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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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werden. Immerhin war ich auf den Job angewiesen, um meine Schulden bei Karl abtragen zu können. Mehr noch: Ich spekulierte darauf, nach dieser Produktion neue Aufträge zu bekommen.
    Messerschmidt betrachtete seinen Zeigefinger, mit dem er mich eben noch herbeizitiert hatte, dann sah er mich an, und sein geringschätziges Lächeln wich einem neutralen Gesichtsausdruck.
    »Gut, okay Ich zeig’s dir.«
    Er ließ das Band laufen, sprach dazu die Rolle der Piggy und schaffte es nicht. Er probierte es ein zweites Mal, wieder mußte er stoppen, weil es nicht gelang. Der Punkt ging an mich.
    »Diese Ratte«, zischte er dann und verordnete uns allen eine viertelstündige Pause außer der Reihe.
    In der Kantine traf ich Karl und erzählte ihm von dem Vorfall.
    »Klare Sache. Der alte Freddie läßt unter seinem Namen irgendwelche Freunde schreiben oder seine jeweilige Geliebte. Wundert mich nur, daß er dir die Schuld in die Schuhe schiebt.«
    »Also habe ich nichts zu befürchten?«
    »Ich denke nicht. Er ist in der Regel nicht nachtragend. Auch wenn er Frauen nicht mag, die ihm widersprechen.«
    Was ich dann noch zur Genüge zu spüren bekam. Zwar lief die Arbeit mit dem von Messerschmidt höchstpersönlich geänderten Buch wie gehabt weiter, aber sein Ton war schärfer geworden. Ständig hatte er etwas auszusetzen, er korrigierte mich bis in die letzte Nuance meines Tonfalls, als würden wir einen oscarprämierten Streifen synchronisieren.
    Um sechs war ich fertig und fuhr auf direktem Weg in Karls Wohnung. Aber kaum hatte ich die Tür hinter mir zugezogen und meine neuen Holzpantinen von den Füßen gestreift, wußte ich nichts mit mir anzufangen. Karl würde erst gegen Mitternacht kommen – er war mit ein paar Exkommilitonen aus dem Fachbereich Philosophie unterwegs –, der Rotwein war alle, das Fernsehprogramm uninteressant. Blieb nur die Dusche. Während mich das Wasser lauwarm umspülte, dachte ich voller Grimm an Messerschmidt. Wenn ich nun wegen seiner unprofessionellen Schmierereien Gefahr lief, meinen Job zu verlieren! Gut, so kurz vor Ende der Produktion würde man mich mit Sicherheit nicht auswechseln, aber was war mit später?
    Ohne mich anzuziehen, lief ich in Karls Wohnzimmer und durchsuchte seine Schränke. Einfach so. Vielleicht würde ich etwas Unterhaltsames finden. Pornohefte, irgendwelche abnormen Gerätschaften, aber Karl war durch und durch ein Spießer. Seine Unterlagen hatte er in sorgfältig beschrifteten Ordnern abgeheftet, kein einziges Amphibienbild war aufzutreiben, erst seine Hausbar versöhnte mich. Eine volle Flasche Grappa war im Angebot, ein Rest Cognac, außerdem Whisky und Pastis.
    Ich entschied mich für den Grappa, zog Karls dunkelblauen Frotteemantel über und legte mich in den Liegestuhl auf der Dachterrasse. Kein Lüftchen wehte, ich öffnete den Bademantel, um Sonne und Sommer an meine Haut zu lassen. Nach ein paar Schlucken Grappa fühlte ich mich entspannt, fast schläfrig, und als die Sonne hinter dem Schornstein des gegenüberliegenden Hauses verschwand, beschloß ich, zu Skip zu fahren. Etwas benommen schälte ich mich aus dem Liegestuhl, ich ließ die Grappaflasche einfach an ihrem Platz stehen und schlüpftein das doch reichlich verschwitzte Kleid vom Tag. Egal. So viel bedeutete Skip mir ja nun auch nicht.
    Später in der U-Bahn dachte ich einen Moment, du bist gerade dabei, einen Riesenfehler zu begehen, aber ich war zu schwach, um einfach umzukehren und mich einsam in Karls Wohnung nach irgendwas oder irgendwem zu verzehren.
    Skip war zu Hause, zum Glück, er öffnete in Jeans und mit freiem Oberkörper und schaute mich an, als sei ich eine Erscheinung.
    »Oh«, sagte er nur.
    Ich grinste etwas verlegen und drückte ihm ein Küßchen auf den Mund.
    »Du hast eine Fahne«, stellte Skip fest.
    »Schlimm?«
    Skip schüttelte den Kopf und öffnete die Tür noch ein Stückchen. Ich verstand das als Einladung hineinzugehen.
    »Komme ich ungelegen«
    »Nein. Ich wollte nur …« Skip unterbrach sich und fuhr sich mit der Hand über seine glatte Brust. Dann lachte er. »Eigentlich weiß ich gar nicht, was ich wollte. Vielleicht habe ich mich auch nur gelangweilt und war gerade dabei, mir etwas vorzunehmen.«
    »Trifft sich gut.«
    Skips Wohnung befand sich in einem äußerst desolaten Zustand. Überall lagen Klamotten herum, Zeitschriften, Bücher und CDs, das Bett war zerwühlt, und abgestandener Zigarettenrauch hing in der Luft. Skip stürzte sich kopfüber auf seine

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