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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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müsse.
    »Geht’s dich was an?« fragte ich und dachte: Hast doch bekommen, was du wolltest.
    *
    Wir hatten uns liebevoll voneinander verabschiedet, aber keine neue Verabredung getroffen. Das kam mir sehr entgegen. Ich wollte frei sein zu entscheiden, wann ich mich mit welchem Mann traf. Meine Tanten-Cousine Karl öffnete mit angesäuerter Miene die Tür. Das nahm ich zuerst wahr, dann daß es phantastisch nach Knoblauch roch. Mein Gott, jetzt hatte der Mann auch noch für mich gekocht.
    »Ich hab schon von deinem Erfolg gehört.« Karl sagte das ohne jede Begeisterung. Er ließ die Türklinke los und ging voraus in die Küche.
    »Tut mir leid«, nuschelte ich. Unterwegs hatte ich mir etliche Lügen zurechtgelegt, aber jetzt kam mir alles nur abgeschmackt vor. Ich folgte Karl und blieb im Türrahmen stehen, in mich zusammengesunken und mit hängendem Kopf.
    »Laß uns essen.« Karl zog die Pfanne vom Herd und trug sie nach nebenan. Er lüftete den Deckel, um uns von den Scampi mit Kartoffeln aufzutun. Sein Lächeln wirkte künstlich, immer Haltung bewahren, lautete wohl sein Motto.
    Ich fand es unangebracht, ihm in diesem Moment die Wahrheit zu sagen, und überhaupt – sein Verhalten mir gegenüber war schon Strafe genug. Er parlierte, als wäre überhaupt nichts weiter vorgefallen, und nachdem er sich mit Banalitäten warmgeredethatte, kam er auf meine Rolle der Piggy im »Wunderbusen vom Montmartre« zu sprechen.
    »Hast Glück gehabt«, meinte er. »Meine Kollegin wäre auch scharf auf den Part gewesen. Viele Takes, wenig Text …«
    »Bist du auch dabei?« fragte ich zaghaft.
    »Keine Angst. Ich komme dir schon nicht in die Quere.« Karl musterte mich über seinen Tellerrand hinweg. »Wo wirst du wohnen?«
    »Keine Ahnung.«
    Ich schwitzte, im gleichen Moment war mir hundekalt – also hatte ich es mir tatsächlich mit Karl verscherzt. Dabei konnte er nicht mal wissen, was ich noch vor zwei Stunden getrieben hatte.
    Wo ich wohnen würde? In der Tat hatte ich mir die Frage bisher nicht gestellt. Ich war ganz automatisch davon ausgegangen, King Karl wird’s schon richten, King Karl hält sicher ein Plätzchen für dich warm, abends wird er für dich kochen, deine Wäsche waschen … Doch ich hatte mich gründlich getäuscht. Karl war ein lieber Kerl, aber kein Idiot. Skip, dachte ich eine Sekunde lang, verwarf den Gedanken jedoch sofort wieder Nie und nimmer würde ich in seiner Bude unterschlüpfen, auch wenn er Dinge für mich tun würde, die Karl nicht mehr zu tun gewillt war. Dann quartierte ich mich lieber in einer Pension ein oder wandte mich an die Mitwohnzentrale.
    Das Abendessen verlief mehr oder weniger schweigend. Ganz gegen seine Gewohnheit kaute Karl langsam und nahezu unhörbar. Vielleicht ärgerte er sich mittlerweile darüber, mir undankbarem Ding einen so gut bezahlten Job zugeschanzt zu haben. Aber was sollte ich denn tun? Für meine Lügen interessierte er sich nicht, die Wahrheit wollte ich ihm nicht zumuten, ganz abgesehen davon, daß ich sowieso zu feige war, damit rauszurücken.
    Später wusch ich allein ab – Karl sah sich eine Geschichtsdokumentation über China an –, danach setzte ich mich noch ein Weilchen zu ihm. Doch da er keine Anstalten machte, sich auf welche Weise auch immer mit mir zu versöhnen, ging ich ohnejedes Glücksgefühl zu Bett. Schade. Eigentlich hätten wir meinen Einstieg ins Berufsleben feiern sollen. Ich war so traurig, daß es mir nicht mal etwas brachte, an Oskar zu denken. Also schaltete ich auf Adriano um, was immerhin dazu führte, daß meine Trauer einer schmerzhaften Wut wich.
    Keine Ahnung, wann ich einschlief. Ich hörte Karl noch in der Küche mit irgendwelchen Töpfen herumklappern, die ich wahrscheinlich nicht ordentlich genug abgewaschen hatte, und morgens wachte ich davon auf, daß er mir eine Schale Milchkaffee ans Bett brachte. Ich war viel zu verwirrt, um auch nur einen Ton rauszubringen.
    Karl setzte sich zu mir Er müsse gleich los, sagte er, wir würden uns dann ja wohl im Juli sehen. Kein Wort über gestern abend. Er wirkte so gar nicht nachtragend. Zum Abschied gab er mir einen Kuß auf die Wange, und ich war froh, ihn doch wieder ein wenig lächeln zu sehen.
    *
    Kaum war ich zu Hause, hängte ich mich ans Telefon, um Toni von meinem sensationellen Erfolg zu berichten.
    »Fein«, sagte sie mit einer Stimme, die eigentlich das Gegenteil meinte. »Hauptsache, du gehst nicht ganz aus Hamburg weg.« Das war’s doch, was ich hören wollte!

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