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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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Telefonzelle gegenüber.«
    »Mensch … was für eine Überraschung«, stammelte ich und dachte nur, o Gott, der Mann ist dir ja völlig entfallen.
    Ich hatte gerade die Theaterschminke entfernt, mir eine fetthaltige Nachtcreme ins Gesicht geschmiert und es mir mit Wollsocken und einem Glas Rotwein auf dem Sofa gemütlich gemacht. Wenn ich eins nicht leiden konnte, dann Überraschungsbesuche dieser Art. Sie gaben einem immer das Gefühl, als lauerte man als Singlefrau nur darauf, daß die Männer einem ins Haus schneiten.
    Um Zeit zu schinden, fragte ich Skip im heiteren Plauderton nach seinem Tag aus. Er gab sogar bereitwillig Auskunft, wenn auch so etwas wie Ungeduld bei ihm zu spüren war. Er hatte sich nun mal vorgenommen, mich zu überraschen, und weil er so ein großartiger Typ war, lag es außerhalb seiner Vorstellungskraft, daß er möglicherweise ungelegen kam.
    »Und? Wie sieht’s bei dir aus?« fragte er, nachdem er das Thema Pressetermin im »Hotel Vier Jahreszeiten« abgehakt hatte.
    »In meiner Wohnung? Du weißt doch, wie’s hier aussieht.«
    Skip kicherte. »Wie bist du denn drauf?«
    »Mhm«, machte ich nur und zündete mir eine der Zigaretten an, die ich in Berlin gratis bekommen hatte.
    Ich würde Skip schon noch dazu kriegen, daß er sein wirkliches Anliegen vortrug, ansonsten hatte ich auch kein Problem damit, ihn nochmals auflaufen zu lassen.
    Am anderen Ende der Leitung machte es leise klick, dann vernahm ich ein saugendes Geräusch. Wahrscheinlich hatte ich Skip dazu inspiriert, sich ebenfalls eine Zigarette zu genehmigen.
    »Skip«, sagte ich dann. »Mir wird langsam kalt hier auf dem Flur …«
    Er brauchte ja nicht zu wissen, daß ich gemütlich in eine Decke gehüllt auf der Couch lag.
    »Verstehe.« Skip klang enttäuscht.
    »Also, dann …«
    »Sylvie?«
    »Ja?« Es tat richtig gut, den Mann zappeln zu lassen.
    »Kann ich nicht ein Stündchen zu dir hochkommen?«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Sei mir nicht böse. Es paßt grad schlecht.«
    »Hast du Besuch?«
    Wunderbar, wie Skip von einem Fettnäpfchen ins nächste tapste. Ohne auf seine Frage zu antworten, schlug ich ihm vor, er solle mich morgen abend gegen acht besuchen. Eigentlich war es mehr Befehl als Vorschlag, und Skip sagte ohne Wenn und Aber zu. Klasse, dachte ich, es gibt ihn tatsächlich noch – den dressierten Mann.
    *
    Der Tag in Oskars Laden war ziemlich lang und ziemlich öde gewesen. Kaum Kundschaft, und die paar Leute, die kamen, konnte ich mit Oskars Spezialdesignern nicht vom Hocker reißen. Sie wollten Armani und Jil Sander, und so mußte ich sie leider Gottes an einen Laden am Neuen Wall verweisen. Immerhin war ich im Laufe der letzten paar Wochen sicherer geworden.Ich konnte die entsprechenden Größen raussuchen und verstand es sogar, einigermaßen professionell mit den Labels zu jonglieren.
    Als Oskar mich eine Stunde vor Geschäftsschluß mit der Bitte erlöste, nur noch kurz ins Lager zu gehen, um ein paar Dirk-Bikkembergs-T-Shirts heraufzuholen, fand ich dort verstaubt in einer Ecke eine rothaarige Frauenperücke im Garçonne-Stil der zwanziger Jahre.
    »Ich wußte es ja. Du bist pervers.« Glucksend kam ich mit den T-Shirts und der Perücke zurück ins Geschäft.
    Oskar verzog das Gesicht. »Die hat mir mal ein transsexueller Verehrer in Mailand geschenkt.«
    »Tolles Ding für Fasching!« Blitzschnell versuchte ich Oskar die Perücke überzustülpen, doch der drehte den Kopf weg und funkelte mich böse an.
    »Oh, so empfindlich, der Herr.« Ich legte die Perücke weg und machte mich ans Einsortieren der T-Shirts.
    »Kannst sie von mir aus haben.«
    Ich schaute zu Oskar rüber, der völlig unbeteiligt Kassenbelege abheftete.
    »Wirklich?«
    Oskar brummte etwas, das mit etwas gutem Willen als »ja« zu identifizieren war.
    Bisher hatte ich mich nicht besonders für Perücken interessiert, aber irgendwie bekam ich Lust, Skip zu provozieren. Ich setzte das Bubikopf-Ding auf, versteckte so gut es ging, meine Haare darunter und sah Oskar herausfordernd an.
    »Hast du heute abend Zeit?« fragte der im selben Moment. Zu meiner Enttäuschung kommentierte er meine neue Erscheinung mit keinem Wort.
    »Nein, tut mir leid.«
    »Schade.«
    Ich hob so gleichgültig wie möglich die Schultern, zog dann meinen schwarzen Jumper über und ging zur Tür.
    »Morgen um elf?«
    Oskar nickte, und als ich schon halb auf der Straße war, kam erhinterhergewetzt und drückte mir einen nach Kaugummi schmeckenden Kuß auf die Lippen. Was

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