Luegen auf Albanisch
über die Natur, und Dad hielt mir einen Vortrag voll faszinierender Fakten, die er auf dem College in Geologie gelernt hatte, und Mom sah aus, als wollte sie ihn umbringen. Dann habe ich Fotos von Dad und Mom vor einem der Naturwunder gemacht, und mein Dad hat Fotos von Mom und mir gemacht. Dann stiegen wir wieder ins Auto und fuhren fünfzehn Stunden bis zum nächsten Nationalpark.«
»Das war dein schlimmster Sommer?«, fragte Lula. »Überall auf der Welt werden Kinder entführt und als Kindersoldaten eingesetzt. Oder werden in Munitionsfabriken in die Luft gesprengt. Ich wette, wenn Don Settebello nach Guantánamo kommt, wird er dort auf Kinder – Gefangene! – treffen, die nicht viel älter sind als du.«
Zeke sagte: »Don sollte zu Hause bleiben und sich um Abigail kümmern. Versuchst du, mir Schuldgefühle zu machen, oder was?«
Lula sagte: »Okay. Tut mir leid wegen das Vortrags. Ist das also der Grund, warum deine Mom gegangen ist? Langeweile?«
Seit Lula hier war, hatte sie Zeke nie direkt nach dem Verschwinden seiner Mutter gefragt, und er hatte das Thema nie von sich aus angeschnitten. Was nicht hieß, dass es sie kalt ließ oder sie nicht neugierig war, nur befürchtete sie, Zeke würde sie hassen, nachdem er es ihr erzählt hatte. Männer waren so, selbst die jungen. Ihr erster Freund in Tirana hatte ihr erzählt, sein Onkel sei gern zu ihm ins Bett gekrochen und hätte ihn befummelt, und am nächsten Abend hatte er mit ihr Schluss gemacht. Ein weiterer Typ, mit dem sie praktisch verlobt gewesen war, hatte ihr erzählt, er habe in der Kirche geklaut, als er Ministrant war, und dann hatte auch er sie verlassen.
»Ich wünschte, es wäre so«, sagte Zeke. »Zu behaupten, man langweile sich in diesem Haus, ist dasselbe, als sagte man, die Sonne gehe im Osten auf. Sie geht im Osten auf, ja?«
Lula fiel ein Theaterstück ein, das sie in der Oberschule aufgeführt hatten, über heldenhafte Chinesen, die alle zusammenarbeiteten, um ihr Volk zu ernähren. Sie hatte die Frau eines Reisbauern gespielt, und am Ende hatten sie alle ein chinesisches, ins Albanische übersetztes Lied über den Sonnenaufgang gesungen.
»War nur ein Witz«, sagte Zeke. »Das mit der Sonne. Meine Mom ist irgendwie gaga geworden. Eines Tages, als ich mit dem Schulbus nach Haus fuhr, sah ich sie an der Ecke stehen. So wie die guckte, dachte ich, sie wäre gekommen, um mir zu sagen, Dad sei tot. Sie sagte, sie müsse mich etwas ganz Persönliches fragen. Sie sagte: ›Zeke, tu so, als wäre ich eine Fremde, und du wärst auf dem Heimweg und würdest mich sehen. Wie sehe ich aus?‹«
»Und wie sah sie aus?«, fragte Lula.
»Wie eine Pennerin«, sagte Zeke. »Aber das konnte ich ihr nicht sagen.«
»Guter Junge«, sagte Lula. »Kluger Junge.«
Zeke fragte: »He, trägst du Make-up?«
»Nicht so richtig«, antwortete Lula. »Erzähl weiter.«
»Danach bekam sie einen Sauberkeitsfimmel. Innerhalb eines Jahres hat sie zwei Waschmaschinen klein gekriegt. Da auf beiden noch Garantie war, hat man uns neue geliefert. Ich musste meine T-Shirts verstecken. Sie hat sie alle zu Puppenkleidern einlaufen lassen. Von Estrelia hat sie verlangt, dass sie Plüschpantoffeln trägt, wenn sie das Haus putzt.«
»Arme Estrelia«, sagte Lula.
»Armer Zeke«, sagte Zeke. »Armer Dad.«
»Ihr Armen«, sagte Lula. Kein Wunder, dass Mister Stanley sie eingestellt hatte. Sie hatten Glück gehabt, jemanden zu bekommen, der seine Sinne beisammenhat.
»Staub und Schmutz und Verunreinigung waren alles, worüber meine Mom noch redete. Ihr Gesicht verzerrte sich dann …« Zeke versuchte es nachzuahmen. Er kam nicht weiter, als die Zähne zusammenzubeißen und die Augen schmal zu machen, bis ihn ein Schauder überlief und seine Gesichtszüge wieder lockerer wurden.
»In Albanien würde es ihr nicht gefallen«, sagte Lula, nur um irgendwas zu sagen. »Dort betrachten sie einen klaren Bergbach oder den Randstreifen einer Landstraße als Müllhalde.«
»Hier nicht«, sagte Zeke. »Hier musst du ein Unternehmen sein, um mit so was durchzukommen. Jedenfalls, meine Mom verließ irgendwann das Haus nicht mehr, außer für die Treffen dieser Selbsthilfegruppe im Untergeschoss der lutheranischen Kirche. So ein Zwölf-Schritte-Ökofreak-Scheiß. Da fing sie an, davon zu reden, ihren Weg zurück zur Sauberkeit zu finden.«
»Hat dein Dad sie nicht zum Arzt geschickt?«
»Hat er. Sie hasste den Kerl. Er hat ihr Medikamente verschrieben, die sie nicht genommen
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