Lügen & Liebhaber
gewinne, gern, aber ich fühle mich auch in H & M ganz wohl, okay?« Es wurde Zeit, daß Oskar von seinem Äußerlichkeitstrip runterkam. »So. Was machen wir jetzt?«.
Oskar sah auf die Uhr. »Genehmigen wir uns noch einen?«
Obwohl ich schon reichlich angeduselt war, bestellte ich ein zweites Mal die bewährte Wein-Ouzo-Mischung und Oskar ein weiteres Bier. Ich hoffte, unser Gespräch würde durch einen höheren Alkoholpegel intimer werden, aber Oskar fing doch tatsächlich an, mir zu erklären, warum er die Mailänder Schauen den Pariser vorzog. Ich kippte meine Getränke runter und drängte zum Aufbruch.
Draußen bestand Oskar plötzlich darauf, mich im Taxi nach Hause zu begleiten. Na gut, dachte ich, vielleicht springt ja was dabei raus.
»Ich habe wunderbaren Espresso aus Costa Rica«, testete ich an, doch Oskar lehnte mit der Begründung ab, morgen früh aufstehen zu müssen.
Aber kaum war das Taxi angefahren, beugte er sich zu mir rüber, stützte seinen wunderschönen Unterarm auf meinem Schenkel ab und gab mir einen flüchtigen, aber sehr zarten Kuß. In diesem Moment wußte ich: Du wirst alles für ihn tun, nur um einmal mit ihm zu schlafen. So war ich auch voller Erwartung, als er, just nachdem ich die Rechnung beglichen hatte, einfach mit ausstieg. Überflüssig zu fragen, was das sollte.
»Ich will nur sichergehen, daß du nicht auf dem Weg zu deiner Wohnung überfallen wirst«, meinte Oskar, als er meinen spöttischem Blick bemerkte.
Ich lachte. Vielleicht ein bißchen zu künstlich. »Und warum läßt du dann das Taxi wegfahren?«
Statt einer Antwort drängte Oskar sich an mich, er küßte mich fordernd und um einiges härter als eben im Taxi, während ich ihm ungeduldig den Rücken streichelte.
»Komm mit«, flüsterte ich, aber Oskar schüttelte den Kopf. Dabei machte er sich schon an meiner Workerhose zu schaffen. Ich zog ihn in den Hauseingang, wo wir zwar immer noch für die Leute in den gegenüberliegenden Wohnungen zu sehen waren, doch gab mir die Mauer in meinem Rücken ein wenig Sicherheit.
Es war wunderbar. Oskar faßte mich in einer Art an, daß mir klar wurde, er hat reichlich Erfahrung mit Frauen. Auch ich öffnete ihm jetzt die Hose und masturbierte ihn, bis er, einen dezenten Seufzer ausstoßend, kam. Ich wollte mich gerade entspannt gegen ihn lehnen und ihm vorschlagen, doch bei mir zu übernachten, als er sich auf einmal krümmte und wieder stöhnte. Diesmal richtig laut.
»O Gott, was hast du?«
»Rückenschmerzen. Geht schon seit Tagen so.«
»Dann ist es das beste, du legst dich schnell bei mir hin.«
»Nein. Ganz sicher nicht.«
Alles Zärtliche war aus seiner Stimme gewichen. »Kannst du mir schnell ein Taxi rufen?«
Ich tat, wie mir aufgetragen, und war traurig, daß wir keine neue Verabredung getroffen hatten. Eine Nummer im Stehen – sollte das etwa alles gewesen sein?
*
Mit Toni telefonierte ich erst drei Tage später. Das war ziemlich ungewöhnlich fur uns. Normalerweise hatten wir einen Telefonierrhythmus von zwölf Stunden, es sei denn, eine von uns war verreist.
»Tut mir wirklich leid! Was soll ich noch sagen?«
»Daß du Leute ohne Studium für etwas minderbemittelt hältst!«
»So ein Quatsch, Toni.«
Wir schwiegen eine Weile.
»Für mich ist es eben ein Aufstieg«, fuhr Toni fort. »Und solange ich kein Kind habe …«
»Schon klar«, sagte ich versöhnlich. »Ich sollte öfter nachdenken, bevor ich etwas von mir gebe.«
Toni kiekste in den Hörer. Vielleicht war es ein Lacher. Also ging ich mal davon aus, sie hatte mir verziehen.
»Wie war’s mit Egon?« fragte sie.
»Oskar. Du weißt ganz genau, daß er Oskar heißt.«
»Also gut. Oskar.«
»Ganz nett. Wir waren im ›Arkadasch‹ und haben ein Glas Wein getrunken.« Die genaue Anzahl der Gläser unterschlug ich, ebenso die Ouzos.
»Und dann?«
»Nichts.«
»Du hast ihn nicht flachgelegt?«
»Nein«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Ich glaube, er schwuchtelt noch genauso rum wie früher.«
»Ihr habt euch also gar nicht angefaßt? Nicht mal geküßt?«
»Nein!«
»Und das ist auch keine Lüge?«
»Nein!« log ich und schämte mich entsetzlich, weil Toni doch meine beste Freundin war.
»Gut. Dann muß ich mir wenigstens keine Gedanken darüber machen, ob du auch an Kondome gedacht hast.«
»Ich würde nie ohne … Weißt du doch.«
Unser Gespräch plätscherte noch eine Weile dahin, wir tratschten über Opernkollegen, ich erzählte ihr von Konstantins gelungenem Auftritt
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