Lügen haben rote Haare
fahren konntest.«
Ich hole tief Luft.
»Daraufhin meinte er, dass du nicht traurig sein sollst, denn am nächsten Wochenende wird alles nachgeholt. Er hat unsere gesamte Familie eingeladen, mit ihm ins Allgäu zu fliegen.«
»Waaaas?« Steif wie ein Brett falle ich rücklings auf die Couch.
»Also, Karo, wir haben beschlossen, mitzufahren. Was meinst du, wie sich Kätzchen und Mäuschen auf den Flug freuen. Lass dir nicht einfallen, dich vor der Reise zu drücken. Dann läufst du halt mal einen Berg rauf. Basta!«
Wütend knalle ich das Telefon auf die Ladestation. Manchmal können Mütter grausam sein.
Dieser bescheuerten Vivi könnte ich die Haare rausreißen. So eine falsche Schlange. Und dieser Paul ist ein Perverser der ganz schlimmen Sorte. Mal Hättättätt, mal Hattattatt. Der soll besser nachdenken, was er wirklich will. Bert? Vivi? Oder doch Bert? Man kann nicht zwei Menschen gleichzeitig lieben. Das ist unmöglich, wider die Natur. Ich kann unentschlossene Menschen auf den Tod nicht ausstehen.
Unentschlossen, ob ich einen Tobsuchtsanfall oder lieber doch einen Weinkrampf kriegen soll, koche ich mir einen Baldriantee.
Im Grunde mag ich Paul ja. Er duftet gut, sieht toll aus, meine Haut kribbelt, wenn er mich streichelt, und wenn ich ehrlich bin, war meine Waschaktion nach den vielen Küssen eher eine Trotzreaktion. Außerdem macht es Spaß, ihn zu veräppeln. Vivi nimmt mir mein Spielzeug weg; das lasse ich mir nicht bieten! Ich muss unbedingt herausfinden, wie weit sich die beiden schon nähergekommen sind.
33. Aktion Geigenpaul
Bruni verzieht ängstlich das Gesicht, als ich ihr erkläre, dass wir Paul observieren werden.
»Meinst du etwa, ich will mir die Verlobung von dieser Fidschi-Schlampe versauen lassen? Conny würde sich vor lauter Freude in die Hose pinkeln. Bruni, ich muss wissen, wie weit die beiden sich nähergekommen sind. Ich will mich nicht zum Affen machen. Sobald ich mit eigenen Augen sehe, dass zwischen denen etwas läuft, verzichte ich auf die Verlobung und gönne Conny die nassen Hosen.«
»Und wie willst du ihn überwachen?«
»Nicht ich , Bruni. Wir . Ich denke …«
Geigenpaul unterbricht unsere Unterhaltung. Er berichtet, dass Frau Piefke wieder zu Hause sei; er habe sie soeben aus dem Krankenhaus abgeholt und in ihre Wohnung gefahren. Wir können uns vorstellen, wie glücklich Gundula ist. Bruni will sie später anrufen; sie entschuldigt sich, erst müsse sie in die Buchhaltung.
»Schön, dass du wieder gesund bist. Unser Wochenende war toll. Wir haben uns so richtig ausgepowert, wenn du verstehst, was ich meine.« Er setzt sich auf Brunis Stuhl und grinst mich an.
Ich nicke. »Ich glaube, ich verstehe, was du … meinst .«
»Deine Mutter wird dir erzählt haben, dass ich euch alle für das kommende Wochenende eingeladen habe. Entschuldige, Karo, ich hätte natürlich zuerst mit dir reden sollen …«
Ich winke ab. »Och, das geht schon in Ordnung. Du gehörst ja praktisch mit zur Familie.«
»Ich glaube, Opa Heini freut sich besonders. Er hat kurz mit mir gesprochen und gesagt, dass er die Berge mag.«
»Liebst du ihn?«
»Wen? Opa Heini?« Er spielt die Unschuld von Hamburg. Mit einem Wattepad, das neben Brunis Tastatur liegt, wischt er langsam über den Schreibtisch.
»Quatsch! Ich meine deinen Freund. Liebst du Bert?«
Paul steht langsam auf, dabei lässt er mich nicht aus den Augen. »Ja, Karo, ich mag Bert sehr. Er bleibt diese Woche in den Bergen; ohne ihn ist es sehr einsam in der Villa.«
»Sonst noch wen? Ich meine, gibt es noch jemanden, dem du in dieser Richtung zugetan bist?«
»Ja, gibt es.«
Ich spüre, meine Gesichtszüge entgleisen. »Ähm … ich habe noch einmal über unsere Verlobung nachgedacht …«
Er greift über den Schreibtisch und nimmt meine Hand.
»Denk nicht weiter drüber nach. Wir werden uns nicht verloben. Das Theaterspiel hat bald ein Ende.«
Abrupt steht er auf und geht fröhlich pfeifend in sein Büro. Dabei wirft er das Wattepad hoch und fängt es wieder auf.
Das habe ich nun davon, ich dumme Gans. Ich war mir meiner selbst zu sicher. Ich fühle mich hundsmiserabel. Doofe Vivi.
Gundula ist hocherfreut, als zuerst Bruni, dann ich mit ihr telefoniere. Ihr würden die Armmuskeln ein wenig schmerzen, auf Krücken laufen sei sie nicht gewohnt. Opa Heini und meine Mutter wollten gleich kommen, ihr den ersten Lebensmittelvorrat bringen.
»Mein Gott, Karo, Herr Geiger macht einen sehr zufriedenen Eindruck. Sie
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