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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Marie Käfer
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und Handtücher muss jeder selber mitbringen. Ich sorge für Geschirr, Heiner hat einen mittelgroßen Grill; wenn du Grillkohle besorgen könntest? Simone kauft Ketchup und Co., den Rest können wir vor Ort einkaufen.«
    Ich nicke begeistert. Da ich keine Mails beantworten muss, mache ich mich daran, eine Einkaufsliste zu schreiben. Bruni arbeitet wirklich , darum störe ich sie lieber nicht, sondern konzentriere mich auf meine Arbeit. In Gedanken gehe ich meinen Badezimmerschrank durch. Zahnpasta könnte ich brauchen, Shampoo ebenfalls. Hm, Duschgel habe ich genug … aber Sonnenmilch muss unbedingt in den Einkaufswagen. Das wird sofort notiert. Ich streife die Schuhe ab und spiele unter dem Schreibtisch mit meinen Zehen. Dabei fällt mir noch Nagellack ein. Rot muss er sein. Knallrot. Bruni verschwindet zum Kopierer; Paul kann mich sehen, er winkt mir fröhlich zu, ich winke noch fröhlicher zurück. Er scheint sich auf das gemeinsame Wochenende mit seinem Bert zu freuen. Bert dreht sich um, dasselbe Spiel. Er winkt, ich winke; dabei komme ich mir vor wie einer der Teletubbies.
    Neidlos muss ich gestehen, dass Geigenpaul einen guten Geschmack hat; Bert ist ebenfalls sehr attraktiv.
    Es ist unverständlich, warum die beiden so einen Hehl aus ihrer Zuneigung machen. Meine Mutter hat recht, die Zeiten, sich nicht zu outen, sollten eigentlich der Vergangenheit angehören. In fremder Menschen Angelegenheiten darf man sich nicht einmischen, darum ist es mir schnuppe, ob die nach ihrem Ableben in einer Gruft oder in Einzelgräbern liegen.
    Wie überzeugend mein ›Geliebter‹ gestern Abend seine Rolle spielte. Der soll sich bloß nicht mehr aufregen, wenn ich einen Lügenteppich webe. Paul steht mir in nichts nach. Der könnte einem persischen Teppichhändler Konkurrenz machen.
    Hm, ein neuer Bikini könnte auch nicht schaden. Weil es ein schöner Bikini sein soll, erweitere ich langsam, aber in gestochener Schönschrift meine Einkaufsliste. B-i-k-i-n-i. In letzter Sekunde merke ich, dass Vivi naht. Mit einem geübten Zeigefingerpush verschwindet mein Zettel unter die PC-Tastatur. Sie beachtet mich jedoch nicht, sondern stolziert geradewegs in Geigenpauls Büro. Ich muss lachen; Bert bricht sich beim Aufstehen fast die Beine, galant überlässt er Vivi den Sessel.
    »Schau mal, Bruni. ›Bert-Bambi‹ benimmt sich wie ein Platzhirsch.«
    Bruni schielt unauffällig durch die Glastür. »So wie der balzt, schätze ich mal, 60 zu 40.«
    Sie sieht mir an, dass ich ihr Zahlenspiel nicht verstehe. Sie erläutert:
    »Sechzig Prozent Hetero, vierzig Prozent Schwuppe.« Sie plumpst mit einem Schade-aber-auch-Seufzer auf den Stuhl und versperrt mir die Sicht.
    »Mensch, Bruni, rück mal ein Stück rüber, ich kann nichts mehr sehen.«
    Sie stöhnt auf. »Du spinnst, Karo. Ständig dirigierst du mich hin und her. Ich bin keine Holzfigur und stehe auch nicht auf einem karierten Brett.«
    Dennoch rutscht sie zur Seite.
    »Obacht. Sie kommen. Rutsch wieder zurück.« Erneut quietschen die Rollen, Bruni flucht.
    Vivi erklärt knapp, dass sie außer Haus gehe und heute nicht mehr ins Büro zurückkomme. Sie kramt ihre Sachen zusammen, mit einem freundlichen Gruß ist sie weg. Als Nächstes steuert Bert auf uns zu. Er stützt die Hände auf den Schreibtisch und schenkt uns ein breites Lachen.
    »Alles gut, Karo?«
    »Danke der Nachfrage, Bert. Wie sagt man so schön? Gut, guter, am gutesten. Letzteres trifft auf meine Stimmung zu.«
    Bert schaut verdutzt, er überlegt. Hinter seiner Stirn arbeitet es sprachwissenschaftlich. Paul, der plötzlich wie aus dem Nichts hinter Bert auftaucht, kommentiert grinsend meine Steigerungsform.
    »Ich esse gerne Gemüse, aber Möhren schmecken mir am gutesten.«
    Im Geiste sehe ich Conny vor mir stehen, die auch ständig spöttelt, um zu provozieren. Wütend schnelle ich hoch und baue mich barfuß vor Geiger auf.
    »Das war ein Scherz. Ein Witz. Ich bin doch nicht doof. Die Komparation des Wortes gut lautet besser … am besten . Ich habe zwar Bildungslücken, die sind aber so verschwindend gering, dass sie nicht der Rede wert sind. Also, favete linguis!«
    Paul nickt anerkennend. »Soweit habe ich alles verstanden, nach Letzteren werde ich googeln müssen. In Latein war ich eine Niete.«
    »Hütet eure Zungen«, zische ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.
    Mein Einschüchterungsversuch ist kläglich gescheitert; Paul verabschiedet sich heiter statt gefrustet. Bert nickt uns lediglich zu;

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