Luegen auf Albanisch
angeschaltet gelassen hatte. Sie achtete immer darauf, ihn auszuschalten, vor allem wenn es regnete. Vielen ihrer Freunde daheim hatten Blitzschläge die Festplatte verbruzelt.
Offenbar verlor sie den Verstand. Sie hatte die Schöne-der-Erde Datei offen gelassen. Der Cursor blinkte am Ende des Textes. Lula las den letzten Absatz durch.
Der Vetter meines Urgroßvaters brachte der Schünen der Erde die hübschen roten Trauben, aber sie waren vergiftet. Sie wurde krank und starb fast, während er die Welt nach Hilfe absuchte. Schließlich fand er einen Hailer in den Bergen, der sagte, gib ihr grüne Trauben. Darauf wäre der Mann nie gekommen, weil die roten Trauben genug Unheil angerichtet hatten. Aber er tat, was der Hailer ihm gesagt hatte, und die Schüne der Erde wurde wieder gesund und verliebte sich in ihn, und sie heirateten und hatten fünfzehn Kinder und lebten glücklich bis an ihr Lebensende, und sie beschwerte sich nie darüber, dass er bis ins hohe Alte junge Geliebte hatte.
Lula hatte das nicht geschrieben. Sie wusste, wie man Schöne und Heiler buchstabierte. In ihrer Geschichte ging es nicht darum, ein Mädchen zu vergiften und dann zu heilen, um es sich gefügig zu machen. Fünfzehn Kinder? Eine Ehefrau, der es nichts ausmachte, dass der alte Knacker junge Freundinnen hatte? Welches kranke Chauvischwein hatte das geschrieben? Ein Chauvischwein, das nicht buchstabieren konnte.
Oder vielleicht wollte jemand sie glauben lassen, sie hätte den Verstand verloren. Dunia und Lula hatten sich auf dem Fernseher des weißrussischen Models einen alten Schwarz-Weiß-Film über einen bösen Ehemann angeschaut, der seine Frau davon überzeugt hatte, sie sei verrückt geworden, damit er sie ins Irrenhaus sperren und ihr ganzes Geld einkassieren konnte. Aber Lula hatte ihre Sinne noch so weit beisammen, um zu kapieren, dass jemand hier gesessen, ihr Geschreibsel gelesen und die Geschichte für sie beendet hatte.
Das war mehr als gruselig! Wäre Lula eher nach Hause gekommen, wäre der Stuhl vom Hintern ihres selbsternannten Ghostwriters vielleicht noch warm gewesen. Hektisch suchte sie das Haus nach Anzeichen eines Eindringlings ab. Nichts war verändert worden. Sie sollte zur Bücherei zurückrennen und Schutz bei Mrs. Beller suchen. Aber was würde passieren, wenn Zeke heimkam und der Eindringling noch da war? Lula sollte den Notruf wählen und der Polizei erzählen, dass jemand ins Haus eingebrochen war, um auf ihrem Computer Belletristisches zu verfassen. Sie hätte gerne gehört, wie das abgelaufen wäre. Davon abgesehen, rief kein anständiger Albaner die Bullen zu Hilfe, aus welchem Grund auch immer.
Lula durchsuchte das Haus erneut. Sie ging sogar in den Keller, vor dem ihr selbst in besten Zeiten grauste. Wirklich, sie konnte von Glück sagen, dass sie nicht an Geister glaubte. Als Franco, der Kellner-Bildhauer, sie mit in sein Loft nahm, hatte er ihr eine Geschichte über Engel erzählt, die die Arbeit eines Künstlers vollendeten, wenn er fort war. Franco musste daran geglaubt haben, dass Geister an seinen schäbigen Skulpturen arbeiteten, rostige Bettfedern zu außerirdischen Wesen verbogen, während er woanders rote Bohnen mit Reis servierte. So was erzählten die Kerle, wenn sie dich ins Bett kriegen wollten. Konnte Franco sie aufgespürt und das hier gemacht haben? Franco war dankbar gewesen, dass sie nie diese einzige betrunkene Nacht mit unbeholfenem Sex erwähnt hatte.
Und wenn sich Lula nun irgendwelche Notizen gemacht und vergessen hatte, so unausgegorene Notizen, dass sie die Rechtschreibung nicht mal korrigiert hatte? Daran hätte sie sich erinnert. Sie musste logisch vorgehen, die Fakten betrachten, ihr eigener Detektiv sein.
Es musste ein Albaner sein, der von der Schönen der Erde wusste. Es war Alvo. Er musste es sein.
Vielleicht war Alvos Schluss doch gar nicht so schlecht. Leser könnten den sexgeilen albanischen Knacker mit den fünfzehn Kindern und dem Harem vorziehen. Und was wurde aus der Schönen der Erde? Haare im Gesicht, hängende Titten. Die meisten würden finden, sie hätte bekommen, was sie verdiente, weil sie ihren Liebsten hatte leiden lassen.
Lula verbesserte Rechtschreibung und Stil, druckte die Geschichte aus und fragte an dem Abend Mister Stanley, ob es ihm was ausmachen würde, sich etwas anzuschauen, das sie geschrieben hatte. Von der anderen Seite der Küche sah sie ihm beim Lesen zu. Als er bei der letzten Seite angelangt war, sagte er: »Das ist
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