Lukianenko Sergej
Hintern zum Schloss?«
»Zieh sie aus, du kannst meine haben!«
Als die beiden die Hosen tauschten, wäre das Boot
beinahe am Schloss vorbeigefahren. Notgedrungen musste
Trix selbst zum Ruder greifen. Zu zweit schafften sie es
dann aber zu dem langen, hölzernen Steg.
An Land war es fürchterlich heiß, denn der Fluss sorgte
nicht für Abkühlung, sondern brachte nur schwüle Luft.
Unter einem Reetdach saßen ein paar Wachposten und
beobachteten gelangweilt die Jungen. Niemand rührte
sich, weder um sie zu begrüßen noch um sie fortzujagen.
Trix und Ian kletterten auf die dunkel-nassen Holzplanken. Ian machte sich daran, das Boot zu vertäuen.
»He!«, rief einer der Männer, ein junger Kerl, der sich
nun erhob und angetrottet kam. »Was fällt euch ein! Das
kostet zwei Kupferlinge!«
Ian hielt in der Bewegung inne und linste zu Trix hinüber.
»Wofür das?«, empörte sich Trix. »Laut Befehl Seiner
Majestät des Königs Marcel ist das Land zwei Schritt
hinterm Ufer königliches Eigentum! Und jeder ehrliche
Bewohner darf anlegen, wo er will!«
»Bist ja ein echter Professor!«, lachte der Mann. »Seht
euch doch mal das gelehrte Pack von heute an, Leute!«
»Der Knüppel ist für die noch zu wenig!«, brummte
ein anderer.
»Anlegen«, sagte der erste Mann nun in ernstem Ton,
»ist erlaubt. Da hast du recht, Junge. Aber der Steg ist
das persönliche Eigentum von Baron Galan. Wenn du
dein Boot daran festbindest, kostet das zwei Kupferlinge
pro Tag.«
»Aber ihr könnt das Boot natürlich umsonst auf dem
Wasser treiben lassen!«, fügte sein Kamerad hämisch
hinzu.
Trix kramte in der Tasche und holte einen Silberling
heraus.
Die Männer sagten kein Wort.
»Das Wechselgeld«, verlangte Trix.
»Das …«, stammelte der Mann. »Hast du es nicht anders?«
Trix holte ein Goldstück heraus.
Drei weitere Wachposten kamen zum Boot herunter.
In ihren Augen funkelte Gier, aber auch Angst. Was
waren das für Jungen, die ein Goldstück in der Tasche
trugen? Ob man denen besser keine Schwierigkeiten
machte?
»Vertäu das Boot! Aber ordentlich!«, verlangte Trix,
während er dem Mann die Münze vor die Füße schnippte.
»Und du«, er wandte sich dem nächstbesten Posten zu,
»du bringst uns jetzt zum edlen Thor Galan.«
Jetzt musterten die Männer die beiden Jungen mit
furchtsamem Blick. Ihnen war endlich aufgefallen, dass
Trix wie ein Adliger sprach und seine Kleidung wenn
auch schmutzig, so doch aus kostbarem Stoff war.
»Wir bitten um Vergebung«, sagte der Mann, als er
die Münze aufhob und Trix zurückgab. »Die Gäste des
Barons müssen selbstverständlich nicht bezahlen. Wen
soll ich melden?«
»Trix Solier, Erbe des Co-Herzogs Solier«, antwortete
Trix. »Mit seinem treuen Knappen Ian, Chevalier des
Ruders.«
Der Soldat machte große Augen. Anscheinend waren
die Gerüchte bereits bis hierher vorgedrungen.
»Wir bitten um Vergebung, Eure Co-Erlaucht«, sagte
er.
»Ihr werdet unverzüglich gemeldet. He, Hamster,
mach dem Herrn Baron Meldung! Rasch!«
Ein rundlicher Mann erhob sich und trabte, mit den
bronzenen Brustplatten seines Sommerpanzers klappernd, zum Schloss. Die anderen nahmen Haltung an.
»Wollt Ihr vielleicht …«, setzte der Anführer an, »eine
Erfrischung? Ein Bier?«
Na, schoss es Trix durch den Kopf, der wird bestimmt
nicht lange bei der Wache bleiben. Der wird gar nicht so
schnell gucken können, wie er Karriere als Lakai macht.
Nach einem kurzen Blick auf den ungebrannten Tonkrug,
der im Schatten unter dem Reetdach lockte, antwortete
Trix würdevoll: »Solange die Trauer über meine edlen
Eltern noch frisch ist, vermag ich mich nicht den Freuden
des Lebens zu überlassen.«
An den Gesichtern der Soldaten konnte er ablesen,
dass seine Worte den nötigen Eindruck machten. Ließ
sich das noch steigern? Vielleicht, indem er von seiner
heroischen Flucht aus der Gefangenschaft erzählte? Aber
Flucht ist kein sonderlich heldenhaftes Verhalten, außerdem war er nicht geflohen. Überhaupt wäre es einfachen
Soldaten gegenüber zu viel der Ehre gewesen.
Zum Glück war Galans Schloss wirklich nicht sehr
groß. Der rundliche Soldat kehrte bereits zurück, wobei
er wild mit den Armen fuchtelte. Etwa zehn Schritt von
ihnen entfernt wurde er langsamer, atmete durch und
verkündete feierlich: »Auf Befehl Seiner Durchlaucht,
dem hochwohlgeborenen Baron Galan …«
Ian hielt sich, wie es sich für einen anständigen Knappen gehört, hinter Trix – der aber dennoch spürte, dass
sein
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