Lügen haben rote Haare
erfassen sofort, was ich vorhabe, und starren gebannt auf Anton respektive Alexander. Es ist in der Tat Anton; er schiebt die Blondine von sich, fummelt in seiner Hosentasche herum, schaut kurz auf sein Mobiltelefon und lässt es sofort wieder in seiner Hosentasche verschwinden.
»Und nun?« Bruni sieht mich erwartungsvoll an.
Ich bin ratlos und kann mich nicht entscheiden. Ihn anquatschen und auf frischer Tat ertappen oder ihn erst in den nächsten Tagen mit seiner Untreue konfrontieren?
»Es könnte ja wirklich sein, dass er schon früher aus Düsseldorf zurückgekommen ist. Mag sein, dass er Conny nicht ganz so brutal belügt. Dennoch, es gibt nichts, das ein solches Verhalten entschuldigen könnte. Conny ist noch am Anfang der Schwangerschaft. Nicht auszudenken, wenn meine Schwester durch die Aufregung die Kinder verlieren würde.« Ich beschließe, erst einmal abzuwarten, was meine Schwester über die Geschäftsreise ihres Mannes berichten wird.
Die Männer amüsieren sich prächtig, wir sind gedrückter Stimmung und denken an die arme Conny, die wohl nichts ahnend tief und fest schläft.
Heiner rückt jetzt wieder näher an Bruni heran, Willi küsst nach der langen Abstinenz seine Number one. Machungwa setzt sich neben mich und legt freundschaftlich einen Arm um meine Schultern. Heiner prostet dem Hausfotografen zu, der um unseren Tisch herumschleicht und uns auffordert zu lachen. Ich strahle wie die aufgehende Sonne in die Kamera, denn wann habe ich die Gelegenheit, mich neben so einem Muskelmann, wie Machungwa einer ist, fotografieren zu lassen. Ich rücke ein wenig dichter an ihn heran. Nach dem Ablichten spricht Machungwa noch ein paar nette Worte mit dem freundlichen Kameramann.
Als die Männer noch einmal tanzen wollen, winken Bruni, Simone und ich müde ab.
»Kommt«, fordert Bruni stattdessen auf. »Lasst uns fahren. Es ist gleich halb drei.«
Anton knutscht vollkommen vertieft, er bemerkt nicht, dass Bruni und Simone an ihm vorüberlaufen. Mich würde er auf den ersten Blick eh nicht erkennen; eigentlich könnte ich ihm mit meiner kleinen Handtasche einen Schlag in die Weichteile versetzen.
Wir setzen Machungwa vor dem kleinen Einfamilienhaus ab, welches seinen Eltern gehört. Wir Mädels verabschieden uns mit einem Wangenkuss von dem Medizinmann.
Simone verspricht uns allen für Montag eine Überraschung. »Ihr werdet staunen, das verspreche ich euch.«
Bruni verdreht die Augen und presst die Lippen zusammen. Sie zwingt sich wohl, keine dumme Bemerkung zu machen.
24. Arme Conny
Ich hasse Sonntage. Sie sind in der Regel öde und langweilig, weil nach einem Samstagabend irgendwie die Luft raus ist. Obwohl ich Simone glaube, dass die Perücke frisch vom Friseur kam, konnte ich nicht umhin, mir noch um 4 Uhr morgens die Haare zu waschen. Unmutig fülle ich die Trommel der Waschmaschine und fange an, das Chaos im Badezimmer zu beseitigen. Danach räume ich das Schlafzimmer auf, finde unter dem Bett eine staubige Socke, die ich seit einer Woche vermisst habe. Die Bettwäsche wandert ebenfalls in den Wäschesack. Auch hier blitzt es nach kurzer Zeit, und ich freue mich, heute Abend in frisch duftender Wäsche zu schlafen. Meine Gedanken schweifen immer wieder ab. Ich muss an Conny denken. Anton, der Biedermann. Anton, den ich immer für einen Weichling hielt. Anton, der Mann mit dem Unschuldsblick. Pfui Spinne! Mechanisch reinige ich die Küchenmöbel.
Es ist fast Mittag, ich fasse Mut und greife nach meinem Handy. Ich schaue mir das Video mit Casanova Anton noch einmal an. Danach wähle ich Connys Telefonnummer. Schon nach zweimaligem Klingeln geht Conny an den Apparat. Sie hört sich gut an.
»Ich bin am Brutzeln, Schwesterherz. Anton kommt erst am frühen Nachmittag heim, er wird sich über Kassler mit Sauerkraut freuen.«
»Lecker«, schwärme ich. »Darüber würde ich mich auch nach einem arbeitsreichen Wochenende freuen. Wie geht es Anton denn so … allein, im Ruhrgebiet? Ihr habt doch bestimmt telefoniert.«
»Ach du, gestern hatte ich ja meinen Depressiven. Niemand hatte Zeit für mich. Anton hatte auch keine Lust mehr zu quatschen, er wollte gegen 21 Uhr ins Bett. Außerdem war sein Handy-Akku fast leer, er konnte sein Ladegerät nicht finden. Und außerdem mag er es nicht, dass ich ihn auf dem Zimmerapparat anrufe. Er meint, dass im Hotel eventuell mitgehört wird. Das ist ein Spleen von ihm. Aber das Geschäftstreffen sei jedenfalls total anstrengend. Er hörte sich richtig
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