Lügen haben hübsche Beine
Jemand hat ja offenbar schon einen Verdacht gegen dich gehabt, und es könnte sein, dass du jetzt in noch größerer Gefahr bist. Achte auf jede Kleinigkeit, bleib nirgends alleine und behalte deine Waffe in deiner Nähe.«
»Das ist leichter gesagt als getan, wie du wohl gesehen haben dürftest, bietet ein Bikini kaum große Möglichkeiten, einen Revolver zu verstecken«, sagte sie trocken.
»Jill, das ist kein Scherz. Es könnte wirklich brenzlig werden, irgendjemand dort scheint vor nichts zurückzuschrecken. Sei also äußerst vorsichtig.«
»Mache ich. Habt ihr sonst noch etwas herausgefunden?«
»Wir arbeiten mit Hochdruck daran. Vier der Mädchen haben wir bisher befragt, aber alle vier haben ausgesagt, dass sie weder zu Fotos genötigt wurden, noch irgendwelche Versprechungen gemacht bekamen. Es sei alles völlig in Ordnung gewesen. Die anderen haben wir bisher nicht aufgetrieben. Ruby Warner ist auf einer Studienreise in Südamerika. Emily Hutton ist wie vom Erdboden verschluckt, doch offenbar lebt sie noch, sie hat ja die Informationen an die Zeitung weitergegeben. Diese Grace Malloy ist in Urlaub, aber da haben wir jemanden hingeschickt, ich hoffe, dass wir bis morgen irgendetwas erfahren.«
»Und … Craig Peters?«, fragte sie zögernd.
»Er ist absolut sauber. Ein paar Strafzettel wegen überhöhter Geschwindigkeit, eine zwölf Jahre alte Anzeige wegen einer Schlägerei in einer Kneipe, sonst nichts.«
»Und diese Mail, die Dateien und alles andere – denkst du, das hat etwas mit dem Fall zu tun?«
»Schwer zu sagen, ausschließen würde ich es nicht. Aber warum fragst du ausgerechnet nach ihm?«
»Ach, kein besonderer Grund«, betonte sie hastig, »Ich wollte es nur wissen.«
»Jill, du wirst doch nicht etwa irgendein persönliches Interesse haben, oder?«
»Nein, natürlich nicht«, sagte sie energisch und wechselte rasch das Thema. »Okay, die sind jetzt gerade dabei zu besprechen, wie es weitergehen soll. Ich vermute, dass sie Mick morgen Abend nicht mit in die Sendung nehmen können, nicht nach der Schlagzeile. Das Publikum würde ihn steinigen. Allerdings weiß ich auch nicht, wo sie so schnell einen Ersatz hernehmen wollen. Vielleicht erfahre ich ja später Genaueres, dann melde ich mich auf jeden Fall nochmal bei dir.«
»In Ordnung, und ich gebe dir Bescheid, wenn sich bei uns etwas tut. Halt dein Handy griffbereit, und pass auf dich auf, bis dann.«
Jill verabschiedete sich und sank seltsam erleichtert auf die Couch. Es sah so aus, als hätte Craig nichts mit all diesen Dingen zu tun. Alles, was sie gesehen und gehört hatte, war vermutlich ganz harmlos. Doch restlos glücklich war sie nicht, immerhin gab es da noch Lindsay, und auch der Verdacht, dass er etwas mit Grace gehabt haben könnte, stand noch im Raum. Außerdem war sie nach wie vor überzeugt, dass sich ihre Wege morgen Abend nach der Sendung trennen würden.
»Ach Craig«, seufzte sie traurig, »Warum musste ausgerechnet heute diese Schlagzeile auftauchen? Ich hätte so gerne die letzten Stunden mit dir in Ruhe genossen.«
76
J ill nutzte die Gelegenheit, um sich saubere Sachen anzuziehen. Während sie sich umzog, klingelte ihr Handy. Sie sah die Nummer ihrer Mutter auf dem Display und nahm mit banger Vorahnung den Anruf entgegen. Wie erwartet war Alice Moore natürlich bereits über die Schlagzeile in der »Global Post« informiert und regte sich wahnsinnig darüber auf.
»Ich habe es die ganze Zeit gewusst, dieser fette Kerl hat einen so lüsternen und fiesen Blick, der war mir von Anfang an unheimlich«, legte sie sofort los. »Nicht auszudenken, dass du mit so einem Menschen so lange unter einem Dach leben musstest. Der hätte ja Gott-weiß-was mit dir anstellen können. Und ich wette, dass alle anderen da auch keinen Deut besser sind. Ich hoffe, es ist dir keiner zu nahe gekommen.«
»Nein Mom, mir hat niemand etwas getan«, versuchte Jill sie zu beschwichtigen, und fügte in Gedanken hinzu: »Zumindest nichts, was ich nicht wollte.«
»Ach Kind, ich bin so froh, dass diese ganze Sache morgen Abend zu Ende ist und du endlich wieder nach Hause kommst. Das ist doch keine Umgebung für dich, diese ganzen widerlichen und arroganten Typen dort. Wann bist du denn zurück? Ich könnte dir etwas zu essen machen.«
»Mom, es wird spät werden, du brauchst also nicht mit mir zu rechnen. Aber ich komme am Freitag oder spätestens am Samstag bei dir vorbei«, versprach Jill. »Dann nehmen wir uns ein bisschen Zeit füreinander, und
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