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Lügen haben rote Haare

Lügen haben rote Haare

Titel: Lügen haben rote Haare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne-Marie Käfer
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Terrasse.
    Während des Gourmetessens betreiben wir lockere Konversation, was ausschließlich dem dicken Kind zu verdanken ist. Der Junge interessiert sich so wissbegierig für die Herstellung von Kaugummis, dass Paul ihm spontan anbietet, ihn einmal in der Firma besuchen zu kommen, um sich vor Ort informieren zu können. Nach dem kulinarischen Genuss von kaltem Roastbeef, Entenbrust und Salat reicht Bert Beatrice ein Glas Wein und seinen Arm, um ihr die Räumlichkeiten des Hauses zu zeigen. Paul und Oskar entschuldigen sich, weil es noch einiges zu besprechen gebe. Mit einer Flasche Rotwein und Gläsern verschwinden sie in den hinteren Teil des Gartens, in dem der Pavillon steht.
    Meine Schuhe fliegen von den Füßen, was für eine Wohltat!
    Flink sorge ich dafür, dass der Tisch abgedeckt wird.
    Bernd-Gerhard lümmelt sich auf dem Sofa und zieht sein Smartphone aus der Tasche. Mit geübten Fingern tippt er darauf herum.
    Siedend heiß kommt mir mein Schwager in den Sinn. Den hätte ich fast vergessen. Mein schlechtes Gewissen, Conny nicht die Wahrheit gesagt zu haben, lastet tonnenschwer auf meinen Schultern. Spontan, aus einem erdrückenden Schuldgefühl heraus, schreibe ich Conny eine SMS, in der ich mich noch einmal fürs Leihen der Klamotten bedanke. Ich bestelle noch liebe Grüße von Paul, als könnte ich dadurch meine Hände in Unschuld waschen. Innerhalb von einer Sekunde ertönt ›Palimpalim‹; sie hat die SMS angenommen. Anschließend drängt es mich, meinem Schwager ordentlich einzuheizen! Ich schreibe einen Text und füge das Video hinzu. Irgendwann, bevor Anton nach Hause fährt, wird er sein Mobiltelefon einschalten und die Mitteilung lesen:
     
    Hallo Anton, Conny ahnt das hier! Sie hat den ordinären Fremdgeruch in deinen Klamotten entdeckt. Hör sofort auf, dich wie eine Sau zu benehmen! Gruß Karo
    Ich öffne die Kontaktliste und erschrecke fast zu Tode, als Bernd-Gerhard mit Gejohle in die Küche gerannt kommt. Mit dem Deko-Schwert, das über dem Kamin hing, stürmt er direkt auf mich zu, als wolle er mich aufspießen. Instinktiv kralle ich mein Handy, hebe schützend die Hände und kneife ein Auge zu. Mit dem anderen Auge erkenne ich, dass das kleine Ungeheuer regelrecht die Kurve kratzt und wieder Richtung Flur verschwindet. ›Palimpalim‹ … Im Zeitlupentempo erfasst mein Verstand, dass die für Anton bestimmte MMS Conny erreicht hat. Von Antons Handy erhalte ich nie eine Zustellmeldung; ein Blick in den Postausgang bestätigt das Dilemma. Meine Finger haben durch Bernd-Gerhards Angriff versehentlich den falschen Kontakt gewählt, danach muss ich auf auf den Sendebutton gedrückt haben.
    Wütend stampfe ich mit nackten Füßen auf die Fliesen und habe große Lust, diesem Rotzbalg hemmungslos in seinen kleinen fetten Hintern zu treten. Ich fluche auf die Technik. Opa Heini hat recht, früher war alles besser. Einem Postboten hätte ich noch schnell hinterherlaufen können, aber gegen sekundenschnelle Datenübertragung … keine Chance! Den Kopf länger in den Sand zu stecken, macht keinen Sinn; ich schleiche in den Wohnbereich. Zufrieden stelle ich fest, dass Bernd-Gerhard spurlos verschwunden ist. Tusneldas Kichern in der oberen Etage lässt vermuten, dass sie sich in Berts Gegenwart gut aufgehoben fühlt. Auf der Terrasse ist ebenfalls alles ruhig. Ich wähle Connys Handynummer. Nach dem zweiten Freizeichen geht sie an den Apparat; ich sprudele los wie eine Wasserfontäne, die aus einem defekten Rohr schießt. Von ›Entschuldigung, es tut mir leid, ich hätte dich nicht anlügen dürfen‹ bis zu der Erklärung, unter welchen Umständen die Datenübertragung an das falsche Handy geleitet wurde. Conny unterbricht mich nach einer Weile. Sie hört sich mehr müde als hysterisch an; am Klang ihrer Stimme merke ich, dass sie nicht weint.
    »Karo, es ist nicht deine Schuld. Ich hätte, glaube ich, an deiner Stelle genauso gehandelt und geschwiegen. Schon seit längerer Zeit habe ich das Gefühl, dass Anton sich anderweitig amüsiert. Im Grunde bin ich froh, dass ich jetzt weiß, woran ich bin. Siehst du, kleine Schwester, es kommt immer so, wie es kommen soll.«
    Ungläubig lasse ich ihre Worte sacken und kann nicht glauben, dass Conny den Inhalt des Videos so gelassen aufgenommen hat. Sie wird in eine Art Schockzustand gefallen sein.
    »Wie geht es den Babys?« Ich versuche, nicht ganz so sorgenvoll zu klingen.
    »Die Großen schlafen tief und fest, und den Kleinen scheint es ebenfalls gut

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