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Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
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leicht und sogar unterhaltsam war, sie zum Narren zu halten.
    Oje. Jetzt kam der Teil, in dem der Junge die Kappe fand, die ihn unsichtbar machte. Das würde Lula auslassen müssen, wenn ihre Geschichte glaubhaft sein sollte. Dasselbe galt für die Flasche, aus der sich Flaschengeister kringelten und die Schöne der Erde im Auftrag unseres Helden bedrohten, Flaschengeister, die sie unter ihre Kontrolle brachte und gegen ihn einsetzte. Lula stellte sich vor, dass die Schöne der Erde wie Angelina Jolie aussah. Lula verwandelte die Flaschengeister in Gangster, die von der Schönen der Erde verführt wurden, beendete die Szene aber, bevor es zum Gruppensex kam.
    Aber das Märchen hatte noch eine letzte Wendung. Der Held findet verzauberte Trauben, rote und grüne. Die roten lassen Hörner im Gesicht der Schönen der Erde wachsen. Die grünen lassen die Hörner wieder abfallen. Schönheitschirurgie mittels Zauberei. Also zerstört der Prinz das Aussehen seiner Geliebten mit den roten Trauben, und die grünen Trauben verwandeln sie wieder in die Schöne der Erde. Woraufhin sie so dankbar ist, dass sie ihn heiratet, obwohl er derjenige war, der ihr das Gesicht verhunzte. Aber dann hat er es repariert. Und er liebt sie.
    Sie schrieb: Der Halbbruder meines Großvaters fand ein paar Trauben . Kein Wunder, dass zwischen albanischen Männern und Frauen so viel Bitterkeit bestand. Das war die albanische Version von Aschenputtel. Was machst du, wenn ein Mädchen dich nicht leiden kann? Du schüttest ihr Säure ins Gesicht und bezahlst dann für die Schönheits-OP. Wenn man dem Märchen Glauben schenkte, hatte die Schöne der Erde es verdient, weil sie dem Typen für einen Blick auf ihre Hand das Geld aus der Tasche gezogen hatte. Aber so waren Frauen! Das war der Grund, warum man seine Geliebte zu einem teuren Essen ausführte und sich dann weigerte, für den Zahnarzt seiner Ehefrau zu bezahlen, bis ihr alle Zähne ausfielen. Wenn man immer noch Geld übrig hatte, ließ man sich von ihr scheiden und suchte sich eine jüngere Frau mit einem vollständigen Gebiss.
    Lula löschte die letzte Zeile. Dann tippte sie die Zeile erneut. »Der Halbbruder meines Großvaters fand ein paar Trauben.«
    Sie speicherte die Datei unter »Schöne der Erde« und fuhr Zekes Computer runter. Sie zog drei Pullover und ihren Mantel an, schnappte sich einen Schirm und verließ das Haus.
    In der Bücherei war niemand außer der netten Mrs. Beller, die sich Lula gleich am Anfang vorgestellt hatte und immer persönlich enttäuscht zu sein schien, dass Lula die für einen Leihausweis benötigten Papiere nicht vorlegen konnte. War Mrs. Bellers Zittern heute stärker, oder schüttelte sie wegen schlechter Nachrichten auf dem Computer den Kopf? Sie grüßte Lula nicht. Hatte Lula sie irgendwie verärgert? Konnte die Bibliothekarin ein schreckliches Geheimnis über sie aufgedeckt haben?
    Lula trat an den Zeitschriftenständer und hatte sich gleich darauf in einen Artikel über eine Texas-Dynastie vertieft, die sich buchstäblich und im übertragenen Sinne generationenlang gegenseitig aufs Kreuz gelegt hatte, wenn sie nicht gerade mit Autos gegen Bäume rasten oder vom Dach sprangen. Die Geschichte heiterte Lula auf. Das klang wie eine Familie, von der man auch in Albanien hätte hören können, wobei das mit dem Geld allerdings anders gewesen wäre, genau wie mit den Bäumen und Autos und Dächern. Eine Stunde verging, dann noch eine. Ohne das stille Willkommensein an diesem anspruchslosen Ort wäre Lula möglicherweise schon vor Langem aus Mister Stanleys Haus geflohen. Was vielleicht nicht schlecht gewesen wäre. Wer wusste, wo sie dann jetzt wäre, wie viel besser es ihr ginge, oder schlechter?
    Schließlich stand sie widerwillig auf und zog ihren Mantel an. Sie war erleichtert, als Mrs. Beller sagte: »Bis bald, Liebes. Werden Sie nicht nass.«
    Auf dem Heimweg kam Lula an einem durchnässten Terrier vorbei, der die Veranda seines Besitzers bewachte. Hier der hässliche Hund, da die Schöne der Erde. Und wenn nun die Zauberfrucht dir keine Hörner wachsen ließ, sondern nur ein glaubwürdigeres, weniger entstellendes Problem auslöste? Schlechte Laune. Bipolare Depression. Das magische Grüntrauben-Heilmittel könnte aus der uralten Volksheilkunde stammen, was Don und Mister Stanley begeistern würde.
    Zu Hause warf Lula ihre nassen Sachen in den Wäscheraum und ging hinauf an ihren Schreibtisch, auf dem sie, wie sie erstaunt feststellte, Zekes Laptop

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