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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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am Bühneneingang, und erst kurz bevor wir auflegten, kamen wir darauf zu sprechen, daß ich ja nun bald für drei Wochen in Berlin sein würde.
    »Ich werde dich vermissen«, sagte Toni, worüber ich mich mehr freute als über die Nummer im Stehen mit Oskar.
    »Hey besuch mich doch mal!«
    Toni druckste etwas herum, fragte mich dann, wo ich wohnen würde.
    »In einer Pension. Hab mich schon nach Preisen erkundigt.«
    »Nicht bei deinem Karl?«
    »Ich kann ihm nicht drei Wochen lang auf den Wecker fallen.«
    »Und Skip?«
    »Finito«, log ich zum zweiten Mal an diesem Morgen.
    »Ist auch besser so. Wart lieber, bis der Richtige kommt.«
    Abgesehen von ihrem Kinderwunsch würde Toni sich wirklich wunderbar als Missionarin in einem christlichen Orden machen. Dennoch fühlte ich mich ziemlich gut, als ich auflegte. Ich haßte es, mit Toni Stunk zu haben. Dann konnte ich nicht mehr essen und hatte nicht mal richtig Spaß am Schuheeinkaufen.
    *
    Ganz gegen meine sonstige Gewohnheit packte ich diesmal nur zwei Paar Schuhe ein, den Rest würde ich eben neu einkaufen müssen. Ich hatte ein Zimmer im Ostteil der Stadt klargemacht, erst mal für zwei Nächte, wenn es mir nicht gefiel, würde ich eben umziehen. So gesehen konnte mein neues Leben in dieser aufregenden Stadt losgehen, doch wenn ich daran dachte, stellte sich so gar keine euphorische Stimmung ein. Der Job war nicht das, was ich mir erträumte, weder freute ich mich mit ganzem Herzen auf Skip noch auf Karl, und wenn ich mir vorstellte, daß ich Toni und Oskar eine ganze Weile nicht zu Gesicht kriegen würde, überkam mich das heulende Elend.
    Abgesehen davon hatte ich sowieso das Gefühl, auf eine gewaltige Krise zuzusteuern. Nichts machte mir wirklich Spaß, ich wollte im Bett sein, wenn ich aufgestanden war und umgekehrt, mir schmeckte nicht, was ich aß, und doch stopfte ich pausenlos Dinge in mich hinein, nur um überhaupt etwas zu tun. Zudem war ich immer müde und fühlte mich ausgelaugt, als hätte ich bereits achtzig anstrengende Jahre auf dem Buckel. Was ja auch kein Wunder war. Ich hatte mich parallel in drei nicht besonders vielversprechende Männergeschichten verstrickt, und das, obwohl ich nach dem Adriano-Fiasko eigentlich hätte froh sein müssen, alle Kerle dieser Welt loszusein. Konnte mir nicht irgend jemand vielleicht mal sagen, was ich auf dieser gottverdammten Erde zu tun hatte? Warum fühltesich eigentlich niemand für mich zuständig? Zu dumm auch, daß ich bereits seit einem Jahrzehnt volljährig war und meine Entscheidungen ganz allein treffen mußte.
    Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber kurz vor meiner Abreise rief doch tatsächlich Karl an und bot mir an, die erste Zeit zu ihm zu ziehen.
    »Ich habe schon ein Zimmer reserviert«, sagte ich matt.
    »Vielleicht wird’es dir nicht gefallen.«
    »Möglich …«
    »Dann wäre es doch besser, du kommst zu mir.«
    »Aber ich habe das Zimmer noch gar nicht gesehen!«
    »Sag es ab.«
    In diesem idiotischen Pingpongstil setzten wir unseren Dialog noch eine Weile fort, bis Karl mich weichgeklopft hatte und ich zusagte. Das heißt, eigentlich hätte ich auch gleich zusagen können. Denn schon, als ich Karls Stimme erkannt hatte, war mir klar, daß er mir das vorschlagen würde, und ich hatte mich sofort dafür entschieden. Da ging sie hin, meine Freiheit, aber wenn ich als Gegenleistung ein Stück Geborgenheit bekam, war das schon okay. Du wirst Karl nicht betrügen, nicht in der Zeit vom 3. bis 23. Juli, tu ihm diesen kleinen Gefallen und sei ein liebes Mädchen. Vorsichtshalber nahm ich Skips Telefonnummer gar nicht erst mit.
    *
    Es war ein heißer Sommer. Dreißig bis vierunddreißig Grad – und das täglich. Karls Dachgeschoßwohnung nahm Saunaausmaße an, und man tat gut daran, sich einfach nicht mehr um den Schweiß zu kümmern, der einem nonstop irgendwo runterlief.
    Ich hatte mir zwei Paar Sommerschuhe gekauft, die ich abwechselnd trug, wobei ich täglich in demselben ärmellosen Hängerkleid herumlief und es abends vor dem Schlafengehen kurz durchwusch. Ich dachte an Oskar, an seine Erd- und Beerentöne und sehnte mich so sehr nach ihm, daß es schmerzte.
    Dabei wußte ich nicht mal, warum. Ich kannte ihn doch gar nicht, abgesehen davon, daß ich mich für seine schwuchtelige Art auch nicht unbedingt erwärmen konnte. Bestätigte sich etwa nur mal wieder Tonis Theorie, nach der ich mir seinen Schwanz als Trophäe an die Wand hängen wollte?
    Nein. Wollte ich nicht. Ich wollte

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