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Luegst du noch oder liebst du schon Roman

Titel: Luegst du noch oder liebst du schon Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Fischer
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Sohn gut geht. Ralf hat angeblich schon mit ihm über seinen Umzug gesprochen, aber wie ich Sammy kenne, hat er gar nicht verstanden, was das alles für ihn bedeutet. Wie soll er denn auch?
    »Häschen, alles in Ordnung mit dir?«, frage ich und setze mich auf den Bettrand. »Hat es dir auf Sylt gefallen?«
    Sammy sprudelt drauflos und erzählt, ohne Luft zu holen. Insbesondere die Bootsfahrt zu einer Robbenbank scheint es ihm angetan zu haben.

    »Und hat Papa dir auch gesagt, dass er und Britta bald zusammen nach Amerika ziehen?«
    Sammy nickt, und ich stehe auf, um in seinem Bücherregal nach meinem uralten Diercke Weltatlas zu suchen. Dann setze ich mich zu ihm auf den Boden und schlage die Seite mit der Weltkarte auf.
    Ich fühle mich ein bisschen wie Tom Hanks in Schlaflos in Seattle , als er seinem Jungen zeigt, wie weit Boston von Seattle entfernt ist und dass Meg Ryan deshalb aus seiner Sicht nicht als Mutter taugt. Doch diese Distanz ist natürlich ein Witz gegen die Achse Hamburg-New York.
    »Aber ich will das Empire State Building sehen«, krakeelt Sammy.
    »Ja, Schätzchen, das kannst du ja auch, wenn wir da sind«, beschwichtige ich ihn. »Es wird vermutlich nur eine Weile dauern. Papa und Britta müssen sich erst einmal eingewöhnen, in ihren neuen Jobs Fuß fassen und Freunde finden.« Sammys Interesse am Thema Amerika scheint jedoch bereits erloschen zu sein. Für ihn zählt nur, dass er irgendwann auf dem Dach des Empire State Buildings stehen und in den Himmel winken kann, was wir ihm beide nun versprochen haben.
    Nachdem ich das Zähneputzen überwacht und eine Gutenachtgeschichte vorgelesen habe, fällt Sammy innerhalb von Sekunden in tiefen Schlaf. Beneidenswert! Wie ich mich kenne, werde ich heute Nacht kein Auge zutun und darüber grübeln, wie es in Zukunft weitergehen soll. Doch vorher rufe ich Mia an.
    »Oh, là, là«, lautet ihr spontaner Kommentar. »Dann brechen ja jetzt für euch alle völlig neue Zeiten an.«

    In der Tat!
    »Und das bedeutet im Klartext, dass du Sammy in Zukunft nicht mehr jedes zweite Wochenende zu Ralf bringen kannst.«
    Richtig!
    »Was wiederum heißt, dass du Geld für einen Babysitter aufbringen musst, wenn ich keine Zeit habe und du mal ausgehen möchtest. Zum Beispiel mit Oliver.«
    Genau! Zumindest, solange ich ihm nicht die Wahrheit über meine familiäre Situation gestanden habe.
    »Wann seht ihr euch denn das nächste Mal?«
    Ich erzähle Mia, dass ich es mit Oliver langsam angehen lassen will, um ihm nicht gleich zu sehr auf die Pelle zu rücken. Wenn es nach mir ginge, würde ich ihn am liebsten sofort anrufen und ihm den ganzen Mist erzählen. Aber dann wäre ich natürlich nicht mehr die souveräne, lockere, unabhängige Frau, für die ich mich dummerweise ausgegeben habe. Und die Oliver so toll findet, gerade weil sie so unabhängig und souverän ist.
    »Hey, nun mach dir keinen Kopf«, versucht Mia, mich zu trösten. »Dir bleiben noch vier Wochen, bis Ralf weg ist, und du solltest dafür sorgen, dass er und Sammy bis dahin so viel Zeit wie möglich zusammen verbringen. In diesen vier Wochen findest du vielleicht schon einen Zweitjob und hast ein bisschen Luft, um Oliver besser kennenzulernen. Wenn er wirklich der Richtige ist, wird er dir diese kleine Flunkerei verzeihen, zumal er selbst Vater ist.«
    »Aber gerade weil er Vater ist, findet er es ja gut, dass
ich so ungebunden bin«, gebe ich zu bedenken. Mann, da habe ich mich wirklich in was reingeritten.
    »Dann wird er seine Meinung eben ändern, wenn er dir erst so richtig mit Haut und Haaren verfallen ist«, bemüht sich Mia, mich aufzumuntern. Meine Freundin ist wirklich eine unerschütterliche Optimistin.
    »Apropos Haut und Haare«, sagt sie jetzt kichernd. »Hast du mal darüber nachgedacht, wo ihr euch näherkommen könnt? Bei dir zu Hause geht ja schlecht, und die Nähe zum Kinderzimmer eines sechsjährigen Mädchens fördert bestimmt auch nicht gerade die Libido.«
    Äh, ja, in der Tat. Darüber habe ich bisher nicht nachgedacht. Wie auch, wenn ständig irgendetwas meine volle Aufmerksamkeit erfordert.
    Nachdem wir noch ein bisschen geplaudert haben, koche ich mir einen Tee und setze mich auf die Couch. Ralf und Britta rücken mit einem Mal in den Hintergrund, und ich lasse meiner Sehnsucht nach Oliver freien Lauf. Ich rekapituliere jede Minute unseres Abendessens beim Italiener und wiederhole jeden einzelnen Satz, den wir gewechselt haben. Ich spüre noch immer seinen wunderbaren Kuss

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