Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)
gesprochen – als um den Vorsatz als solches. Sie umarmten mich und klopften mir auf die Schulter, als wäre ich gerade von einer langen, langen Reise nach Hause zurückgekehrt.
»Ich freu mich so für dich«, sagte Vivi. »Ich habe mir schon so oft gedacht, wie fantastisch du mit zehn, zwanzig Kilo weniger auf den Rippen wohl aussehen würdest.«
»Mein Winterspeck muss auch runter«, sagte Sonja und klopfte sich auf den flachen Bauch. »Wie hoch ist dein BMI? Meiner liegt wieder bei vierundzwanzig, und das ist eine Katastrophe. Aber die Windpocken habe ich eben nur mit Chips und Rotwein überlebt. Also, wie hoch ist deiner?«
Hä?
»Body-Mass-Index«, sagte Sonja. »Fünfundzwanzig und mehr bedeutet, dass man abnehmen muss.«
»Hanna weiß nicht, wie viel sie wiegt«, sagte Carla. »Aber das ist ja am Anfang auch ganz unerheblich.«
»Find ich auch«, sagte Vivi. »Mein Body-Mass-Index ist übrigens okay, aber dafür ist mein Körperfettanteil viel zu hoch. Wir machen einfach alle zusammen eine Diät, ja? Gemeinsam macht das doch viel mehr Spaß.« Sie strahlte so glücklich wie schon lange nicht mehr. »Und ich weiß auch schon, was wir dir zum Geburtstag schenken. Eine Waage!«
»Mit Körperfettanzeige und Sprechfunktion«, sagte Carla.
Ich war froh, dass ich erst im Oktober Geburtstag hatte. Eine Waage, die mir sagte, wie fett ich war, hatte mir in meinem Badezimmer gerade noch gefehlt.
Der Kellner kam, und Sonja sagte aufgekratzt: »Wir werden heute alle statt Pizza oder Pasta einen Salat bestellen, nicht wahr Mädels? Und Wasser statt Wein. Also viermal den großen gemischten Salat, aber das Dressing bitte extra, ja?«
»Selbstverständlich werden wir Hanna unterstützen, wo wir können«, sagte Carla, als der Kellner wieder gegangen war. »Deshalb habe ich euch ja hierher gebeten. Ich habe mich zu ihrem Abnehmscout ernannt, und ihr seid meine Assistenten. Wir alle müssen mit unserer Erfahrung dafür sorgen, dass Hanna gesund, aber schnell abnimmt.« Sie zückte einen Stapel Karteikarten. »Schließlich wird dieser Boris nicht ewig warten, und wenn es zu lange dauert, schnappt ihn sich vielleicht noch eine andere direkt vor unserer Nase weg. Das wäre fatal, denkt an das Testergebnis. Auf diesen Karteikarten hier werden alle Tipps notiert, die Hanna helfen können, die üblichen Fehler zu vermeiden und durchzuhalten. Sie kann die Karten immer in der Handtasche mit sich tragen und herausnehmen, wenn Gefahr besteht, schwach zu werden.«
»Dann notier als Erstes mal meinen absoluten Geheimtipp«, sagte Vivi. »Morgens auf nüchternen Magen ein Glas Leitungswasser, lauwarm, mit einem Schuss Apfelessig. Regt den Fettstoffwechsel an.«
Carla schrieb eifrig.
»Und vor jeder Mahlzeit ein Glas Wasser mit Zitronensaft«, sagte Sonja. »Das macht satt, und das Vitamin C unterstützt die Verdauung.«
Carla schrieb es auf die nächste Karteikarte. »Und Tipp Nummer drei kommt von mir und ist schon von meiner Großmutter: Jeden Bissen mindestens dreißigmal kauen.«
Ich räusperte mich. »Wartet doch mal. Ich dachte, ich esse einfach weniger. Weniger Süßigkeiten, weniger Pizza, weniger Sahnesoßen, weniger Butter aufs Brot. Diäten sind doch völlig überholt.«
»Wie naiv du bist«, rief Sonja aus.
»Damit allein ist es nicht getan, Hanna«, meinte Vivi. »Wenn du wirklich gesund abnehmen willst, musst du den Industriezucker komplett aus deinem Speiseplan streichen.«
»Und Alkohol natürlich auch und alle Lebensmittel mit gesättigten Fettsäuren«, ergänzte Sonja. »Wenn du Literatur zum Thema brauchst, ich hab alle Bücher, die jemals zu diesem Thema geschrieben wurden. Endlich Wunschgewicht, ich esse um abzunehmen, Nichtesser in drei Tagen« – ab hier geriet sie zunehmend in Luftnot – »mit Fasten zur Traumfigur, sohabich’sgeschafftmentalesschlankheitstrainingfitfür’slebenschlankseinwillgelerntsein.« Beifallheischend rang sie nach Luft.
»Äh, ich lese gerade Platons Gesamtwerk Band eins bis sechs«, murmelte ich. »Aber wenn ich das aus habe, komme ich gern auf dein Angebot zurück.«
Carla, Sonja und Vivi rückten ein wenig enger zusammen und neigten konspirativ die Köpfe.
»Was ist mit Markert?« fragte Vivi. »Nur für den Anfang?«
Markert? Wer war das, ein Schönheitschirurg?
»Nein, auf keinen Fall werden wir eine Pulverdiät machen«, sagte Carla streng. »Allerdings werden wir ab und an einen Eiweißdrink in den Speiseplan integrieren.«
»Und natürlich werden wir
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