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Lügen & Liebhaber

Lügen & Liebhaber

Titel: Lügen & Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fülscher
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Dachterrassentür auf dem Fußboden nieder. Wie hätte ich auch Karl meine direkte Nähe zumuten können?
    »Wer zuerst?« fragte ich.
    »Du.«
    »Ich weiß es nicht. Das muß dir als Antwort genügen.« Ausnahmsweise hatte ich wirklich mal die Wahrheit gesagt.
    »Zwei Männer zur gleichen Zeit. Dafür gibt es immer einen Grund:«
    Verzweifelt schaute ich nach draußen, als ob ich von dem Dächergewirr Hilfe zu erwarten hätte.
    »Nein.«
    Karl blickte zu mir runter. Seinen kleinen Pupillen nach zu urteilen, hatte er Drogen eingeworfen.
    »Nein! Hörst du? Nein!!«
    »Erzähl mir nichts.« Karl klang monoton wie eine Ansage vom Band. »Ich hab dir nicht gereicht, und Skip ist nun mal ein attraktiver Typ …«
    »Karl, das stimmt nicht. Ihr seid grundverschieden. Jeder von euch ist auf seine Weise attraktiv.«
    »Ach ja? Und was gefällt dir an mir?« Karl sah mich herausfordernd an. »Meine nette Wohnung? Meine Kochkünste? Daß ich dir einen Job verschafft habe?«
    Das tat weh. Ich wußte nichts zu sagen.
    Karl stellte sein Glas auf dem Fußboden ab, um sogleich wie aufgescheucht im Wohnzimmer umherzulaufen.
    »Viele Frauen mögen mich«, sagte er dann. »Sie mögen mich sogar sehr. Aber sie begehren mich nicht, hörst du? Ich möchte einmal auf eine Frau treffen, die mich scharf findet, sexy, die mich packt und mir sagt, daß sie mich ficken will!« Eine Ader an seiner Schläfe war angeschwollen. »Komm, sag’s mir! Sag: Ich will dich ficken! Wenn du es denn kannst.«
    Ich war geschockt. Nicht wegen Karls drastischer Wortwahl, sondern weil ich einen Ausbruch dieser Art nicht von ihm erwartet hatte. Um Zeit zu gewinnen, holte ich mir die Whisky-flasche, die Karl auf den Bürokästen abgestellt hatte, aber sofort kam er zu mir und riß sie mir aus der Hand.
    »Na? Worauf wartest du?« Brutal packte er mich am Handgelenk. Ich hatte nicht gewußt, daß Karl zu so etwas fähig war.
    »Es stimmt nicht. Ich habe dich immer begehrt.« Noch während ich sprach, wußte ich, es war schon wieder eine halbe Lüge. Okay, ab und zu hatte ich ihn gewollt, aber eben nur ab und zu. Karl lockerte seinen Griff und sah mich spöttisch an. Natürlich glaubte er mir nicht.
    »Karl! Wir sind doch ein Paar«, fügte ich schuldbewußt hinzu. Als ob es die Sache in irgendeiner Weise besser machen würde. »Skip hat mir schon vor Wochen von seiner …«, Karl lachte höhnisch, »… heißen Affäre erzählt.«
    »Skip bedeutet mir nichts.«
    »Aber du bedeutest ihm sehr viel.«
    »Ich werde ihm schreiben, daß es aus ist.«
    Karl erwiderte nichts. Wahrscheinlich würde ich auch damit nichts rausreißen können.
    »Weißt du, man redet so einiges, wenn man in unserem Alter zusammen die Schulbank drückt.«
    »Schulbank?« Langsam glaubte ich, den Verstand zu verlieren.
    »Fahrschule. Autofahren lernen. Capito?«
    Karl lachte schrill auf und erzählte mir dann, daß er sein Leben lang Angst davor hatte, den Führerschein zu machen. Vor zwei Jahren habe er es noch mal wissen wollen, nach zehn Fahrstunden allerdings aufgegeben. Im Gegensatz zu Skip.
    »Warum hast du nie einen Ton gesagt?«
    »Weil es peinlich ist. Kannst du dir nicht vorstellen, wie blöd man sich vorkommt, wenn man es nicht mal zum Führerschein gebracht hat?«
    »Karl …«
    »Ich denke, du gehst jetzt besser schlafen«, unterbrach er mich in plötzlich schneidendem Ton.
    »Ich bin aber hungrig. Hast du nichts gekocht?« Wenn Karl schon diese Gangart einlegte, wollte ich mich gern anpassen.
    »Ist noch Zwieback da. Schranktür rechts überm Herd.«
    Karl meinte es also wirklich ernst. Wütend und verzweifelt stapfte ich in die Küche, fand statt der Zwiebacktüte eine angebrochene Weißweinflasche, mit der ich mich dann tatsächlich ins Gästezimmer verzog.
    Karl würde sich schon wieder beruhigen. Vielleicht brauchte er einfach nur ein bißchen Zeit, um den Schock zu verdauen. Ich nahm ein paar Schlucke, kehrte dann noch einmal ins Wohnzimmer zurück. Wollte wissen, was er eigentlich am frühen Morgen im Museum zu suchen hatte.
    »Geht es dich was an?«
    »Ich mein nur, weil …«, fing ich an, verlor dann aber den Faden.
    »Kümmere dich um deinen eigenen Dreck.«
    Es hatte keinen Sinn. Zumindest nicht in diesem Moment. Ich traute mich auch nicht mehr zu fragen, ob ich mir frische Bettwäsche nehmen durfte, und legte mich angezogen aufs Gästebett. Mit der Flasche Wein und einem Paket Taschentücher.
    *
    Kurz vor halb neun wachte ich auf, durchgefroren, obwohl ich immer noch

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