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Luegnerin

Luegnerin

Titel: Luegnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justine Larbalestier
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Enttäuschung. Die Luft ist wie gesättigt davon. Ich weiß nicht, ob ich es noch länger aushalte. Wenn ich jetzt ein Wolf wäre, dann würden sich mir alle Haare sträuben.

    »Es gibt noch einen«, sage ich schließlich. »Noch einen Wolf. Deswegen habe ich die Oldies besucht – um ihnen davon zu erzählen. Um sie zu fragen, was ich tun soll. Sie haben gesagt, ich soll ihn mit auf die Farm bringen. Ich weiß, dass er Zach umgebracht hat. Mich hat er auch verfolgt. Er hat mich mit Zach gesehen. Ich glaube …« Ich weiß nicht, was ich glaube. »Ich glaube, er hat Zach umgebracht, um mir zu schaden. Er muss mich an Zach gerochen haben oder so«, sage ich, bevor mir klar wird, was ich da gesagt habe.
    »Er hat dich an Zachary gerochen?«, fragt Mom. Ihr Ton ist ruhig, aber sie ist wütend. Sie hält den Rücken gerade. Ihre Lippen werden noch schmaler. »Warum sollte Zachary deinen Geruch an sich tragen? Es sei denn, du hast uns angelogen. Wieder. Und bist immer noch mit diesem Jungen zusammen. Küsst ihn. Schläfst mit ihm. Nachdem du uns gesagt hast, dass du es nicht tust. Dass es nur ein Mal war und dass ihr einfach nur Freunde seid. Du hast uns also angelogen?«
    »Zach ist tot …«
    »Micah«, sagt Dad. »Lass das. Du musst uns sagen, was passiert ist. Hast du dich an dem Wochenende verwandelt, weil du …« Er hält inne, der Gedanke, ich könnte Sex gehabt haben, beunruhigt ihn.
    »Ich hab’s euch doch gesagt. Ich hab euch gesagt, was passiert ist. Ich hab’s vergessen«, sage ich. »Ich habe meine Pille vergessen. Und hab’s nicht gemerkt. Als ich angefangen habe, mich zu verwandeln, war es zu spät, um nach Hause zu laufen.«
    »Also hast du dich im Inwood Park versteckt?«
    Ich nicke.

    »Und du bist nicht in die Nähe vom Central Park gegangen? «, fragt Dad. Er glaubt mir nicht.
    Ich schüttele den Kopf. Ich sage die Wahrheit. Warum glauben sie mir nicht, wenn es darauf ankommt? Okay, ich weiß schon, warum. Aber können sie nicht mal vernünftig sein? Wie sollte ein Wolf vom Inwood Park zum Central Park kommen, ohne aufzufallen? Das sind fast hundert Blocks. Unmöglich. Ich kann schon von Glück sagen, dass ich es bis Inwood geschafft habe, bevor die Verwandlung beendet war.
    »Du musst aufhören, Micah«, sagt Mom. »Keine Lügen mehr. Wenn du diesen Jungen umgebracht hast, dann wir lieben dich noch immer. Daran wird nichts etwas ändern. Immer, ich denke, ich weiß es.« Sie ist jetzt so durcheinander, dass ihr Englisch fast versagt. »Was du tust. Ich weiß es, aber ich kann es einfach nicht begreifen.«
    »Ich war’s nicht, Mom! Echt nicht. Ich hätte Zach nie töten können. Weder als Mensch noch als Wolf. Ich hab ihn geliebt.«
    »So sehr, dass du mit ihm geschlafen, dich verwandelt und ihn umgebracht hast?«, sagt Dad leise. Mir wäre es fast lieber, wenn er schreien würde.
    »Ich hab’s nicht getan.«
    »Was hast du nicht, Micah?« Dad reibt sich die Augen und wischt die Tränen, die nicht ganz geflossen sind, beiseite. »Hast du ihn nicht umgebracht oder nicht mit ihm geschlafen?«
    »Ihn nicht umgebracht.«
    Ich blicke auf meine Hände hinunter. Sie zeigen keinerlei Anzeichen des Wolfes. Sie sind fast haarlos. Die Fingernägel sind kurz und kantig. Mein Magen knurrt so
laut, dass man es bestimmt noch in der Nachbarwohnung hören kann.
    »Du hast also mit ihm geschlafen«, sagt Dad. Das ist keine Frage.
    »Ja«, sage ich leise und richte meine Worte an meine Handrücken.
    »Du hast uns angelogen«, sagt Dad. »Was dein Verhältnis zu diesem Zachary anbetrifft. Du wusstest, wie gefährlich es ist. Du hast uns versprochen, dass du vorsichtig bist. Vernünftig. Du warst weder das eine noch das andere und jetzt ist er tot. Du hast ihn getötet.«
    »Hab ich nicht. Das war dieser Junge!«
    »Dieser Junge? Oh Micah«, sagt Dad. »Hör auf damit, wir hatten genug von dieser Scheiße.« Mein Vater flucht sonst nie. »Jetzt geschieht Folgendes …« Er hält inne, zu verzweifelt, um mir eine Standpauke zu halten. Es kommt schlimmer. »Du fährst raus auf die Farm. Hier kannst du nicht bleiben. Du wirst nicht noch jemanden umbringen.«
    »Dad! Ich hab ihn nicht umgebracht. Wirklich nicht. Das war der Junge. Er ist auch ein Wolf. Er war’s. Nicht ich. Das musst du mir glauben.«
    Dad schüttelt den Kopf. Er schaut mir noch nicht einmal in die Augen.
    »Ihr könnt mich nicht einfach da raus auf die Farm schicken. Ich muss die Schule fertig machen. Ich hab mir den Arsch aufgerissen, um es so weit

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