Luftschlösser
sie ein, nur, um sich in der wärmenden Sonne eines Tages am Strand wieder zu finden. Charles war bei ihr und roch nach Salzwasser. Sein Haar war so nass, dass ein kleines Rinnsal aus seinem Haaransatz seinen Rücken hinablief. Sie schlang ihre Arme um ihn und küsste ihn immer wieder auf den Nacken, um seine warme Haut an ihren Lippen zu spüren. Die Mischung aus Charles und Meerwasser schmeckte gut und war so unglaublich vertraut. Sie konnte seine Stimme klar und deutlich hören, die Worte aber nicht verstehen. Sein Bariton vermischte sich mit dem Rauschen des Meeres und den Schreien der Möwen.
***
Persephone erwachte mit einem Schmerz in der Brust, der sich anfühlte, als hätte man ihr Bleigewichte auf den Oberkörper gelegt. Sie atmete ruhig aus und ein, peinlich darauf bedacht, sich zu entspannen und dadurch den Schmerz zu vertreiben. Nach ein paar Minuten fühlte sie sich gut genug, um aufzustehen. Was jedoch nicht verschwand, war das unbestimmte Gefühl, man hätte ihr etwas Wertvolles weggenommen.
„Hör’ auf, dich selbst zu bemitleiden, du Weichei!”, herrschte sie ihr Spiegelbild an, während sie ihr Haar zu einem strengen Pferdeschwanz band. Ihre Arbeit würde sich nicht leichter erledigen lassen, wenn sie ständig jammerte.
„Morgen, Trish. Machst du mir bitte eine Verbindung mit Darren? Ich brauche dringend eine Treppe in diesem verdammten Apartment.”
„Morgen, Boss. Geht klar.” Trish folgte der Anweisung ohne weitere Fragen. Wenn Perry schon am Morgen fluchte, war die Lage brenzlig.
Persephones Telefon läutete kurz, sie hob ab und atmete ein Mal tief durch. „Hallo, Darren. Ich brauche Ihre Hilfe. In dem Penthouse, das ich gerade einrichte, fehlt eine anständige Treppe ins obere Stockwerk. Können Sie in einer Stunde dort sein und sich das mal ansehen?
„Guten Morgen, Miss deWinter. Wenn ich mich beeile, könnte ich’s schaffen. Kann aber sein, dass Sie ein paar Minuten auf mich warten müssen.” Darren Bower klang gestresst.
„Kein Problem, lassen Sie sich Zeit. Ich warte, bis Sie da sind”, erwiderte Persephone gleichmütig und nannte ihm die Adresse.
Sie packte die Karten und Musterbücher für die Wände in ihre Handtasche, winkte Trish kurz zu und verschwand mit einem knappen „Bin weg” aus ihrem Büro.
Ein Taxi brachte sie gewohnt langsam durch den morgendlichen Verkehr. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis auch Darren Bower eintraf. Die Planung der Treppe gestaltete sich wesentlich leichter als die Suche nach dem Parkett am Tag zuvor. Bower schlug eine elegante Wendeltreppe vor, Persephone lehnte mit den Worten „Sind Sie verrückt? Wie soll man dann die Möbel und dieses riesige Bett nach oben bugsieren?” ab und schlug stattdessen eine breite Treppe aus hellem Holz vor. Bower fügte sich gnädig, weil er wusste, dass die deWinters sehr genau wussten, was sie wollten, nahm Maß und versprach, spätestens in zwei Wochen seine eigenen Leute hinschicken zu können. Das war noch etwas, das ihn die Arbeit mit Edward und seiner Tochter gelehrt hatte - sie waren beide allergisch gegen Verzögerungen. Während er danach zu seinem nächsten Termin davoneilte, ließ Persephone das geschäftige Treiben auf sich wirken, das sie und Darren bislang ignoriert hatten. Harrys Männer waren dabei, die restlichen Wände routiniert und konzentriert aufzustellen. Vor einem fertigen Exemplar ließ sie ihre Tasche zu Boden fallen und sank auf die Knie. Vor sich breitete sie das Blatt mit dem Parkettmuster aus, die Farbkärtchen hielt sie gegen die Trockenbauwand. Die meisten Weißtöne passten nicht zum leichten Grau des Holzes, Abbildung hin oder her. Sie musste sich erst zu den speziellen Farbtönen vorarbeiten, die sie sonst nie beachtete. Es gab da einen matten Ton, der aussah, als hätte man die Fläche altmodisch gekalkt. Der würde passen. Der musste passen, weil sonst nichts anderes funktionierte. Wieder ein Punkt, den sie auf ihrer Liste abhaken konnte. Zurück zu den Keramikteilen für die Badezimmer.
3
Den Rest der Woche verbrachte Persephone damit, Kataloge für Badezimmerausstattungen zu wälzen. Bis auf die Badewannen würde die Auswahl leicht fallen. Die Marschroute stand auch fest, sie änderte sich bei ihr nie - Farbe-Treppe-Boden-Möbel-Kleinkram, so einfach war das. Sie hatte alle Arbeitsschritte straff organisiert und duldete keine Trödelei. Bisher hielten sich alle ihre Geschäftspartner an ihre Absprachen und bereiteten ihr keinerlei
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