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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Marie Käfer
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»Er hat ja überall, aber auch wirklich überall versteckte Überwachungskameras einbauen lassen. Es wird alles aufgezeichnet, was im Haus vor sich geht. Herr Geiger hat wirklich die neueste Technik installiert. Was glauben Sie, wie froh ich darüber bin. Er wird sehen, dass er mir trauen kann.«
    »Waaas?« Ich springe so heftig auf, dass der Stuhl, auf dem ich saß, mit Gepolter umkippt. Mit Schmackes scheppert er gegen einen Metallschrank. Die Piefke und ihre Bettnachbarin erschrecken so sehr, dass beide einen kleinen Schrei ausstoßen.
    Leise murmele ich ein »Tschuldigung«, danach überfällt mich eine Panikattacke. Ich verlasse fluchtartig das Krankenzimmer und komme erst wieder zu mir, als ich wie verrückt an Brunis Haustür trommele.
    Montagmorgen. Leichenblass sitze ich im Wartezimmer von Dr. Weinforth, unserem langjährigen Hausarzt. Mein Puls rast seit gestern Abend, die Nacht habe ich auf der Klobrille verbracht. Bruni sitzt neben mir, ihr ging und geht es nicht anders.
    »Bruni, ich verspreche dir, ich werde alles auf meine Kappe nehmen. Alles. Aber, erst muss ich wieder gesund werden.« Meine Stimme zittert. Mir ist nach Nase pulen, ich muss mich stark beherrschen, den Finger nicht in ein Nasenloch verschwinden zu lassen. Bruni will nicht, dass ich die alleinige Schuld übernehme.
    »Nein, Karo, das stehen wir gemeinsam durch. Ich meine, vielleicht können wir den Richter bitten, dass wir in einer Gefängniszelle untergebracht werden?«
    »Ja«, sage ich tonlos. »Aber erst einmal muss uns der Doktor helfen.«
    Bruni nickt. »Meine Mutter sagt auch immer, dass Gesundheit das Wichtigste im Leben sei.«
    Heiner hat gestern Abend stundenlang mit stoischer Ruhe versucht, uns davon zu überzeugen, dass man mit Geiger bestimmt vernünftig reden könne. » Herr im Himmel, der wird doch kein Unmensch sein. Wir haben doch nichts gestohlen.«
    Eine freundliche Stimme ertönt. »Frau van Goch, Sie können jetzt zum Doktor rein.«
    Ich ziehe Bruni mit. »Wir gehen nur gemeinsam …«
    Die Sprechstundenhilfe nickt lächelnd. »Ja, sicher.«
    Bruni und ich schildern dem Doktor gemeinsam unsere gemeinsamen Symptome.
    Dr. Weinforth erledigt seine Pflicht. Er leuchtet in Mund und Augen, drückt mal Bruni, mal mir auf den Bauch. Dann fragt er, ob wir Fieber hätten.
    »Und wie. Fast vierzig Grad«, klären wir ihn auf. Dann will er wissen, ob wir auch erbrechen müssen, dabei misst er Bruni den Blutdruck.
    »Und wie«, sage ich matt. »Wir haben schließlich Brechdurchfall.«
    Er stellt uns ein Rezept mit je drei Medikamenten sowie zwei Krankschreibungen aus. Ich schiele auf die Daten. Fünf Tage, also bis einschließlich kommenden Freitag, können wir uns verstecken. Plus Samstag und Sonntag macht summa summarum sieben Tage Galgenfrist.
    Bruni und ich umarmen uns vor der Praxis. Sie wird sich bei Heiner, ich mich bei meinen Eltern verkriechen. Die Polizei kann sich totklingeln, weder bei Karolina van Goch noch bei Brunhilde Keller wird jemand die Tür öffnen.
    Ich hole Gisela aus der Wohnung, sie wird sich freuen, im Garten meiner Eltern Auslauf zu haben.
    Meine Mutter erschrickt, als sie mich sieht. »Aber Kind, wie siehst du denn aus?« Ohne lange Fragen zu stellen, schiebt sie mich in mein altes Kinderzimmer. Erschöpft lasse ich mich auf das Bett fallen.
    »Ach Mama, ich bin so krank. Brechdurchfall.« Meine Stimme klingt so jämmerlich, wie ich mich fühle. Sie hilft mir beim Auskleiden, ich lasse mich bemuttern. Nach dem ersten Schreck hat sie die Lage im Griff. Sie bemerkt die zappelnde Gisela in der Stofftüte.
    »Na, Gisela, du kommst erst einmal auf die Wiese.« Mir streichelt sie über die Haare.
    »Und dir koche ich eine Kanne leckeren Fencheltee. Wissen deine Kollegen in der Firma Bescheid?«
    Ich ziehe die Bettdecke über den Kopf.
    »Nein«, murmele ich leise.
    »Gut, dann werde ich gleich dort anrufen.«
    »Sag für Bruni mit Bescheid, ja? Sie ist ebenfalls krank.«
    »Das dachte ich mir schon. Es geht bestimmt ein Virus herum.«
    Endlich bin ich alleine. Ich ziehe die Bettdecke noch höher über den Kopf. Das leichte Federbett ist von jetzt an für eine Woche mein ›Panzer‹. Danach werden wir weitersehen.
    Opa Heini hat mit dem Fahrrad die Medikamente besorgt, die ich nicht so brav schlucke, wie er es anordnet.
    Der Durchfall hat, sobald ich hinter sicheren Mauern war, nachgelassen. Mein Pulsschlag hat sich ebenfalls normalisiert. Neben meinem Bett steht der große leere Eimer, der, solange ich

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