Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francine Prosse
Vom Netzwerk:
an Gott zurückgegeben oder an ein höheres Wesen, das diesen Fisch erschaffen hatte, so wie er sich da, perfekt pochiert, in buttrigen Lagen auffächerte. Sie lächelte Don an. »Möchten Sie etwas davon?« Zu viel Großzügigkeit! So eine Bemerkung könnte Don dazu ermutigen, wieder ihre Hand zu ergreifen.
    »Nein, vielen Dank«, sagte Don. »Ich scheine auf einer Flüssigkeitsdiät zu sein. Nur zu, essen Sie auf. Ich werde Ihnen das Essen nicht verderben, das verspreche ich.«
    Don hielt Wort. Er wartete, bis Lula ihren Teller geleert hatte, und sagte dann: »Es ist schlimmer, als ich es mir vorgestellt hatte.«
    »Wie wär’s mit Kaffee?«, fragte Lula. Wortlos verbündete sie sich mit dem Kellner, genug Kaffee in Don hineinzubefördern, damit er Lula fragen konnte, wie er das Trinkgeld berechnen sollte – zwanzig Prozent –, bevor er die Kreditkartenabrechnung unterschrieb.
    »Trinken Sie«, ermutigte ihn Lula, während sie ihn mit Smalltalk über Zeke und Mister Stanley unterhielt – die bevorstehende College-Rundreise, Zekes Zwei plus in der Mathearbeit. Don trank seinen Kaffee vollständig aus. Vermutlich aus Langeweile, aber egal. Das Ziel war, ihn mit Koffein vollzupumpen.
    Während sie Don zur Kanzlei begleitete, funkelte Lula die wenigen Fußgänger an, die unhöflich genug waren, sie anzustarren. Einen über den Bürgersteig torkelnden Helden am Arm zu führen, war eine Ehre.
    Den Aufzug würde Don allein schaffen. Sie gaben sich die Hand, setzten dann zu einer unbeholfenen Umarmung an. Lula fuhr mit den Bussen zurück nach New Jersey.
    Sie beschloss, das Essen nicht zu erwähnen. Aber am Abend fragte Mister Stanley als Erstes: »Und wie war der Lunch mit Don?«
    »Er wirkte ein bisschen … traurig«, sagte Lula. »Er hat nicht viel gegessen.«
    »Hat er getrunken?«, fragte Mister Stanley.
    »Nur Wein«, sagte Lula.
    »Ich fand das auch«, sagte Mister Stanley. »Ich meine, dass er traurig wirkt. Tja, großer Gott, Lula, wer ist nicht traurig über den Zustand unseres Landes? Heute Abend auf der Heimfahrt habe ich im Radio gehört, dass vierzigtausend Menschen in Obdachlosenunterkünften wohnen. Und das allein in New York City! Ich mache mir Sorgen um Ginger. Ich möchte nicht, dass sie leidet. Zum Glück zieht sie die Gesellschaft von Doofköppen in Navajo-Schwitzhütten der Gesellschaft verlauster Säufer mit Delirium tremens vor.«
    »Das tut sie bestimmt«, sagte Lula. »Und es geht ihr sicherlich gut.« Sie trat an die Spüle und beschäftigte sich angelegentlich damit, eine Gabel abzuwaschen, die Zeke dort hatte liegen lassen.
    »Worüber wollte Don denn mit Ihnen reden?«, fragte Mister Stanley.
    »Über meine Geschichte«, antwortete Lula.
    »Mir hat er gesagt, sie habe ihm gut gefallen.«
    »Hat sie. Aber bei der nächsten werde ich erst mal abwarten, bevor ich sie jemandem zu lesen gebe.«
    »Wir wollten Sie nicht unter Druck setzen«, sagte Mister Stanley. »Ich hoffe, Don hat Sie nicht verärgert … Er steht unter großem Stress.«
    »Don ist ein Held«, sagte Lula.
    »Das ist er«, sagte Mister Stanley.

6
    ______
    Gerade als Lula die Hoffnung aufgegeben hatte, die Albaner je wiederzusehen, tauchte Alvo auf. Um seine Hand war eine Mullbinde gewickelt, und er zuckte zusammen, als er die Eingangstür hinter sich schloss. Sein Zusammenzucken und der weiße Verband wirkten irgendwie sexy. Als Lula ihn fragte, erklärte er, sich an einem abgebrochenen Sägeblatt geschnitten zu haben. Im Baugewerbe müsse man jederzeit mit Unfällen rechnen. Er sagte: »Die Berufsunfallversicherung findet es prima, dass keiner mehr legal arbeitet, weil so niemand Ansprüche geltend macht.«
    »Ich wusste gar nicht, dass es hier Berufsversicherungen gibt«, sagte Lula.
    »Früher schon«, meinte Alvo.
    »Kaffee?«, fragte Lula. Es war Mittag. Sie hatte den Augenblick hinausgezögert, ein Sandwich mit dem letzten Rest von Omas roter Paprikapaste zu machen und sich einzugestehen, dass es der Höhepunkt des Tages wäre. Sie sollte Alvo etwas zu essen anbieten. Zekes übrig gebliebene Pizza? Sie könnte ein Omelett machen.
    Alvo sagte: »Ich war gerade in der Gegend. Wollen wir irgendwo zum Essen gehen?«
    »Muss ich mich umziehen?« Sie hatte nicht beabsichtigt, sich von Kopf bis Fuß mustern zu lassen. Warum hatte sie aufgehört, sich hübsch anzuziehen und zu schminken? Weil sie keine Geduld hatte.
    »Jeans sind okay«, sagte Alvo.
    Sie hatte erwartet, dass Kapuzenshirt und Ledermantel im Lexus warteten. Aber

Weitere Kostenlose Bücher