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Luegenherz

Luegenherz

Titel: Luegenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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und versuche, aus den Worten Bilder zu machen. Landgraf, wie er über Mila herfällt …
    »Ich dachte, dabei würde es bleiben, aber er hat gesagt, er würde behaupten, dass ich suizidgefährdet bin und in eine Klapse gehöre, wenn ich nicht wieder mit ihm … klettern gehe.«
    »Nein!«, flüstere ich und würde am liebsten meine Ohren verschließen. Redet Mila gerade wirklich von Landgraf? Ich mag ihn nicht besonders, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass dieser wichtigtuerische Blödmann so etwas macht – so etwas unvorstellbar Schlimmes. Doch ein Blick auf Mila genügt, um mich vom Gegenteil zu überzeugen. Das hätte ich ihm nie, nie, nie zugetraut. Übelkeit steigt in mir auf, ich muss schlucken. Mein Hals fühlt sich plötzlich ganz wund an. »Bist du …«, ich räuspere mich, »bist du danach zur Polizei gegangen und hast ihn angezeigt?«
    Mila schüttelt den Kopf. Dann reißt sie ihren Ärmel hoch und schreit mich an. »Glaubst du wirklich, dass sie so einer glauben?« Sie wedelt mit ihrem vernarbten Arm vor mir herum, dann hört sie abrupt auf und drückt ihre Fingernägel so fest in eine Narbe, dass sie aufspringt.
    Sie schaut zu, wie Blut heraustropft, und wird wieder ruhiger. »Schau sie dir an, die irre Mila! Wer sollte mir schon glauben? Einer, die komplett meschugge sein muss, einer, die absolut keine Gründe hat, sich zu ritzen! Warum sollte man mir glauben? Wo ich doch scheinbar eine liebende Mutter und all das habe!« Mila fängt wieder an zu weinen.
    Ich hole eine sterile Wundauflage und will sie ihr auf den Arm legen. Mila schlägt meinen Arm und die Kompresse weg und brüllt: »Und du mit deinem Sauberkeitswahn! Für dich bin ich doch auch nur ein Haufen Dreck, sonst nichts.«
    Sie rennt zur Tür. Einen Moment lang schaue ich ihr fassungslos nach, dann stürme ich hinter ihr her. Ich darf sie auf keinen Fall gehen lassen! »Mila, warte, du bist doch meine Freundin. Ich bitte dich, Mila, bitte bleib, lass uns reden.«
    Ich hole sie ein, nutze es schamlos aus, dass ich größer bin als sie, lege die Arme um sie und halte sie fest, damit sie nicht abhauen kann. Abgesehen von meiner Größe bin ich auch viel stärker als sie, denn beim Drahtziehen und Hämmern braucht man viel Kraft. Plötzlich wimmert Mila und mir wird klar, dass auch ich ihr gerade Gewalt antue. Entsetzt lasse ich sie los, aber da klammert sie sich an mir fest. »Danke, Ally. Danke, dass du für mich da bist«, flüstert sie.
    Wir gehen eng aneinandergedrückt wieder rein. Ich kann ihr Herz fühlen, das wie wild hämmert, und ich spüre, wie sich ihre weiche, füllige Brust hektisch hebt und senkt. Ich frage mich, wie sich das für Landgraf angefühlt haben muss – und schaffe unwillkürlich Platz zwischen uns. Mila ist so weich und zart – wie konnte dieser Dreckskerl das nur so ausnutzen? Meine Beine zittern, fast als hätte er mir das Gleiche angetan, als hätte Landgraf nicht nur Mila, sondern auch mich vergewaltigt.
    »Ich sollte uns ein Trostessen kochen«, schlage ich vollkommen hilflos vor. »Oder wir bestellen uns Pizza.«
    »Ich habe keinen Hunger«, murmelt Mila.
    »Ich auch nicht, aber wir sollten etwas Gutes für uns tun!«
    »Hasst du mich jetzt?«, fragt Mila und klebt jetzt doch die Kompresse auf ihren Arm.
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Ich hatte den Eindruck, du stehst auf Landgraf.«
    Ich merke, wie mir das Blut ins Gesicht schießt. »Blödsinn! Ferdi ist der Einzige, für den ich mich jemals interessiert habe. Der Landgraf nervt als Mensch, aber bis heute fand ich ihn ziemlich gut in dem, was er unterrichtet. Natürlich ist er jetzt für mich gestorben.«
    Mila verzieht ihre Lippen zu einem spöttischen Grinsen. »Glaub mir, ich kann dich verstehen, der hat schon was.«
    »Bist du irre?«, brause ich auf. »Landgraf ist für mich erledigt! Und ich finde wirklich, du solltest ihn anzeigen.«
    »Wie denn? Das ist unmöglich! Es gibt ja keine Beweise. Ich hätte mich damals innerhalb von vierundzwanzig Stunden medizinisch untersuchen lassen müssen. Aber ich bin einfach nach Hause und habe mich ewig lange unter die Dusche gestellt. Ich konnte nicht anders, ich musste das alles abspülen. Am liebsten hätte ich mir die Haut abgeschabt. Und erst danach wurde mir klar, dass ich genau das Falsche getan und alle Beweise vernichtet hatte. Selbst meine blauen Flecken hätte er damals mit dem Klettern erklären können. In den Höhlen ist es manchmal so eng und steinig, da kriegt man schon mal ’ne

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