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Luegenherz

Luegenherz

Titel: Luegenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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wenn du das geschafft hast, dann kannst du als Nächstes endlich an deinem Sauberkeitswahn arbeiten!« Jetzt grinst er wieder so gemein wie immer. Gut, beinahe hätte ich angefangen zu glauben, er wäre ein Mensch und kein außerirdisches Genie.
    »Verschwinde endlich, hau ab und schieb dir den Kaffee sonst wohin«, fauche ich ihn an.
    »Hey, Face, reg dich doch nicht so auf! Sollte ein Scherz sein …«, lenkt er ein. »Und wenn mir wieder einfällt, was ich noch über deinen merkwürdigen Lehrer gehört habe, melde ich mich. Ach, apropos merkwürdig, wo hast du denn deine sexy Freundin versteckt? Ich habe bei Facebook nichts über sie gefunden und auch sonst nirgends im Internet, das ist doch komisch, oder?«
    »Wen?«, stelle ich mich blöd. Er soll gehen.
    »Na, diese hübsche Mila, die so tut, als ob sie alles im Griff hätte. Ich hab das Gefühl, mit der stimmt was nicht.«
    »Nur weil sie nicht bei Facebook ist und sich dir nicht gleich an den Hals geworfen hat? Ich bin auch nicht bei Facebook und steh auch nicht auf dich.«
    »Du bist auch meine neurotische Schwester. Apropos, was machen die Jungs?«
    »Hau ab, hau einfach ab. Mein Leben geht dich nichts an, gar nichts.«
    »Doch, ich bin dein Bruder und liebe dich, schon vergessen? Also, weißt du sonst noch irgendwas über Mila, außer dass sie eine gute Kundin von dir ist?«
    »Jetzt geh schon, ich hab zu tun«, versuche ich es ein letztes Mal und ignoriere seine Frage. Ich werde nicht den Fehler machen, ihm alles zu erzählen, was ich über Mila weiß. Es hat jedes Mal fatal geendet, wenn ich ihm vertraut habe. »Steig hier rein, da findet dich keiner«, hat er behauptet und den eisenbeschlagenen Deckel mühsam hochgestemmt. Recht hat er ja gehabt, aber von all dem anderen, was mich da drin erwartet hat, der Dunkelheit und meinen Erstickungsanfällen, davon hat er nichts gesagt.
    »Übrigens, ich will dich ja nicht beunruhigen, aber ich habe vorhin, als ich gekommen bin, einen komischen Typen auf dem Hof gesehen, der sofort weggerannt ist, als ich ihn bemerkt und angebrüllt habe.
    »Was denn für ein Typ?«, frage ich und kann meine Neugierde nicht unterdrücken, auch wenn ich meinen Bruder gerade wirklich loshaben will.
    Jury zuckt mit den Schultern. »Es war kein Penner oder so, sondern ein ganz normaler Typ, vielleicht so alt wie du, mit einem Baseballcap. Jedenfalls hatte ich den Eindruck, dass er wie ein Junkie auf Droge durch das kleine Fenster an der Seite deiner Werkstatt geglotzt hat, als liefe da ein Porno. Und erst, als ich zu ihm rübergebrüllt habe, hat er sich durch den anderen Hofeingang vom Acker gemacht.«
    Mir wird ganz mulmig. »Bist du dir ganz sicher? Stand er wirklich an dem winzigen Fenster? Ich habe niemanden bemerkt.«
    Plötzlich muss ich wieder an Milas Worte denken; ihr war es ja auch so vorgekommen, als wäre uns jemand auf den Fersen.
    »Ja, ich bin mir sicher. Oh Mann, ich hätte dem Typen hinterherrennen sollen. Bitte pass gut auf dich auf. Ich finde Mams hat recht, du solltest nicht in einer Erdgeschosswohnung hausen. Höchstens in einer mit Gittern vor den Fenstern.«
    »Bestimmt hast du dir das nur eingebildet«, wiegle ich ab, damit er endlich geht. »Vielleicht war der Typ einfach nur neugierig und wollte wissen, was in der alten Garage so vor sich geht.«
    »Kann sein, Schwesterchen, kann sein, aber ich hab da so meine Zweifel. Also, pass auf dich auf, ja? Und was ist jetzt mit Eisdiele?«
    »Nein, danke, und jetzt geh endlich«, sage ich und bemühe mich um einen sanften, aber nachdrücklichen Ton. Ich muss über alles nachdenken, in Ruhe, alleine.
    »Wer hat an der Uhr gedreht? Ist es wirklich schon so spät? Heute ist nicht alle Tage, ich komm wieder, keine Frage«, singt Jury das Lied von »Tom und Jerry«, während er zu seinem Roller geht und mir noch mal winkt, ohne sich umzudrehen.
    Ich schüttle den Kopf. Mein Bruder schafft es einfach immer wieder, mich aus der Fassung zu bringen! Seufzend ziehe ich die hohen Sandaletten aus und tausche sie gegen Flip-Flops. Dann gehe ich nach draußen auf den Hof und schaue durch mein Fenster in die Wohnung. Die Vorstellung, beobachtet zu werden, löst ein merkwürdiges Gefühl in meiner Magengegend aus. Und ich bin entsetzt, wie viel man sehen kann, obwohl das Fenster so klein ist. Vor dem Bett hängt ja zum Glück der Vorhang, aber man hat freien Blick auf das Waschbecken und die Duschkabine und natürlich den Werktisch. Ich beschließe, mir so schnell wie möglich

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