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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Marie Käfer
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bitten unsere Plätze zu tauschen, und fluche leise. Wir sitzen Probe. Wenn Bruni so wie gewohnt sitzt, kann er mich komplett sehen. Ich blicke auf den Chefschreibtisch und dirigiere Bruni auf ihrem ›Rollstuhl‹ so, dass ich Geigenpauls Chefsessel nicht mehr im Blickfeld habe, folglich kann er mich ebenfalls nicht sehen. Mit einem Textmarker mache ich einen roten Strich auf Brunis Schreibtisch und gebe kurz und knapp den Befehl, dass ihr linker Arm ständig auf diesem Strich liegen muss. Ständig.
    »Da kann ich mich ja gleich auf den Boden setzen«, mosert sie. »Ich kann doch so nicht arbeiten.«
    Zugegeben, ihr Arbeitsbereich hat sich durch meinen Strich auf das linke Viertel ihres Schreibtisches beschränkt. Das sieht schon doof aus.
    »Gib Ruhe«, sage ich lachend. »Ist für einen guten Zweck.«
    Bruni verschiebt die Tastatur und Bildschirm ihres PC, sowie den Telefonapparat und Ablagekorb, damit sie all die Sachen in Reichweite hat. Prompt kommt Gundula hereingeschneit. Heute hat sie etwas mehr Farbe, ihr scheint es nicht mehr ganz so schlecht zu gehen. Ihr fällt sofort Brunis veränderte Sitzposition auf.
    »Warum beschränken Sie sich auf so wenig Platz, Frau Keller? Das sieht aber sehr ungesund aus.«
    »So habe ich mehr Licht«, entgegnet Bruni schnell.
    Ich schließe kurz die Augen.
    »Aber … aber … das Fenster ist doch genau auf der anderen Seite.«
    Die Piefke ist zwar nicht die Hellste, aber auch nicht gerade blöde.
    Bruni korrigiert sich. »Nein, ich meine nicht das Tageslicht. Oben, an der Decke. Das Licht meine ich.«
    Die Piefke legt den Kopf in den Nacken und stiert auf die Lichtquelle an der Zimmerdecke.
    »Die Deckenbeleuchtung ist doch nur im Herbst und Winter an«.
    Sie kann den Gedankengang meiner Freundin nicht nachvollziehen.
    »Eben«, erwidert Bruni. »Die wenigen Monate sind so rasch vorüber. Ich will mich beizeiten an die neue Sitzposition gewöhnen. Wissen Sie, Frau Piefke, dann habe ich das hinter mir.«
    Nach einem gemurmelten »Aha« gibt Frau Piefke auf.
    Manchmal könnte ich mich wahnsinnig über Brunis Naivität aufregen, aber, das ist ja noch mal gut gegangen. Dem Geigenpaul werden solche Kleinigkeiten im Leben nicht auffallen, der hat ganz andere Dinge im Kopf. In diesem Augenblick betritt er schwungvoll das Büro. Er murmelt ein »Guten Morgen« in unsere Richtung und macht prompt eine Vollbremsung neben Brunis Schreibtisch.
    »Warum sitzen Sie so unbequem, Frau Keller?« Er läuft langsam um den Schreibtisch herum. »Sitzt da normalerweise noch jemand?«
    Bruni schaut mich hilflos an. Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel, bloß jetzt nicht noch einmal die ›Lichtnummer‹.
    »Nei… nein. Hier sitzt niemand außer mir.«
    Ich greife ein und deute mit dem Kopf auf den Platz, den Bruni vorher einnahm. »Da zieht es so. Frau Keller kann den Zug im Genick nicht vertragen.«
    »Ach ja? Tatsächlich?« Paul dreht den Kopf nach Südwest, nach Nordost sowie in alle denkbaren Himmelsrichtungen.
    »Stehen Sie mal bitte auf, Frau Keller, lassen Sie mal sehen. Woher soll die Zugluft kommen?«
    Bruni hält seinem Blick stand. »Wahrscheinlich aus Frau Piefkes Büro. Sie hat doch ständig das Fenster geöffnet.«
    Geigenpaul grinst. Er setzt sich auf Brunis Platz, ich springe auf und stelle mich hinter ihn. Jetzt rollt er mit dem Bürostuhl hin und her. Sobald er in die Mitte des Tisches rollt, blase ich ganz sachte in sein Genick. Er probiert das einige Male aus und fängt plötzlich schallend an zu lachen.
    »Tja, es zieht mittig. Ganz eindeutig.«
    Ich bin mir nicht sicher, ob er uns durchschaut hat oder nicht. Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, kommt zu allem Übel auch noch Ulrike mit lautem »Hallo« hereingestürmt.
    »Juchu, wir haben tausend Euro gesammelt«, dabei schwenkt sie die Skimütze hin und her. Als sie bemerkt, dass Paul Geiger an Brunis Schreibtisch sitzt, bleibt sie wie erstarrt stehen. Schuldbewusst verschwindet der Pott hinter ihrem Rücken.
    »Oh … tut mir Leid, falsche Tür erwischt«, presst sie verlegen heraus und will auf dem Absatz kehrt machen und flüchten, doch unser neuer dynamischer Chef reagiert sofort.
    »Für wen sammeln Sie denn, Frau … Frau …«
    »Assmann«, erwidert die Assmann, worauf der Geigenpaul »Assmann« wiederholt. Jetzt ruhen alle Augen auf Ulrike, die sich wohl darauf festgelegt hat, bis in alle Ewigkeit in ihrer Erstarrung zu verharren. Sie fasst sich jedoch schneller als gedacht.
    »Für Brigitte Petersen,

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