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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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von seinem neuen Job als Synchronregisseur. Zwar fand er die Arbeit spannend und abwechslungsreich, aber wie Messerschmidt beschwerte er sich über die schlechten Bücher und unfähige Sprecher. Ich war ein bißchen enttäuscht, daß er so schnell das Lager wechselte.
    »Am besten gehst du gleich morgen zu Martha.«
    Ich nickte zwar, aber mir war bei der Vorstellung reichlich mulmig. Was sollte ich sagen? Hallo, hier bin ich! Wann kann ich wieder anfangen? War es denn wirklich eine so gute Idee, einfach dort aufzukreuzen? Und überhaupt – wenn Karl so viel an mir lag und er jetzt eine Stufe nach oben geklettert war, wieso legte er dann nicht ein gutes Wort für mich ein?
    »Kommst du morgen früh mit?« fragte Karl. Er roch noch auf die Distanz nach Basilikum.
    »Mal sehen … Ich hab ein paar Termine.«
    »Was denn für welche?«
    Karl hatte das in einer Weise gesagt, als könne ich, die etwas minderbemittelte Sylvie, doch wohl kaum etwas anderes vorhaben! Und gerade das provozierte mich zu der Überlegung, mich morgen lieber mit Skip zu treffen. Synchron konnte warten. Wozu hatte ich schließlich 10 000 Mark geerbt?
    Wie sonst auch ließ Karl mich in dieser Nacht entscheiden, ob etwas zwischen uns lief oder nicht. Ich wollte nicht. Ich war verstimmt und wünschte mich eigentlich nach Hause in meineigenes Bett, also schob ich Karl nach dem Zähneputzen freundlich lächelnd aus dem Gästezimmer. Er sah mich traurig an, und dann sagte er einen Satz, den er sich entweder in langen, einsamen Nächten zurechtgelegt hatte oder der ganz spontan in seinem Kopf entstanden war: »Sylvie, wenn du mich heiraten würdest … das wär doch was.«
    *
    Skip war gleich Feuer und Flamme und wollte extra meinetwegen einen Interviewtermin canceln. Das fand ich sehr nett, andernfalls hätte ich den Tag allein verbringen müssen.
    »Warum in Gottes Namen rufst du nicht mal vorher an, wenn du nach Berlin kommst?« Trotz seiner Euphorie klang er auch gekränkt.
    »Weil … Na ja, es ging eben alles so schnell …«
    »Was ging so schnell?«
    »Das mit dem Fachaufsatz«, stammelte ich.
    Ich wunderte mich sowieso, weshalb Skip immer alles sofort schluckte. Nicht einmal kam er auf die Idee, daß es ja auch eine Fernausleihe gab, daß man heutzutage übers Internet alles bekam, was das Herz begehrte. Eigentlich hätte ich ihm langsam mal reinen Wein einschenken können – Skip, ich wohne bei einem Freund, mit dem ich das eine oder andere Mal im Bett war, und weshalb ich so oft nach Berlin komme, weißt du, ich hatte hier einen akzeptablen Job, und jetzt hoffe ich, es geht irgendwie weiter –, aber dann war ich doch zu träge, zu feige, zu weiß der Teufel was … Außerdem war es gut möglich, daß Skip gar nicht im Detail wissen wollte, was ich trieb. Genau wie Karl. Als ich ihm sagte, Martha müsse sich noch einen Tag gedulden, ich hätte in der Staatsbibliothek zu tun, vielleicht würde ich doch noch promovieren, nickte er nur und sagte: »Na, dann frohes Schaffen und bis heute abend.«
    Skip hatte das »Einstein« in der Kurfürstenstraße vorgeschlagen; er wolle endlich die versprochene Frühstückseinladung nachholen. Danach könnte man – je nach Lust und Laune –noch in die Gemäldegalerie gehen und sich die alten Meister zu Gemüte führen.
    Gut gelaunt fuhr ich mit der U-Bahn zur Kurfürstenstraße. Wahrscheinlich würde Skip noch gar nicht da sein, aber als ich das Café betrat, saß er schon auf einem der rot gepolsterten Sitzbänke, im Rücken einen breitwandigen Spiegel, und lächelte das opulente Frühstück an, das er offenbar für uns geordert hatte.
    »Hab gar nicht so großen Hunger«, sagte ich zur Begrüßung.
    »Macht nichts. Ich um so mehr.« Skip gab mir einen Kuß, der so intensiv nach Zahnpasta schmeckte, als habe er sich gerade eben erst die Zähne geputzt.
    »Immer die Zahnbürste dabei?« fragte ich mehr zum Scherz, aber Skip nickte ganz ernsthaft, öffnete seine lederne Umhängetasche, die vermutlich noch aus seiner Schulzeit stammte, und holte ein kleines weißes Plastiketui mit roten Punkten heraus. Ich mußte lachen, woraufhin Skip sagte, alle Leute würden sich immer über ihn amüsieren, aber seine Zähne seien ihm eben heilig.
    Fast wollte ich ihm sagen, das wundere mich jetzt nicht, Singlemänner über vierzig seien ja meistens etwas schrullig, aber ich ließ es bleiben, da mir sogleich seine zweite Schrulle oder besser Manie einfiel und ich an diesem wunderschönen Morgen nicht daran denken wollte,

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