Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lukas und die gestohlene Weihnacht

Lukas und die gestohlene Weihnacht

Titel: Lukas und die gestohlene Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Seitz
Vom Netzwerk:
zurückgesteckt. Was es heutzutage alles gibt! Fühlt Euch hier zu Hause. Haltet Euch an die Unterrichtszeiten. Die Kinder werden Euch alles erklären.“

    Rebekka und Lukas waren erstaunt, wie freundlich Johann Hinrich Wichern war. Er war jünger als ihr eigener Vater und doch leitete er ein so großes Haus mit so vielen Kindern. Der Chef von Papa war viel älter und auch ihr Schulrektor war nicht so jung.

    Während des Unterrichts musste Lukas immer wieder bei Rebekka abgucken. Was die Kinder hier in Mathematik lernten, war viel schwieriger als das, was Lukas in der Schule bisher gehabt hatte.

    „Ich dachte immer, früher waren die Menschen noch nicht so klug wie wir!“, flüsterte er Rebekka zu. „Und jetzt blick ich keinen Meter mehr!“
    „Das ist eben Mathe, Lukas. Das war schon immer der gleiche Stoff. Nur, dass die Kinder früher mehr in kurzer Zeit lernen mussten als wir heute.“
    „Nicht nur das, die schreiben auch alle so schön. Ich trau mich kaum, mein Papier offen liegen zu lassen, mit meiner Sauklaue.“

    So vergingen sechs Tage, in denen Rebekka und Lukas im Rauhen Haus lebten und mit den Kindern lernten. Die Kinder waren schon in toller Weihnachtsstimmung und nach dem Unterricht fragten sie immer wieder Johann Wichern:
    „Wie lange dauert es noch bis zum Weihnachtsfest, Johann?“
    Und jedes Mal sagte Johann Wichern geduldig, wie viele Tage es noch dauerte, bis es Heilig Abend sein sollte.

    „Welchen Verdacht hast du, Rebekka. Wir sind nun schon fünf Tage hier. So langsam muss doch mal etwas passieren.“, sagte Lukas abends beim Essen.
    „Es sind sogar schon sechs Tage, Lukas. Wenn ich richtig liege, werden wir spätestens in den nächsten drei Tagen sehen, welchen Weihnachtsbrauch wir beschützen müssen.“

    Dann, am selben Abend, wurde Rebekkas Verdacht bestätigt. Sie beobachteten Johann Hinrich Wichern dabei, wie er mehrere Tannenzweige zu einem Kreis zusammen flocht und mit Draht zusammen schnürte. Rings brachte er Tannenzweige am geflochtenen Kreis an. Drum herum schmückte er den Kreis aus Zweigen mit einem weißen Band. Auf den Zweigkranz steckte er 20 kleine und vier dicke Kerzen.

    „Kommt alle her, Kinder!“, rief er. „Seht her, dies hier soll Euch helfen, die Tage bis zum Heiligen Abend, wenn das Christkind kommt, zu zählen. Der Kranz hat 24 Kerzen, genau so viele Tage wie es vom 1. Advent bis Weihnachten sind. Am
    1. Advent zünden wir eine der dicken Kerzen an. Von da an zünden wir jeden Tag eine weitere Kerze an. Jeden Adventssonntag eine dicke Kerze und an den normalen Tagen eine kleine. Wenn alle 24 Kerzen brennen, dann ist Weihnachten.“

    Die Kinder waren hoch erfreut und schauten mit großen Augen auf den Adventskranz – den ersten Adventskranz der Welt!

    „Rebekka, das ist es!“, rief Lukas.
    „Meine Vermutung war richtig. Wichern hat den Adventskranz erfunden“, sagte Rebekka.

    Plötzlich sprang die Tür auf. Jeder im Raum blickte zum Eingang. Im Türrahmen stand eine dunkle, große Gestalt.

    „Guten Abend! Wer ist Johann Wichern?“, fragte die Gestalt, in der rechten Hand eine brennende Fackel haltend. Lukas und Rebekka wussten sofort, wem die Stimme gehörte. Im Halbdunkel erkannten sie jedoch nur die Umrisse des Mannes.
    „Ich bin Johann Hinrich Wichern. Und wer, wenn ich fragen darf, ist der nächtliche Eindringling, der in ein gesegnetes Haus kommt und alle erschreckt?“

    Dann fuhr ein Zischen durch den Raum. Die Fackel flog quer durch den Saal und drehte sich dabei um sich selbst. Feuer! Es brannte! Die kleineren Kinder begannen zu schreien, Wichern selbst reagierte blitzschnell und nahm die ersten unter die Arme und rannte ohne auf den Eindringling zu achten mit den Kindern nach draußen.

    Dann schritt die dunkle Gestalt völlig unbehelligt vor und zum ersten Mal sahen Rebekka und Lukas das Gesicht des Diebes, des dunklen Mannes, der ihnen in 24 Stunden nun schon zum dritten Male begegnet war. Er hatte ein kantiges, narbiges Gesicht. Eine große Narbe verlief quer vom rechten Auge über das Gesicht zum linken Ohrläppchen. Seine Augen waren kalt und sein Blick grausam. Er beachtete Rebekka und Lukas nicht weiter, sah sie nur kurz an. Dann nahm er den Adventskranz und ging hinaus in die Dunkelheit, aus der er vor wenigen Augenblicken gekommen war.

    Wichern und die anderen Betreuer und Lehrerinnen schafften die Kinder nach draußen. Auch Rebekka und Lukas flohen hinaus in die Kälte. Der dunkle Mann stand 20 Schritte weit entfernt.

Weitere Kostenlose Bücher