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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Marie Käfer
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Gänsehaut.
    »Heute verlegt Heiner mit seinen Leuten noch den Teppichboden, dann ist er mit seiner Arbeit im Büro fertig. Gut, dass ich so am Ball geblieben bin. Was machst du heute Abend, Karo?«
    Ich rolle mit den Augen. »Was soll ich schon großartig machen? Sollte Heiner dich anrufen und sich mit dir treffen wollen, TV schauen, ansonsten könnten wir ja was unternehmen.«
    »Prima.« Bruni lacht. »Dann lade ich dich, Simone und Willi zu einer Raucherparty ein. Wir vergilben gemeinsam die Raufasertapete. Gleichzeitig benutzen wir den Tischgrill, auf den wir Curryfleisch legen. Das macht auch gelben Dampf.«
    »Ja, und so ganz nebenbei schmieden wir einen Plan. Wir überlegen uns, wie wir an die Schlüssel zu Geigenpauls Hütte kommen. Jetzt will ich wirklich wissen …«
    Bruni unterbricht mich. »Super, Karo, ich dachte schon, du wirst kneifen!«
    »Kneifen? Ich? Im Leben nicht!«
    Dann hängt jede von uns ihren Gedanken nach. Als ich erneut den Orgelklängen lausche, überlege ich, dass man das Leben voll auskosten sollte. So schnell kann es gehen und man ist über die Wupper. Schwups, einfach weg von dieser Welt. Dann wird ein Loch gebuddelt, man wird hineingeworfen, das warʼs dann. Grauenhafte Vorstellung. Ich nehme mir vor, von diesem Moment an gewisse Dinge nicht mehr so tragisch zu nehmen, und halte mein Gesicht mit geschlossenen Augen in die Sonne. Egal, ob sich meine Sommersprossen dadurch mehren, egal, ob ich breite Hüften habe. Vollkommen schnuppe ist ebenfalls, ob die Piefke heimlich süppelt oder Dustin heute mit einem verbundenen Zeh durch die Birkenstraße humpelt. Egal ist aber nicht, ob Paul Geiger an Sex mit Männern Freude hat. Oder an Sex mit Männern und / oder Frauen.
    Bruni tippt mich leicht an. Sechs Männer tragen einen Sarg aus Mahagoniholz, auf dem ein üppiger Kranz aus weißen Rosen drapiert ist, aus der Kapelle. Dahinter läuft Paul Geiger nebst Freund, mittig die Piefke, die sich wie eine Ertrinkende an die Männer klammert. Im Gefolge die Verwandtschaft und andere Menschen, etliche unserer Kollegen, darunter auch Dröpjes, der mit einem spöttischen Blick sofort erkennt, dass wir die Stunde ›geschwänzt‹ haben.
    »Mist.« Bruni springt erschrocken auf. »Jetzt sind wir ertappt.«
    Paul Geiger sieht ausdruckslos in unsere Richtung und redet leise auf Frau Piefke ein. Auch er hat bemerkt, dass wir so unhöflich waren und der Messe ferngeblieben sind. Ich schicke einen Blick zum Himmel und entschuldige mich in Gedanken bei Nikolaus Geiger und bilde mir ein, dass er gütig und verzeihend lächelt.
    »Kann doch kein Mensch ahnen, dass die zuerst mit dem Sarg rausjuckeln«, wispere ich Bruni ins Ohr.
    »Wir sind vielleicht naiv. Das hätten wir wissen müssen, die Hauptperson kommt doch immer zuerst.« Bruni ärgert sich ebenfalls.
    Unauffällig schließen wir uns dem Tross an und sind heilfroh, dass die Beisetzung endlich dem Ende zugeht.
    Als Bruni und ich am Grab stehen, liegt schon so viel Erdreich auf dem edlen Holz, dass man den Sarg kaum noch sehen kann. Wir tragen ebenfalls zur Beerdigung bei, indem wir sanft eine kleine Schaufel voller Erde hineinrieseln lassen. » Da haben die Friedhofsgärtner aber jede Menge Arbeit gespart«, würde Opa Heini jetzt sagen.

13. Pläne schmieden
    Am Abend sitzen wir zu viert in Brunis Wohnung. Heiner hatte Bruni im Laufe des Nachmittages zwar dreimal angerufen, an diesem Abend war er jedoch verhindert. Er war einem Kumpel gegenüber verpflichtet. Simone und Willi kuscheln auf dem Sofa, meine Freundin und ich haben es uns in den Sesseln bequem gemacht. Vor uns dampft ein Tischgrill mit öligem Fleisch, welches ausschließlich mit Curry gewürzt ist. In Wohnzimmer, Küche und Flur sind zwölf große Aschenbecher verteilt, in denen unzählige Zigaretten vor sich hin qualmen. Die Schlafzimmertür haben wir mit Klebeband abgedichtet, damit die Luft dort rein bleibt. Zusätzlich hält jeder von uns eine Kippe in der Hand, an der wir kräftig ziehen und den Rauch gezielt gegen die Wand hinter dem Sofa pusten. Uns allen tränen die Augen, denn Bruni besteht darauf, dass sämtliche Fenster und Türen geschlossen bleiben. Simone und Willi tränen nicht nur die Augen, nein, sie sind feuerrot, denn nicht nur die Wand kriegt den ganzen blauen Dunst ab. Außerdem klagt Simone über Nackenschmerzen, weil sie sich jedes Mal umdrehen muss, wenn sie die Wand anbläst.
    »Hör auf zu zicken, Simone.« Bruni klingt streng. »Es ist für einen guten

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