Lukes Verwandlung (German Edition)
Kleine hatte Manieren, auch bei Leuten, die eigentlich eine Stufe unter ihr standen. Denn Benson war nicht der Typ, der sich in so einer Anrede sonnte, ohne darauf hinzuweisen, dass sie ihm nicht zustand.
Was auch immer das Mädchen nach der langen Fahrt von Benson erwartete, sein Vorarbeiter schien es zu wissen, ohne dass sie genauere Angaben machen musste. Allerdings lag ein deutliches Zögern in seinem Verhalten.
„Ich weiß nicht, ob ich das kann, Miss. So etwas Winziges habe ich noch nie angefasst.“
Ein kleines Lachen war zu hören, dass nicht nur in Luke eine unbekannte Seite ansprach.
„Machen Sie es so, wie Sie es bei mir gesehen haben. Es ist gar nicht so schwierig.“
Die Anweisung wurde so vorsichtig ausgeführt, als ob Benson mit etwas Zerbrechlichem zurechtkommen sollte. Ein Eindruck der zur Feststellung wurde, als nicht nur Luke, sondern auch alle seine Cowboys einen Blick auf das erhielten, was Benson der jungen Frau überreichte.
Einer durchgehenden Rinderherde gegenüberzustehen war sicher auch nicht schockierender als das, was die Männer da zu sehen bekamen. Wie konnte ein halbes Kind, so selbstverständlich ein Baby an sich drücken, das nicht größer war als ein Kätzchen? Während Lukes Eisesmiene seine Überraschung verbarg, zeigten seine Männer deutlich, dass sie mit dieser Wendung der Ereignisse nicht gerechnet hatten.
„Mein lieber Junge, Boss, Sie sind ganz schön fix“, zog einer gleich einmal seine Schlüsse. „Jetzt weiß ich, warum das mit mir und den Frauen nie so richtig geklappt hat. Um eine zu behalten, hätte ich gleich dafür sorgen müssen, dass sie ein Baby kriegt. Dann käme sie auf jeden Fall zu mir zurück.“
Die Bemerkung eines älteren Cowboys brachte das auf den Punkt, was sich jeder dachte. Der Boss hatte sich sein Mädchen gesichert, indem er sie erst einmal geschwängert hatte. Da musste er sich nicht mehr so ins Zeug legen, dass sie ihn heiratete. Nicht dass der Boss auf diesen Trick angewiesen wäre, schließlich hatte er genügend Mittel, die Goldgräberinnen anlockten. Aber wenn man eine bestimmte Frau haben wollte, dann musste man die gleichen Kniffe anwenden, wie jeder gewöhnliche arme Schlucker.
Mit dieser Wendung der Ereignisse hatte Melissa nicht gerechnet, und darum flog ihr erschrockener Blick auch sofort zu dem unschuldig Verdächtigten. Sie musste diesen Irrtum sofort aufklären, bevor sie diesen streng blickenden Mann so sehr gegen sich aufbrachte, dass er sie mitten in der Prärie aussetzte.
„Gentleman“, wandte sie sich an die Cowboys, die sich beinahe so fasziniert von den kleinen Bündel in ihren Armen zeigten, wie eine ältere Matrone auf der Straße. „Das ist ein…“
Ihr Erklärungsversuch wurde unterbrochen, bevor sie noch wusste, was genau sie sagen sollte.
„Das ist eine besondere Situation, Jungs“, unterbrach Luke Donavan sie. „Wie wäre es, wenn ihr nicht weiter bei der Familienzusammenführung stören würdet, sondern an eure Arbeit geht?“
Der warnende Unterton in dieser Aufforderung ließ die Cowboys sofort erkennen, dass hier ihr Abgang erwünscht war. Und für Melissa hörten sich die Worte so an, als ob ihr letztes Stündlein geschlagen hätte. Aber es war nicht sie, die irgendjemanden hinters Licht führen wollte, oder falsche Angaben gemacht hatte. Benson hatte den Auftrag seines Arbeitgebers zu ihren Gunsten ganz offensichtlich falsch ausgelegt.
„Miss“, forderte der Rancher sie auf, während er den langsam davontrottenden Cowboys hinterher sah. Ganz offensichtlich wollten die Jungs noch das eine oder andere, was zwischen diesem Paar gesprochen wurde aufschnappen. Doch Luke tat ihnen den Gefallen nicht und zeigte auch äußerlich nicht, was diese Situation für ihn bedeutete. Ihr Boss verfügte über ein Pokerface, mit dem er zum größten Spieler aller Zeiten aufsteigen könnte, wenn er es nur einmal versuchen würde.
Melissa wollte sich dieser Begegnung noch nicht wirklich stellen, und sah lieber in die dunklen Babyaugen, die sie groß anblickten. Sie seufzte. Befürchten zu müssen, dass sie dieses kleine Wesen weiter durch das Land tragen musste, um für sie beide ein sicheres Zuhause zu finden, raubte ihr die wenige Energie, mit der sie sich bisher aufrecht gehalten hatte. Aber die Angst davor, was sie gesehen hatte, zwang sie weiter und gab ihr Kraft, durchzuhalten.
Nur würde sie diese wenige Kraft nicht damit verschwenden, sich gegen einen kaltherzigen Rancher zu Wehr zu setzen. Wenn
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