessor.«
    »Ich habe Sie mit dem jungen Paar reden sehen«, sagte Mister Stanley. »Die Frau kam mir irgendwie bekannt vor, aber … schon verheiratet? Thanksgiving war doch erst vor sechs Wochen. Ich frage mich, warum Don es nicht erwähnt hat. Doch warum sollte er? Ihn beschäftigen wichtigere Dinge.«
    Lula meinte, eine schwache Befriedigung wahrzunehmen, vermutlich weil Mister Stanleys ebenfalls alleinerziehender Kumpel seine Freundin an einen altersmäßig besser passenden Mann verloren hatte.
    Mister Stanley sagte: »Ich bin froh, dass du ein paar nette Leute kennengelernt hast, Zeke. Aber die gleichen Bands zu mögen, ist kein Grund, aufs College zu gehen.«
    Zeke sagte: »Ist es schon, wenn es das einzige College ist, das mich angenommen hat. Und wann hab ich gesagt, dass die anderen nett sind?«
    »Du hast dir das College ausgesucht«, sagte Mister Stanley. »Wir haben es uns zusammen ausgesucht.«
    »Ist ja schon gut!«, brüllte Zeke. »Mir gefällt es! Jetzt lass mich bitte in Ruhe!«
    »Weißt du«, sagte Mister Stanley, »das Komische ist, dass es architektonisch ein wenig an das Gebäude erinnert, in dem deine Mutter momentan untergebracht ist.«
    »Na toll«, sagte Zeke. »Mein College sieht aus wie eine Klapsmühle.«
    »Ein Behandlungszentrum«, sagte Mister Stanley. »Und ich spreche von den Gebäuden, nicht davon, was drinnen vorgeht.«
    Lula stellte sich einen Studenten vor, der unter dem Rückstoß des Gewehrs torkelte, und eine andere Studentin, die sich die Stirn hielt, während ihr Blut zwischen den Fingern hervorquoll. Der Blitz schlägt nie zweimal am

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