Lügen haben rote Haare
noch den Bären auf, dass er auf Gummiforschung macht. Pah! Autoreifen … dass ich nicht lache … und die Nummer mit dem Namensschild? Habt ihr das extra anfertigen lassen, um uns hinters Licht zu führen?«
Mir steigen Tränen in die Augen, ich greife nach der Serviette, um die Nase zu schnäuzen.
»Wir hätte es euch ja noch gesagt, wir wollten unsere Beziehung erst ein wenig reifen lassen. Liebe am Arbeitsplatz ist schließlich … davon wird doch immer abgeraten.«
Opa Heini lässt mich nicht ausreden. Er beugt sich über den Tisch und streichelt meine Hand. »Jetzt hört doch mal auf, auf das arme Mädchen einzudreschen. Das Kind ist alt genug. Macht ihr doch kein schlechtes Gewissen! Sie muss nicht alles brühwarm berichten, sie wird schon ihre Gründe haben, es verschwiegen zu haben.« Dann blickt er meinen Vater streng an. »Weißt du noch, als du siebzehn Jahre alt warst und mit der Käthe Bruckmann um die Häuser gezogen bist? Oma und mir hast du erzählt, dass sie sechzehn wäre! Wir haben dir geglaubt, wir kannten sie ja nicht persönlich. Dabei war sie vierundzwanzig und hatte schon zwei Bälger am Hals! Und … haben wir dich damals deswegen zusammengeschissen?« Dann knöpft er sich Conny vor.
»Und du? Verschweigst seit Wochen, dass du wieder schwanger bist. Statt einfach die Wahrheit über deinen Hormonkoller zu gestehen, schweigst du so lange, bis dein Vater einen Ausraster kriegt, weil du mit deinen Launen die gesunde Atmosphäre dieses friedlichen Hauses vergiftet hast.«
Dann wendet er sich mit lauten Worten an meine Mutter.
»Jetzt kommen wir zu dir, liebe Hildegard! Erinnerst du dich noch, dass du meine Unterhosen für lange Zeit mit Weichspüler gespült hast, obwohl du genau wusstest, dass ich allergisch auf das Zeugs reagiere und ich wochenlang unter geschwollenen roten Klöten litt? Als ich dich gefragt habe, hast du scheinheilig verneint, dass du ihn benutzt, bis ich dich in flagranti vor der Waschmaschine ertappt habe.«
Meine Mutter reagiert verschnupft. »Ich habe es doch nur nett gemeint, Vater.«
Opa kontert zynisch und sehr laut: »Juckende Hoden sind nicht nett!«
Alle sitzen mucksmäuschenstill da.
»So, und jetzt ist Ruhe hier, sonst gehe ich ins Altersheim!«
Meine Mutter begibt sich in die Küche, um das Abendessen zu holen. Mein Vater läuft eilig hinterher.
Conny ruft laut nach Hanni und Nanni, die sich im Garten versteckt haben.
Das Abendessen verläuft in familiärer Eintracht. Opa bedient mich mit Salat und Krabben, mein Vater reicht mir das Schwarzbrot, meine Mutter fragt besorgt, ob ich denn auch wirklich wieder essen könne. Ich beeile mich zu nicken, denn ich verspüre jetzt einen wahnsinnigen Appetit. Alle sind froh, dass es mir wieder gut geht. Ich schicke Opa Heini einen dankbaren Blick, der mit einem schelmischen Augenzwinkern antwortet. Nachdem meine Eltern mich zehnmal gefragt haben, ob ich denn wirklich wieder alleine zurechtkomme, darf ich später nach Hause fahren.
21. Der Judas unter den Aposteln
Obwohl ich gestern Abend hundemüde war, habe ich Bruni telefonisch Bericht von der Front erstattet. Meine Bitte, sie solle diese Woche nicht ins Büro kommen, stattdessen ihre Krankschreibung wahrnehmen, will sie noch einmal überdenken.
Mein Herz macht einen Freudensprung, als ich Brunis Auto in der Tiefgarage entdecke. Die liebe, gute Bruni lässt mich in der Not nicht alleine. Sie sitzt zwar etwas blass, aber sehr gefestigt, exakt an der roten Linie am Schreibtisch. Sie deutet mit dem Kopf kurz nach hinten. »Er ist schon da. Zu mir war er ganz freundlich, er hat sich nichts anmerken lassen.«
Gleich darauf wird die Glastür geöffnet. »Kommst du kurz zu mir?«
Ich finde es unverschämt, dass er noch nicht einmal einen Morgengruß über die Lippen bringt. Ich beschließe, mich genauso zu verhalten.
Grußlos betrete ich sein Büro und setze mich, ohne auf eine Aufforderung zu warten, auf den Sessel vor seinem Schreibtisch. Er nimmt den Telefonhörer in die Hand und wählt eine Nummer. Im Hintergrund höre ich ein leises Freizeichen.
»Bitte organisiere für 11:30 Uhr einen kleinen Sektempfang in der Kantine. Brigitte Pedersen kommt mit ihrer kleinen Tochter.«
Dann konzentriert er sich kurz auf das Telefonat.
»Geiger hier. Schicken Sie bitte Frau Assmann zu mir. Sie soll die Mütze mit dem Geld nicht vergessen, Sie wissen schon … von welcher Mütze ich rede.«
Mit zufriedenem Gesichtsausdruck legt er, betont langsam, den Hörer
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