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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Marie Käfer
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Büro betrete. Aus sämtlich möglichen Winkeln beäugt sie mein entstelltes Gesicht. Dann legt sie, wie eine gelehrte Professorin, einen Finger auf die Lippen.
    »Das ist ein Zeichen, Karo, ein unmissverständliches Zeichen! Wir sollen Geigenpaul nicht mehr nachschnüffeln. Eine höhere Macht hat eine Weiche gestellt. Mir war ohnehin nicht sehr wohl zumute. Brrr, es war so dunkel, so unheimlich. Denk an deine Gesundheit. Nützt ja nichts, wenn du tot umfällst. So eine Allergie kann tödlich enden.« Sie schüttelt sich.
    Stur blickt sie auf den PC, ihre Finger trommeln auf der Tastatur.
    »Von wegen, Bruni! Der Abbruch der ›Aktion Geigenpaul‹ kommt überhaupt nicht in Frage. Heute Abend, wie verabredet, es bleibt dabei.«
    Meine Augen verengen sich zu so schmalen Schlitzen, dass Bruni es nicht wagt, zu widersprechen.
    Ulrike kommt mit einem Stapel Unterlagen hereingeschneit; sie schubst die Tür mit ihrer pummeligen Hüfte zu und quiekt wie ein kleines Ferkel, als sie mir ins Gesicht sieht.
    Bruni klärt die Assmann auf, unter welchem Leiden ich leide. Sie flunkert. »Wir haben gestern im Wald nach Pilzen gesucht. Karo reagiert auf irgendwelche Bäume allergisch. Und weißte was, Ulrike? Sie will heute wieder in den Wald.«
    Die Assmann macht große Augen. »Ist ja deine Sache, Karo, das musst du selber entscheiden. Ich kann dir nur sagen, dass vor Jahren eine Nachbarin tot umgefallen ist. Jawohl, mausetot. Die durfte keine Nüsse essen, sie wollte aber Nüsse essen. Zweimal ging es gut, beim dritten Mal … peng, war sie hinüber. Erstickt.«
    Ich schlucke und betaste meinen Hals; die Assmann sieht mich abwartend an.
    »Dann kann ich es ja noch einmal wagen.« Da Bruni sich gespielt in Arbeit vertieft, trete ich unter dem Schreibtisch nach ihr. »Hast du gehört, Bruni? Einmal können wir es noch wagen.«
    Die Getretene zuckt zusammen und reibt sich ihr schmerzendes Schienbein. »Boah, von mir aus. Aber glaub nur nicht, dass ich Mund-zu-Mund-Beatmung mache, wenn du umkippst.«
    Die Assmann lässt den Stapel Arbeit auf meinem Schreibtisch liegen und verschwindet entnervt.
    Es kommt selten vor, dass Bruni und ich uns während der Arbeitszeit nicht unterhalten, heute ist das jedoch der Fall. Sie ist beleidigt, dass ich mein Leben aufs Spiel setze, ich, weil sie mich im Notfall nicht wiederbeleben würde. Das soll eine Freundin sein?
    Ich bin ebenfalls verärgert, weil Geigenpaul mich gar nicht wahrnimmt, als er am späten Vormittag ins Büro kommt.
    Er rauscht so schnell an uns vorüber wie ein Sturzbach in diesen verdammten Allgäuer Bergen. Er sieht noch nicht einmal, wie krank ich bin.
    Da Bruni auch nach dem Mittagstisch sehr zugeknöpft wirkt, habe ich nichts Besseres zu tun, als mich mit vielen Fragen zu quälen. Ich blöde Kuh. Warum bin ich gestern Nacht so eilig davongelaufen? Vielleicht hat Vivi ja im Dunkeln geduscht? Die Fidschi-Frauen haben quasi die Natur im Blut, die können wahrscheinlich alles ohne Licht. Wir Europäerinnen sind da schon wesentlich verwöhnter. Aber gut, im Notfall könnte ich auch ohne Licht unter die Dusche hüpfen. Allerdings müssten mir die Räumlichkeiten vertraut sein. Sind Vivi die Räumlichkeiten in der Villa schon so vertraut? Meine Fingernägel krallen sich wie von selbst in meine Handflächen. Wieso ruft er mich nicht zu sich? Irgendetwas hatte er doch immer zu bequatschen. Ich brauche dich hier, ich brauche dich da, etc. pp, wie geht es deiner Familie, blablabla.
    Als hätte Bruni meine Gedanken erraten, drückt sie mir kurz vor Büroschluss die Mappe mit der zu unterschreibenden Korrespondenz in die Hand.
    »Holst du die Unterschriften?« Sie grinst schelmisch.
    Geigenpaul blickt nur kurz auf, als ich ihm die Unterschriftenmappe vorlege. Dann signiert er die Post, ohne sich den Inhalt durchzulesen. Ich blättere zuvorkommend immer eine Seite vor und beginne eine unkomplizierte Unterhaltung.
    »Ähm … ist sonst noch etwas? Ich meine, brauchst du mich heute nach Dienstschluss?«
    Geigenpaul verkneift sich ein Gähnen.
    »Nein. Es liegt nichts an. Du kannst dir einen entspannten Abend machen.« Er fährt sich durch die dichten Haare, ohne den Füllfederhalter aus der Hand zu legen.
    »Oh, da bin ich aber froh. Ich habe in der vergangenen Nacht kaum Schlaf gefunden.«
    »Hm, das kenne ich. Meine Nacht war ebenfalls anstrengend.«
    Im Geiste sehe ich Vivi in der dunklen Dusche, anschließend mit feuchtem Körper auf dem breiten Doppelbett liegen. Mein Gemütszustand

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