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Luegenherz

Luegenherz

Titel: Luegenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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sonderlich erfreut, aber das ist wahrscheinlich nur so ein Trick, den Frauen anwenden, um Typen anzuheizen. Doch nachdem er auf der Werkbank entdeckt hat, was sie ausgebrütet hat, waren die beiden plötzlich ein Herz und eine Seele. Waren wie in einer anderen Welt, zu der niemand sonst Zutritt hat. Er hat nicht nur mein Leben zerstört, sondern jetzt hat er mir auch noch meine Freundin weggenommen – und dafür gesorgt, dass nicht einmal sie mir mehr glaubt.
    Verdammt, die beiden sehen so glücklich aus, unfassbar! Als hätten sie ein eigenes Universum mit einer Sonne, die nur für sie scheint. Und ich stehe hier draußen und existiere für die zwei gar nicht.
    Wie schafft es dieser Dreckskerl überhaupt noch zu lachen, bei dem Lügengespinst, in dem er lebt? Jedes Wort aus seinem Mund ist eine Lüge und Ally hängt mit roten Wangen und freudestrahlend an seinen Lippen, als wäre er der Verkünder des Evangeliums.
    Das ist zu viel!
    So kurz vorm Ziel zu scheitern, macht mich rasend – wenn ich eine Handgranate hätte oder auch nur einen dicken Stein, ich würde ihn durch das Fenster werfen. Stattdessen fühle ich mich wie ein vor Angst gelähmter Matador, der gleich von einem wütenden Stier aufgespießt werden wird. In meinen Ohren rauscht es, als ob ein blutgieriges Publikum in der Arena schon Olé, olé, olé schreien würde. Und ich wünschte, ich hätte bunt geschmückte Speere, die ich todbringend durchs Fenster stoßen könnte.
    Ein Gefühl der Hilflosigkeit macht sich in mir breit, gepaart mit der Gewissheit, doppelt verraten worden zu sein. Ich kann nicht glauben, dass dieses Ungeheuer ungestraft davonkommt.
    Einmal mehr.
    Nachdem es mir nicht gelungen ist, ihn irgendwie dranzukriegen, muss er weg – ein für alle Mal weg. Natürlich muss es wie ein Unfall aussehen und deshalb darf er nicht allein dabei sein. Und ich glaube, ich habe eine geradezu geniale Idee, wer mit ihm zusammen in der Höhle verunglücken könnte.
    Ja doch, das scheint mir eine gerechte Strafe für Ally zu sein. Denn so wird sie erleben, wie es ist, wenn man jemanden verliert, den man liebt.

21. Ally
    So ein Abendessen mit Jury, Mams und Paps ist anstrengender als alles, was ich kenne. Nicht nur, dass man in einem stinkvornehmen Schuppen Zeug essen muss, das von Oberkellnern mit einem Gehabe serviert wird, als speiste man im britischen Königshaus, nein, auch die Gespräche machen mich fertig. Erst ging es um Mamas Fälle – sie ist spezialisiert darauf, reichen Schnöseln aus der Klemme zu helfen: Kunstfehlerprozesse, Baumängel, Versicherungsleistungen, die ganze Palette. Und nachdem wir uns alle eine Stunde lang angehört haben, wie Mama ihre Klienten vor den unverschämten Ansprüchen armer Opfer gerettet hat, haben sie zu dritt auf mich eingeredet, meine Werkstattwohnung aufzugeben und zu Jury nach Schwabing zu ziehen. Das wäre besser für mich.
    Ich verstehe sie nicht. Wieso sind sie nicht froh, dass ich auf eigenen Füßen stehen will? Sie haben die ganze Zeit nur von der Gefahr geredet, der ich mich aussetze, und immer wieder von dem Spanner, den Jury neulich gesehen haben will. Dass Mila ihn auch entdeckt und verscheucht hat, habe ich lieber für mich behalten, um die hitzige Diskussion nicht noch weiter anzuheizen.
    Paps wollte mich dann nach Hause bringen, aber die beiden wohnen am anderen Ende der Stadt und Mams war so müde, dass sie andauernd gähnen musste, also hab ich darauf bestanden, mit der U-Bahn zu fahren. Jury hatte zum Glück noch etwas vor. Er hat total geheimnisvoll getan, von wegen er hätte eine ganz besondere Verabredung und so. Wäre ja spitze, wenn er endlich eine Freundin finden würde, die seinen Ansprüchen genügt, dann hätte er weniger Zeit, sich in mein Leben einzumischen. Zum Glück redet meine Familie so viel auf mich ein, dass ich nie in Versuchung gerate, ihnen etwas wirklich Wichtiges aus meinem Leben zu erzählen – ich würde es hinterher doch nur bereuen.
    Nach all dem Gerede von Spannern, die mir auflauern, kommt mir der Weg von der U-Bahn zu meiner Wohnung heute doppelt so lang vor wie sonst. Außerdem ertappe ich mich dabei, dass ich mich ständig umschaue. Dabei ist kaum jemand um diese Uhrzeit unterwegs, nicht mal jetzt, wo es um elf Uhr noch fünfundzwanzig Grad hat. Es ist eine sternenklare Nacht, ich kann heute sogar den großen Wagen und die Kassiopeia erkennen, obwohl München so hell in den dunklen Himmel strahlt.
    Ich seufze unwillkürlich. Komisch. Irgendetwas muss mit

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