Lukes Verwandlung (German Edition)
Boss fordert so etwas nicht heraus. Und er prügelt sich ganz sicher nicht grundlos mit irgendwelchen Chaoten.“
3
Bensons Beschreibung schien nicht ganz der Wahrheit zu entsprechen. Wenigstens bekam Melissa diesen Eindruck, als Pferd und Wagen samt menschlicher Fracht und Lebensmitteln, auf das weitläufige Ranchgelände zusteuerten. Mitten im eingezäunten Pferdechoral stieg gerade eine handfeste Prügelei. Ein Schauspiel, das jeden einzelnen Cowboy der L-Ranch auf den Plan gerufen hatte.
Keiner wollte sich entgehen lassen, wie Luke Donavan Micky eine Abreibung verpasste. Und das möglichst von einem gut einsehbaren Platz. Weshalb die meisten Männer auch auf dem Zaun des Pferdeauslaufes saßen, oder auf dem untersten Brett standen und sich weit nach vorne lehnten. Den Kampf beobachten zu können war nicht so ganz einfach, da sich die beiden Beteiligten zwischen den Pferden befanden, die nervös hin und her tänzelten. Nicht gerade der günstigste Platz, um einen Streit auszutragen, der nicht zu vermeiden war.
Die Anfeuerungsrufe galten ausschließlich dem Boss, da keiner der Männer von sich behaupten konnte, dass Micky diese Abreibung nicht verdient hätte. Dieser junge Idiot machte jedem Schwierigkeiten, seit er auf die Ranch gekommen war. Er hielt sich einfach an keine Anweisung. Und das, womit er sich bei dem Boss unbeliebt gemacht hatte, würde den wohl einiges kosten. Und zwar an Zeit und Geld. Denn Micky hatte die Anweisung, die Pferde auf die Weide zu bringen mit Absicht falsch ausgelegt. Anstatt die Stuten und Hengst getrennt zu halten, hatte er sie zusammengesperrt. Weswegen der Boss seinen Zuchtplan für die Tiere in diesem Jahr in den Wind schreiben konnte. Welche Stute bereits von welchem Hengst gedeckt worden war, konnte jetzt niemand mehr nachvollziehen.
Hätte Micky seinen Fehler eingestanden und Reue gezeigt, wäre er vielleicht noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Aber dieser Angeber hielt das alles für den größten Spaß und sah nicht ein, dass er Mist gebaut hatte. Was dazu führte, dass der Boss ihm auf die harte Tour ein wenig Verstand eintrichtern musste.
Doch von den Gründen dieser Prügelei, die noch dazu ziemlich einseitig ausfiel, ahnten die Ankömmlinge nichts. Und so war der erste Eindruck, den Melissa von Ranch und Ranchbesitzer erhielt, nicht gerade der Günstigste. Und auch die johlende Begeisterung, die die Cowboys erfasste, als sie erkannten, dass eine junge Frau mit Benson eintraf, wirkte nicht sehr vertrauenerweckend.
Von mehr als zehn Cowboys aller Altersstufen johlend begrüßt und angestarrt zu werden, machte Melissa mehr als nur nervös. Und sie verstand nicht, was an der Tatsache, dass sie neben Benson auf dem Wagen saß, so faszinierend sein sollte. Schließlich wusste sie, was die Männer zu sehen bekamen. Ein burschikoses Mädchen mit kaum einer nennenswerten Figur, die ihr Geschlecht betonte, langem roten Haar und viel zu vielen Sommersprossen im Gesicht. Ihr fehlte der milchig weiße Teint der Stadtfrauen, der Männer normalerweise ansprach. Und die üppigen Kurven, die bei den Salonmädchen so gefragt waren, konnte sie auch nicht aufweisen. An ihr war einfach nichts Besonderes, das gleich eine ganze Horde Männer zu Begeisterungsstürmen hinrissen sollte.
Wahrscheinlich waren die Männer eher darüber erstaunt, was für ein unscheinbares Wesen der Vorarbeiter ihnen hier anschleppte. Ein Gedanke, der nicht länger überlebte als es dauerte, bis sich die Ersten ein wenig von dem Anblick erholt hatten und sie frech angrinsten.
„Jungs“, teilte der Mutigste seinen Freunden auch gleich ziemlich bestimmt mit, „ich habe mich verliebt. Das Mädchen meiner schlaflosen Nächte ist vom Himmel gestiegen und hat sich direkt vor meinen Augen materialisiert. Wer auch immer von euch mein Trauzeuge sein will, kann sich dafür in Johannsons Laden eine ganze Woche auf meine Kosten volllaufen lassen.“
Ein verlockendes Angebot, das nur keiner annehmen wollte. Denn gut die Hälfte der Männer versuchte mit noch absurderen Bemerkungen auf sich aufmerksam zu machen. Melissa wusste nicht, wie sie dieses merkwürdige Verhalten einordnen sollte, und blickte hilfesuchend zu Benson. Der schien die ganze Aufregung zu genießen. Denn wenn seine Wahl bei den Boys schon auf so großen Anklang stieß, dann konnte auch der Boss kaum sein Missfallen bekunden. Die Bedenken, die Benson angesichts seines Auftrages gehabt hatte, verflüchtigten sich.
Eigentlich
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