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Luegnerin

Luegnerin

Titel: Luegnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justine Larbalestier
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bleiben, aber ihn wollen die Oldies nicht haben. Er sagt nichts, wenn ich dabei bin, aber ich weiß, dass er eifersüchtig ist. Ich habe gehört, wie er meinen Eltern was vorgejammert hat, von wegen, er wolle im Wald spielen. »Warum mag Großmutter mich nicht?«, fragt er. Weil du ein rotznasiges kleines Monster bist, würde ich ihm am liebsten sagen, aber ich sollte das eigentlich gar nicht gehört haben. Unsere Wohnung ist so klein, dass
wir immer so tun, als hätten wir Dinge nicht gehört, die wir nicht hören sollen. Das ist eine gute Regel.
    Ich bin froh, dass die Oldies Jordan nicht haben wollen, aber ich wünschte, meine Eltern würden bleiben.
    Die Oldies haben es irgendwie mit den ältesten Kindern.
    Und das bin ich.
    Die Oldies unterweisen mich in der Waidmannskunst – Spuren lesen, jagen, abhäuten, wie ich mich im Wald zurechtfinde, wie ich Nahrung finden und Schutz suchen kann. Das ist mehr Arbeit als Schule. Aber wenn die Welt untergeht, werden wir bereit sein. Das ist der Sinn, der dahintersteckt: Überlebenstraining.
    Manche von ihren Nachbarn sind auch so drauf. Sie haben den ganzen Keller voller Essen in Dosen, getrocknete Bohnen und Obst, geheime Brunnen, Pfeil und Bogen.
    Die anderen Nachbarn sind Schafzüchter, die finden, dass die Überlebenskünstler und die Oldies verrückt sind. Aber dafür jammern sie ständig, dass die Kojoten ihre Schafe reißen. Kojoten, die größer und gefährlicher sind als alle bislang bekannten Kojoten im Universum, spottet Großmutter. »Ich hab nie einen gesehen«, sagt sie immer. »Einen Mann mit Kojotenfelljacke vielleicht. Was hätte Hilliard nur dazu gesagt?«
    Auch ich hatte noch nie einen Kojoten gesehen. Jedenfalls nicht auf unserem Land. Schwarzbären manchmal, aber nie Kojoten.
    Auch keine Rehe. Anders als bei manchen Nachbarn, wo es oft mehr Rehe als Fliegen gibt. Dafür haben wir mehr Waschbären und Füchse und unser Wald ist viel waldiger.
Ohne die umhertrampelnden Rehe haben Wildpflanzen und Büsche und Sämlinge viel bessere Chancen. Wir haben größere, dickere, gesündere Bäume und Vögel und Insekten, wo man hinschaut. Im Frühjahr gibt es mehr Blumen, als ich benennen kann. Ihr Duft schwebt in der Luft und macht das Atmen zu einem Vergnügen.
    Es ist schön. Das muss ich zugeben.
    Ich hasse Musik, aber Vogelgesang mag ich gerne. Deren Glocken und Flöten bereiten mir keine Kopfschmerzen.
    Die Oldies mögen es nicht, wenn ich sie als Survival-Freaks bezeichne. Sie kannten das Wort gar nicht, als ich es zum ersten Mal erwähnt habe. Als ich es ihnen erklärte, haben sie nur verächtlich gelacht. Sie hassen ihre Nachbarn. Aber was sie sagen, klingt wie auf all den verrückten Survival-Seiten im Internet über Jagen und Spurenlesen und Schutzhüttenbau und Kenntnis von dem, was essbar ist und was nicht. Wie man überlebt, wenn die Endzeit kommt.
    Großmutter redet nicht von Endzeit, obwohl sie durchaus sagt, dass die Welt aus dem Gleichgewicht ist. Sie meint, dass alles wärmer und kälter und einfach extremer ist, als es früher war. Sie ist stolz darauf, dass sie bei Pferd und Wagen geblieben ist. Und ihre eigene Nahrung anbaut. Und fast gar nichts von außerhalb braucht.
    Die Oldies glauben, dass ich bin wie sie.
    Bin ich aber nicht. Ich bin eine Stadtpflanze. Ich mag Strom und fließend Wasser. Ich will nicht reiten können oder ein Kalb schlachten oder eine Falle stellen oder irgendetwas sonst, was sie mir beibringen.
    Ich gehöre nicht dorthin.
    Obwohl es manchmal schon ganz lustig ist.

    Wegen Hilliard.
    Jetzt muss ich eine Lüge eingestehen. Alles, was ich euch bisher erzählt habe, ist vollständig wahr, außer der Winzigkeit mit Großonkel Hilliard. Hilliard lebt.
    Aber das ist nicht meine Lüge, sondern die der ganzen Familie. Hilliard hält sich auf der Farm versteckt. Ich weiß nicht, was er getan hat oder vor wem er sich versteckt, aber für alle außer uns Wilkins ist Hilliard tot. Großmutter und Großtante zischen mir böse zu, wenn ich den Fehler mache und in der Gegenwartsform über ihn spreche. Der Dummkopf Jordan weiß nichts. Nur Dad und ich.
    Ich liebe Hilliard.
    Er hat mir gezeigt, wie man Spuren liest, und als ich klein war, wie man rennt. Wir laufen zusammen im Wald. Er ist nicht so schnell wie ich – schließlich ist er schon alt, aber es macht trotzdem Spaß. Und obwohl er beim Laufen nicht so schnell ist, ist er besser. Ich stolpere immer noch und falle sogar manchmal. Hilliard kennt die Wälder, jeden alten

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