Lügen & Liebhaber
Stoppeln. Das war’s dann ja wohl. Für mich gab es keinen Skip mehr. Zumindest keinen, mit dem ich noch ins Bett wollte.
»Wieso reagierst du so …?« Skips Augenlider flatterten. Da ich ihm nichts anbot, goß er sich selbst Wein in ein herumstehendes Wasserglas ein.
»Skip – tu mir einen Gefallen und laß mich bitte in Ruhe.«
Einen Moment machte er den Eindruck, als müsse er sich gleich übergeben. Doch dann stellte er bloß das Glas ab und stützte sich an der Spüle ab.
»Wie meinst du das?«
»Es ist besser, wir lassen es einfach sein …« Ähnliche Worte hatte Adriano damals bei mir benutzt.
Skips Mund klappte zu, Tränen standen ihm plötzlich in den Augen. Noch nie zuvor hatte ich erlebt, daß ein Mann meinetwegen zu weinen anfing.
»Ich bin nicht dein Typ, und du bist auch nicht meiner«, setzte ich noch eins drauf.
Je brutaler ich verfuhr, desto besser. Auch wenn es, was mich betraf, nicht ganz stimmte. Vielleicht hatte ich – abgesehen von Adriano – nie einen attraktiveren Lover gehabt.
Obwohl Skip wegsah, entging mir nicht, daß er sich verstohlen mit dem Handrücken über die Augen wischte.
»Doch, du bist mein Typ«, sagte er dann mit brüchiger Stimme.
»Aber mir hat niemand was vorzuschreiben! Und schon gar nicht in Sachen Körperpflege!«
Skip verstummte. Ich trank derweil sein Glas aus und holte den Käse aus der Einkaufstüte. Zwar war es nicht gerade angebracht, in diesem Moment etwas zu essen, aber ich hatte eben Hunger.
»Auch …?« Ich hielt Skip ein ganzes Stück Tomme hin.
Er schüttelte den Kopf. Fassungslos sah er mir dabei zu, wie ich meine Zähne geschickt zwischen der verwitterten Rinde in den Käse grub. Ich fand nicht, daß ich noch etwas sagen mußte. Schließlich war nicht ich die Person mit der schrägen Vorliebe. Doch Skip machte einen Schritt auf mich zu, er nahm mir den Käse aus der Hand und packte meinen Kopf. Spontan drehte ich mich weg, so daß die Perücke auf dem Kopf verrutschte und meine Naturhaare zum Vorschein kamen. Skip starrte mich entgeistert an.
»Und ich bin auch noch drauf reingefallen!« stieß er unter dramatischem Armgefuchtel hervor, stürzte dann aus der Küche, um sich im nächsten Moment beleidigt auf mein Bett zu werfen.
O mein Gott. Was tat man bloß mit solch überempfindlichen Männern? Ich nahm meine Perücke ganz vom Kopf und schüttelte meine Haare zurecht. Zeit, nachzudenken. Sollte ich Skip nahelegen zu gehen? Ihm sagen, daß ich von den Fotos wußte? Oder ihn ganz einfach in den Arm nehmen und trösten? Ich erinnerte mich daran, wie oft ich früher in Gegenwart von Männern geweint hatte. Ich hatte gebettelt und sie angefleht, doch bitte nicht Schluß zu machen, aber die Jungs waren meistens hart geblieben. Diesmal würde ich hart bleiben. Was hatte ich von einem Mann, der mich zu lieben meinte, weil er nicht die Frau fand, die er eigentlich brauchte?
Nebenan war es still. Skip tat mir leid. Ja, verdammt, er tat mirwirklich leid! Ich sah mich selbst dort liegen, sah das überhebliche Grinsen meiner ehemaligen Liebhaber.
Skip hatte nicht verdient, daß ich ihn so behandelte. Nach einer Weile ging ich zu ihm, ließ aber erst einen Moment meine Hand über seiner Schulter schweben, bevor ich ihn etwas unbeholfen tätschelte. Sofort sah er mich an.
»Ich werde es schon verkraften.« Er brachte ein etwas schiefes Lächeln zustande, »Wenn du mir nicht gleich vorschlägst, daß wir Freunde bleiben sollen.«
»Sollen wir nicht?« Ein merkwürdiges Gefühl von Panik beschlich mich. So viel bedeutete mir Skip doch gar nicht, daß ich ihn unbedingt als Freund brauchte.
»Ich weiß es nicht … Das kann ich im Moment wirklich nicht entscheiden.«
Immer wieder strich er sich über seine widerspenstigen Augenbrauen.
»Noch Wein?« fragte ich.
Skip nickte, und ich holte die Flasche. Irgendwie wollte ich auf einmal unbedingt, daß er blieb.
»Eins hab ich dir nie erzählt.« Skip drehte langsam sein Glas in den Händen. Dann hielt er es gegen das Licht und meinte: »Ein schlechter Wein. Siehst du …? Keine Kirchenfenster.«
»Ist es das, was du mir schon immer erzählen wolltest?« Ich war mir hundertprozentig sicher, gleich würde die Sache mit den behaarten Frauen kommen.
Skip schüttelte monoton den Kopf Er wirkte plötzlich eingefallen und gelblich und keinen Tag jünger, als er war.
»Ich bin ein ganz großes Schwein«, sagte er schließlich in sein Glas. Eine Obstfliege schwamm auf der Oberfläche und besoff
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