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Luegnerin

Luegnerin

Titel: Luegnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justine Larbalestier
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Lauffeuer verbreitete.
Mir gefiel die Idee, ein Hermaphrodit zu sein.
    »Keiner Menschenseele, darauf kannst du dich verlassen. «
    Tayshawn hat es nie irgendjemandem erzählt. Das weiß ich, weil auch Tage später nicht das kleinste Gerücht im Umlauf war. Wie sich herausstellte, ist er in der Beziehung echt gut. Zuverlässig.
    Ich nehme an, dass sich das Gerücht schließlich deswegen in der ganzen Schule verbreitete, weil ich es Lucy erzählte, als sie mich in der Umkleide blöd anmachte. Ich probierte es mal mit der Mitleidstour: »Du sagst ständig, ich wäre ein Freak. Na ja, rat mal, was ich wirklich bin!«
    Ihre Reaktion war eher angewidert als mitleidig.
    Oder vielleicht war es auch Brandon Duncan, der mitgekriegt hatte, wie ich es Chantal erzählte, die wissen wollte, wie ich es geschafft hatte, alle an der Nase herumzuführen, weil sie selbst Schauspielerin werden will und dachte, es könnte nützlich sein, das zu wissen. Sie ließ sich von mir zeigen, wie man wie ein Junge läuft. Ich hab ihr auch beigebracht, wie man ausspuckt.
    Oder vielleicht waren es alle drei. Vermutlich. Kaum jemand ist so verschwiegen wie Tayshawn.
    Jedenfalls machte das Gerücht die Runde und erreichte auch Direktor Paul, der daraufhin meine Eltern kontaktierte, die ihm sagten, dass es nicht stimmte, und schon saß ich wieder in seinem Büro und erklärte, ich hätte keine Ahnung, woher dieses Gerücht kam, und wie verletzt und traurig ich darüber war, dass die Leute so gemeine Sachen über mich verbreiteten. »Ich bin ein Mädchen. Warum sollte ich wollen, dass irgendjemand glaubt, ich wäre so was Abartiges?«

    Weil ich wollte, dass sie mir Aufmerksamkeit schenkten.
    Oder so.
    In erster Linie macht es einfach Spaß, Leute davon zu überzeugen, etwas sei so oder so, während es in Wirklichkeit gar nicht stimmt. Es ist schwer zu erklären. Aber wie schon gesagt, ich hab jetzt aufgehört mit der ganzen Lügerei.
    Aber das ist jetzt, damals lief das eher so:
    »Warum wolltest du, dass alle denken, du bist ein Junge, Micah Wilkins?« Direktor Paul sah mich unverwandt an. Ich erwiderte mit ebenso starrem Blick.
    »Du weißt es nicht?« Das schien ihn nicht zu überraschen. »Vielleicht kannst du das ja durch einen Besuch bei unserer Schulpsychologin herausfinden.«
    Ich ließ mir nicht anmerken, wie grässlich ich diese Vorstellung fand. In meinem Leben hat es schon viel zu viele Psychologen und Psychiater und Therapeuten gegeben. Ich meine, ich weiß ja, dass man nicht lügen darf, deswegen höre ich ja auch auf damit, aber ich hab nie kapiert, warum ich deswegen zu irgendeinem Psychofuzzi gehen sollte.
    »Du bist jetzt seit weniger als zwei Wochen an dieser Schule, Micah Wilkins, und schon hast du den Ruf, dass du Lügen verbreitest und Unfug stiftest. Ich werde dich im Auge behalten.«
    Ich verkniff mir die Frage, ob ihn das darin hinderte, andere Dinge zu sehen.
    Mein zweiter Aufsatz für den Direktor befasste sich mit den Vorzügen der Ehrlichkeit. Nach einer Seite wusste ich nicht mehr, was ich schreiben sollte.

NACHHER
    In der Schule hat sich das Wort »Mord« überall hineingefressen. Wir betrachten uns gegenseitig mit anderen Augen. Die Leute starren mich an. Und Sarah. Und Tayshawn. Und Brandon. Und alle anderen Jungs in Zachs Mannschaft. Alle, die ihn je gehasst, geliebt oder mit ihm abgehangen haben.
    Wir sind alle wie aus Scherben zusammengesetzt. Die Schule quält sich durch Trauer und Wut voran.
    Ich mache Brandon ausfindig.
    Er steckt unter der Tribüne im Park und raucht. Ich schleiche mich langsam und vorsichtig an, so wie es mir die Oldies beigebracht haben.
    »Brandon«, flüstere ich ihm leise ins Ohr.
    »Scheiße noch mal!«, schreit Brandon auf. Vor Schreck lässt er seine Zigarette fallen. »Was soll das denn?« Er weicht vor mir zurück, bückt sich nach seiner Zigarette und hebt sie auf. Er nimmt einen kräftigen Zug. »Du Freak.«
    »Ich bin nicht diejenige, die unter der Tribüne hockt und eine Zigarette raucht, die gerade in einen Haufen Hundescheiße gefallen ist.« Brandon spuckt die Zigarette aus und schaut nach unten, wo gar keine Hundescheiße ist. Ich lache.
    »Zicke«, sagt er.
    »Warum hast du das über mich und ihn gesagt?«, frage ich und mache einen Schritt auf ihn zu. Er weicht zurück. »Es ist nicht wahr«, sage ich so bestimmt wie möglich.
    Diesmal lacht er. »Doch, es ist wahr. Ich hab dich mit Zach zusammen gesehen.«
    »Da gab es nichts zu sehen.«

    »Ach so«, sagt er. »Dann hab

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