Lügen haben hübsche Beine
abzuwarten, um Walter anzurufen.
Es gelang ihr, sich halbwegs zu beherrschen und sich nichts von ihrem Zorn anmerken zu lassen. Sie setzte ein unbeteiligtes Gesicht auf und folgte Harriet in die Garderobe.
Während Ewan sie schminkte, musste sie an Craig denken.
Craig. Also doch. Ein dumpfer Schmerz bohrte sich durch sie hindurch. Noch vor ein paar Stunden hätte sie ihre Hand für ihn ins Feuer gelegt, hätte geschworen, dass er nichts von alledem wusste. Aber nun hatte sie es selbst gehört.
»Er hat mich der Hand«, hatte Harriet gesagt, und blitzartig wurde Jill jetzt auch klar, warum es ihm immer so mühelos gelungen war, sich für Jill einzusetzen.
Plötzlich passte alles zusammen, die seltsame Mail, in welcher von »Bildern« die Rede gewesen war, das merkwürdige Telefonat, welches sie belauscht hatte.
»Ich muss vorsichtig sein, und mir läuft die Zeit davon … Wenn es nicht klappt, packe ich meine Sachen und verschwinde …«
Er steckte mit den anderen unter einer Decke, und ob dieser Erkenntnis drehte sich Jill beinahe der Magen um.
Mühsam schob sie ihr Entsetzen beiseite, und versuchte, sich zu beruhigen. Sie musste jetzt einen kühlen Kopf bewahren, es durfte nichts schief gehen.
Als sie alle drei für die Sendung vorbereitet waren, und ihr erstes Outfit anhatten, entschuldigte Jill sich unter dem Vorwand, noch mal kurz auf die Toilette zu müssen.
Sie eilte zum Damen-WC, und nachdem sie sich vergewissert hatte, dass niemand in den Kabinen war, holte sie ihr Handy heraus und wählte mit fliegenden Fingern Walters Nummer.
»Verdammt«, fluchte sie, als das Besetztzeichen ertönte. Sie öffnete das Adressbuch, glücklicherweise hatte sie auch die Nummer von Tom Steward abgespeichert. Aber als die leisen Pieptöne der Nummernwahl verklungen waren, meldete sich nur die Mailbox.
»Das hätte ich mir ja denken können, die sitzen garantiert alle vor dem Fernseher«, stöhnte sie auf. Trotzdem hinterließ sie Tom eine kurze Nachricht, erklärte in ein paar Worten den Sachverhalt und bat ihn, sich mit Walter in Verbindung zu setzen.
Danach überlegte sie, ob sie die Einsatzzentrale anrufen sollte, doch sie hatte keine Ahnung, ob Walter damit einverstanden sein würde. Solange keine Gefahr im Verzug war, konnte sie nicht so ohne Weiteres einfach ein Einsatzkommando hierher ordern.
Die Tür ging auf und Mandy steckte den Kopf herein. »Jill, wo bleibst du denn? Es geht los«, sprudelte sie hektisch heraus und zerrte Jill am Arm aus dem Waschraum.
Wenig später befand Jill sich zusammen mit Cloe und Mandy auf der Bühne. Sie absolvierten jede einzeln eine Runde auf dem Laufsteg, liefen danach noch einmal gemeinsam auf und ab.
Während Harriet eine etwas längere Ansprache hielt, schaute Jill zum Jurypult. Links, auf Micks Platz, saß Lindsay. Sie sah wieder wunderschön und sehr elegant aus, und Jill presste die Lippen aufeinander. Dann warf sie einen Blick auf Craig, der wie gewohnt auf der rechten Seite saß.
Anlässlich des Finales trug er einen dunklen Anzug und die Krawatte, die er extra für Las Vegas gekauft hatte. Ihr Hals schnürte sich zusammen, als sie ihn betrachtete. Noch immer konnte sie kaum fassen, dass sich hinter diesem Lächeln, welches sie so sehr liebte, so ein skrupelloser Mensch verbarg.
Hastig wandte sie den Kopf ab, sie durfte jetzt nicht darüber nachdenken, sonst würde sie hier vor allen Leuten in Tränen ausbrechen.
Harriet war fertig mit ihrem Vortrag und schickte sie wieder hinter die Bühne.
Rasch zogen sie sich um, und während sie auf ihren nächsten Einsatz warteten, ging Jill ein paar Schritte abseits und versuchte erneut, Walter zu erreichen.
Als er sich meldete, atmete sie erleichtert auf. Hektisch berichtete sie ihm, was sie zufällig mit angehört hatte, und dass es so aussah, als wollten sich alle nach der Sendung absetzen.
»Okay Jill, ich habe verstanden. Sie dürfen unter keinen Umständen das Gebäude verlassen. Ich trommle die Jungs zusammen und komme mit ihnen so schnell wie möglich zu dir. Wir warten noch das Ende der Show ab und schlagen dann zu.«
»Ihr müsst euch beeilen, es wird sehr knapp werden«, gab Jill zu bedenken.
»Ich weiß, wenn wir es nicht schaffen, musst du dir etwas einfallen lassen. Halt sie irgendwie auf.«
»Woher weiß ich, dass ihr da seid?«, fragte sie nervös. »Wenn ich da draußen vor den Kameras bin, kriege ich nicht mit, was sich hinter den Kulissen tut.«
»Ich werde mich irgendwo im Saal postieren, so, dass du mich sehen
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