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Luegnerin

Luegnerin

Titel: Luegnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justine Larbalestier
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Mom fand eine alte Französin, die mir ein eklig riechendes Kräutergebräu zu trinken gab, das wie Scheiße schmeckte und von dem ich kotzen musste. Chinesische und spanische Kräuter und Salben. Nicht zu vergessen Akupunktur und einen Heiler.
    Nichts funktionierte.
    Die Haare kamen, blieben mehr als ein Jahr, dann verschwanden sie wieder, um nur dann wiederzukommen, wenn ich ein Wolf bin.

SCHULGESCHICHTE
    Meine Schule wurde von den Quäkern gegründet. Sie glaubten an Gleichheit und Gerechtigkeit und wollten eine Schule nach diesem Ideal schaffen. Einer von ihnen war sehr wohlhabend, deswegen gibt es so viel Geld für Stipendien – und so konnten sie auch das Schulgeld niedrig halten. Also, nicht gerade niedrig für meine Begriffe, aber niedrig im Vergleich zu den meisten Privatschulen in New York. Niedrig genug, dass meine Eltern mit Sparen und Zusammenkratzen die eine Hälfte meines Schuldgeldes zahlen können, die nicht durch mein Stipendium abgedeckt ist.
    Aber dieser reiche Quäker – ist das nicht eigentlich ein Widerspruch? Ich dachte, dass Quäker immer arm sein müssten – jedenfalls, dieser Quäker hat seine Quäker-Frau und seine vielen Quäker-Kinder verlassen und ist mit einer viel jüngeren Frau durchgebrannt, die Tänzerin war und keine Quäkerin. Er ist nach New York gezogen, um sie jeden Abend tanzen zu sehen. Bis sie auf und davon ist und ihn mit gebrochenem Herzen und – so behauptet jedenfalls Chantal – einem üblen Fall von Tripper zurückgelassen hat.
    Und dann hat er die Schule gegründet und sein ganzes Geld da hineingesteckt.
    Er hat sie in diesem Gebäude gegründet, das früher mal ein Gefängnis war. Ein Frauengefängnis. Die Gitterstäbe haben sie vor den Fenstern gelassen.
    Keiner der Schüler an der Schule gehört zu den Quäkern und nur ein einziger Lehrer: Direktor Paul.
    Ob das Prinzip von Gleichheit und Gerechtigkeit der Quäker wohl auch für Werwölfe gilt? Gilt es auch für mich?

    Mir wird klar, wie wenig ich über die Quäker weiß.
    Aber ich weiß viel über Käfige, über Gefängnisse. Ich war mein Leben lang eine Geisel von Lügen. Bin von ihnen gefangen gehalten worden.
    Und so ist es wirklich:
    Ich bin allein.
    Von Gitterstäben umgeben. Gefängniswärter fesseln meine Arme und bringen mir mehrmals am Tag Tabletten. Sie bitten mich – sie flehen mich an –, die Wahrheit zu erzählen.
    Das tue ich.
    Jedes einzelne Wort.
    Wahrheit.
    Sie glauben nicht an meine Wölfe.

NACHHER
    Am Tag nach der Beerdigung will ich erst gar nicht in die Schule gehen. Ich bin mir nicht sicher, dass ich Sarah und Tayshawn begegnen kann. Schon beim Gedanken daran, die beiden zu sehen, bekomme ich heiße Wangen. Ich will mich nicht darüber unterhalten müssen, dass es ein Fehler war, dass wir es vergessen und einfach weitermachen sollten. Ich will nicht darüber reden.
    Ich halte den Kopf gesenkt und verkrieche mich wieder im Unsichtbarkeitsmodus, was jetzt viel schwerer ist als früher. Zach ist unter der Erde, aber sie reden noch
immer über ihn und werfen mir schiefe Blicke zu. Und noch dazu fühlt es sich jetzt so an, als hätten sie umso mehr Grund, mich anzustarren. Ich bin sicher, dass alle wissen, was wir nach der Beerdigung getan haben.
    Nein, nicht danach. Währenddessen . Das macht es noch viel schlimmer. Wer hat bemerkt, dass wir gemeinsam gegangen sind? Wissen alle schon, was passiert ist? Meine Wangen werden noch heißer.
    Ich nehme mein Mittagessen – verbrannte Fleischklößchen – mit ins Klassenzimmer von Yayeko Shoji, weil ich ziemlich sicher bin, dass ich dort vor ihnen sicher bin. Ich setze mich unter das Poster zur Evolution der Fleischfresser und bemerkte den Zweig, wo sich der graue Wolf und der Haushund voneinander trennen. Das ist noch nicht sehr lange her. Zwischen einem Wolf und einem Pekinesen besteht nur ein 0,2-prozentiger Unterschied in der mitochondrialen DNA … Hunde und Wölfe können sich noch immer miteinander fortpflanzen.
    Die Tür geht auf, während ich überlege, wie viel gemeinsame DNA ich mit Schwarzbären habe. Hunde und Menschen haben 85 Prozent gemeinsames genetisches Material; bei Wölfen und Bären sind es …
    Es ist Sarah. Ich wende den Blick ab.
    »Darf ich mich zu dir setzen?«, fragt sie.
    Ich nicke.
    Ich wünschte, es wäre nicht passiert.
    Nein, das ist eine Lüge. (Seht ihr, ich hab ja gesagt, dass ich nicht mehr lügen werde.)
    Was da passiert ist, es war … ich wollte nicht … ich habe …

    Es hat mir gefallen. Es hat sich

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